Wie können Arbeitgeber*innen die berufliche Teilhabe psychisch erkrankter Menschen aktiv verbessern? Dieser Frage ist das gemeinsame Forschungsprojekt TAPE derKlinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Universität Ulm – einer Kooperationsklinik des Universitätsklinikums Ulm – und der gemeinnützigen Genossenschaft „MutmacherMenschen“ in den vergangenen drei Jahren nachgegangen. Das Ergebnis der Studie ist ein praxisorientiertes Online-Hilfeportal: Unter www.tape-projekt.de finden Arbeitgeber*innen nun Anregungen, Hilfestellungen und Ratschläge.
Psychische Erkrankungen können Betroffene auch im Berufsleben vor große Herausforderungen stellen. Denn in der Praxis zeigt sich noch immer, dass es häufig an der Bereitstellung kompetitiver Arbeitsplätze mangelt, die an die besonderen Bedürfnisse betroffener Personen angepasst sind. Um die Rahmenbedingungen nachhaltig zu verbessern und Betroffenen somit den Weg zurück in den Beruf zu ermöglichen, kommt es deshalb vor allem auf die Arbeitgeber*innen an.
Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen teilten ihre Erfahrungen in Interviews
Doch bislang lagen hierzu nur wenige Erfahrungsberichte der zentralen Akteure vor. Die Verantwortlichen des Projekts TAPE („Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt von Menschen mit psychischen Erkrankungen“) setzten deshalb zu Beginn genau an diesem Punkt an. Im ersten Schritt des zweistufigen Projekts wurden zunächst sowohl förderliche als auch hinderliche Faktoren hinsichtlich der beruflichen Teilhabe identifiziert. Die Verantwortlichen fragten hierfür die Perspektiven beider Seiten ab: Sie sprachen dafür mit 30 Arbeitgeber*innen kleiner, mittlerer und großer Unternehmen und ebenso vielen betroffenen Arbeitnehmer*innen, die im Rahmen von qualitativen Interviews ihre Erfahrungen teilten.
Die Inhalte des TAPE-Portals stammen somit direkt aus der Praxis und sollen Arbeitgeber*innen Lösungsansätze und neue Impulse für eine (bessere) berufliche Teilhabe ihrer Mitarbeitenden bieten. Die Ergebnisse des Projekts zeigen dabei eines ganz deutlich: Individuelle Anpassungsmaßnahmen, betriebliche Unterstützungsangebote und ein offener Umgang mit psychischen Erkrankungen müssen als entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Teilhabe Hand in Hand gehen.
„Ein ganz zentraler Punkt ist aus meiner Sicht das Verständnis und die Bereitschaft der Führungskräfte, dass eine Rückkehr gelingt. Und dass man alles dafür tut, was möglich ist“, lautete etwa die Rückmeldung einer Verantwortlichen eines Großunternehmens aus der Pharmaindustrie. Auch Menschen, die selbst von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, kamen im Rahmen der Studie zu Wort. „Ich bin nicht vollkommen arbeitsunfähig durch meine Erkrankung“, betonte etwa Arbeitnehmer Kamran R. „Ich kann noch was“, so seine Erkenntnis.
TAPE soll nun in der Praxis Anwendung finden
Zwischenzeitlich sind die Studienergebnisse im Rahmen eines Online-Abschlusssymposiums einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt worden – zum Auftakt der Veranstaltung gaben Betroffene dort nochmals Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt. Rund 80 Arbeitgeber*innen, Arbeitnehmer*innen, Angehörige, Betroffenenvertreter*innen und weitere Interessierte nahmen am Symposium teil.
Nach Abschluss des Projekts laden die Verantwortlichen nun Arbeitgeber*innen dazu ein, das Hilfeportal aktiv zu nutzen und weiterzuverbreiten. Es kann dazu auch in Unternehmensnetzwerken oder auf Websites eingebunden werden – denn das Ziel ist, die Inhalte in der Praxis nachhaltig zur Anwendung zu bringen. Wer Interesse an der Weiterentwicklung des Portals sowie an zukünftigen wissenschaftlichen Publikationen aus dem Projekt hat, kann sich zudem in den TAPE-Letter eintragen lassen. Dazu genügt eine formlose Mail an Edith Almer (e.almer@mutmachermenschen.de), geschäftsführende Vorständin bei „MutMacherMenschen“.
Beim TAPE-Projekt federführend war neben „MutMacherMenschen“ die Arbeitsgruppe „Qualitative Sozialforschung“ an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Universität Ulm in Günzburg. Das zwischen 2022 und 2025 durchgeführte Projekt wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 332.642 Euro gefördert.