Zusammenarbeit mit Fachärztinnen und -ärzten für Allgemeinmedizin stärken

Die Zahl der Patient*innen mit Entzündungserkrankungen nimmt stetig zu und die Zahl der spezialisierten Fachärztinnen und -ärzte ab.

ZPMi – Zentrum für Personalisierte Medizin, Bereich Immunvermittelte Erkrankungen
Seit ungefähr zwei Jahren ist das Zentrum für Personalisierte Medizin am Universitätsklinikum Ulm (ZPMU) um den Bereich der immunvermittelten Erkrankungen erweitert worden, das sogenannte ZPMi.

Im Rahmen der Gesundheitsinitiative des Landes Baden-Württemberg sind im November 2019 vier Zentren für Personalisierte Medizin (ZPM) an den Universitätsklinika Tübingen, Heidelberg, Freiburg und Ulm ausgewiesen worden. Einerseits um den personalisierten Versorgungsansatz „für jede Patientin und jeden Patienten die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt“ zu fördern und andererseits, um die Versorgungsgerechtigkeit durch ein Outreachkonzept zu gewährleisten. Diese Zentren befassten sich primär mit seltenen und fortgeschrittenen onkologischen Erkrankungen.

Aufgrund der Tatsache, dass im Bereich der Immunvermittelten Erkrankungen eine Versorgungslücke besteht, sind die ZPM um diesen Krankheitsbereich erweitert worden.

Das größte Problem ist die Facharztsuche          

Die Zahl der Patient*innen mit Entzündungserkrankungen, wie z.B. Rheuma, Schuppenflechte oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, nimmt stetig zu und es wird für Patient*innen immer schwieriger, spezialisierte Fachärzt*innen zu finden, die die Diagnostik veranlasst, die Therapie einleitet und überwachen. Die Facharztsuche wird zudem noch durch die Erkenntnis erschwert, dass immunvermittelte Erkrankungen genetisch miteinander verwandt sind und sich dadurch oft überlappen, d.h. ein/e Patient*in, der/die an Morbus Crohn erkrankt ist, kann auch gleichzeitig an einer Hauterkrankung, wie Schuppenflechte (Psoriasis) oder an einer rheumatischen Krankheit leiden. In diesen Fällen sind dann mehrere Facharztdisziplinen erforderlich.

Ein weiterer Aspekt ist das Alter der Patient*innen

Grundsätzlich können alle Altersgruppen betroffen sein, aber viele Patient*innen erhalten ihre Erstdiagnose bereits unter 18 Jahren, d.h. im Kindes- und Jugendalter. Dies bedeutet, dass diese Krankheit und die damit verbundenen Beschwerden ihr ganzes Leben beeinflusst und ihre Lebensqualität deutlich einschränkt.

Die Aufgabe des ZPMi ist nun, die Versorgungslücke durch den Aufbau von Strukturen, ähnlich wie bereits im onkologischen Bereich, zu schließen und diese den Patient*innen verfügbar zu machen.                                

Die ZPMi haben dafür die drei häufigsten Patientengruppen als Piloterkrankungen ausgewählt: Psoriasis (Schuppenflechte), Psoriasisarthritis (Schuppenflechtenrheuma), Axiale Spondyloarthritis (Wirbelsäulenrheuma) und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Das Zentrum in Ulm forscht an diesen Erkrankungen einerseits im Grundlagenbereich, d.h. wer bekommt warum diese Erkrankung, und sucht andererseits nach Markern - klinisch, im Blut und im Gewebe. Ziel ist es, herauszufinden, welches Medikament am schnellsten, am besten ohne Nebenwirkungen, wirkt. Dadurch ergibt sich auch der Einsatz von Off-Label-Medikamenten, d.h. von Medikamenten, die nicht für diese Krankheit zugelassen sind, aber aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse am meisten Wirkung versprechen.

„Es gibt viele neue Medikamente, die aber sehr teuer sind, deshalb sollten diese möglichst zielgerichtet eingesetzt werden“, so Prof. Dr. med. Johannes Weiss, Leitender Oberarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Ulm.

Um die Therapieansätze für Patient*innen verfügbar zu machen, können diese von ihren Fachärzt*innen für Allgemeinmedizin oder hausärztlich tätigen Internist*innen an die Hochschulambulanzen der jeweilig führenden Fachdisziplin überwiesen werden. Je nach Schwere der Erkrankung oder bei Überlappung von Krankheitsbildern können sie dann von den Hochschulambulanzen an die interdisziplinäre Sprechstunde oder das Molekulare Entzündungsboard des ZPMi überwiesen werden. „Interdisziplinär“ bedeutet, dass Ärzt*innen aus der Dermatologie, Gastroenterologie und Rheumatologie anwesend sind, die den Patient*innen gemeinsam sehen und anschließend den Fall diskutieren, um die bestmögliche Therapie zu finden.

Einbindung von Fachärzt*innen der Allgemeinmedizin und hausärztlich tätigen Internist*innen

Um das Versorgungsangebot in die Fläche zu tragen und allen Betroffenen Zugang zu gewähren, wird eine enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzt*innen angestrebt. „Wenn wir zeitnah und zeitgerecht diagnostizieren und die Therapie einleiten wollen, und das wollen wir, brauchen wir zusätzliche Fachärztinnen und -ärzte. Dies sind die Fachärztinnen und -ärzte für Allgemeinmedizin und die hausärztlich tätigen Internistinnen und Internisten, da sie eine hohe Expertise und den längsten Patientenkontakt haben“, sagt PD Dr. med. Jochen Klaus, Sprecher des ZPMi, Oberarzt, Leiter Schwerpunkt CED, Klinik für Innere Medizin I am UKU.

Veranstaltungshinweis

Das ZPMi veranstaltet hierzu am Mittwoch, den 27. November 2024 eine Informationsveranstaltung für Fachärzt*innen und Assistenzärzt*innen aller Fachrichtungen zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch und zum Kennenlernen. Schwerpunkt der Fortbildung ist die praktische Anwendung moderner Immuntherapien bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen.
Die Veranstaltung findet ab 17:30 Uhr im Donausaal der Ulm Messe statt, mit anschließendem Imbiss im Restaurant Treibgut. Die Teilnahme ist kostenlos.
Um vorherige Anmeldung wird gebeten unter: termin.zpmi@uniklinik-ulm.de           

Mehr Information zur Veranstaltung:
https://www.uniklinik-ulm.de/fileadmin/default/Zentren/ZPM/Grafiken/Flyer_Homepage_AErztetag_v1.6.pdf

Ein starkes Team (v.l.): PD Dr. med. MBA Jochen Klaus (Sprecher ZPMi - Immunvermittelte Erkrankungen), Dr. med. Anita Viardot (Fachärztin für Innere Medizin, Leitung der Rheumaambulanz), Prof. Dr. med. Johannes Weiss (Leitender Oberarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie).