Die Sektion Neurophysiologie ist ein interdisziplinär ausgerichteter Forschungsbereich der Abteilung Neurologie der Universität Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. A.C.Ludolph). Die Sektion gehört damit zum Klinikum der Universität und unterstützt dieses durch Forschung und Krankenversorgung.

Im Bereich Forschung und Entwicklung bezieht sich unsere Arbeit auf Okulomotorik, vestibuläre Psychophysik, Elektrophysiologie und funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT). In der Krankenversorgung unterstützten wir die Abteilung Neurologie bei speziellen neurologischen Fragestellungen durch quantitative Untersuchungen okulomotorischer ("Video-Okulographie") und vestibulärer Funktionen ("Nystagmographie"). 

Unsere Mitarbeiter sind ihrer Ausbildung nach Ingenieure, Naturwissenschaftler und Neurowissenschaftler. Medizinischen Studenten eröffnen wir die Möglichkeit der Betreuung einer Doktorarbeit.

Unser Arbeitsgebiet umfasst folgende Themengebiete und die Anwendung folgender Methoden:

Da die verschiedenen Funktionen der Okulomotorik an unterschiedlichen Orten im Gehirn lokalisiert sind und sich viele neurologische Erkrankungen durch spezifische Veränderungen der Okulomotorik verraten, liefern quantitative Messungen von Augenbewegungen Beiträge zur neurologischen Diagnostik und Verlaufskontrolle. Im Labor der Sektion Neurophysiologie werden derzeit folgende Themen behandelt:

  • Auge-Kopf Koordination bei Patienten mit Morbus Huntington Die Huntington-Erkrankung („Chorea Huntington“) äußert sich nicht nur in unbeabsichtigten, of überschießenden („choreatischen“) sondern oft auch in Bewegungs-Armut. Auch verlangsamte oder schwer auslösbare sakkadische Augenbewegungen sind ein häufiges Symptom. In unserem Labor wurde untersucht, in wieweit solche Patienten die Defizite ihrer Okulomotorik durch Kopfbewegungen, d. h. ein verändertes Muster der Auge-Kopf-Koordination kompensieren.

  • Okulomotorik als präklinischer Marker bei Huntington-Genträgern Im Rahmen einer Studie mit freiwilligen Huntington-Genträgern (die bisher nicht an M. Huntington erkrankt sind) wird in unserem Okulomotorik-Labor über 4 Jahre einmal pro Jahr eine breite Palette okulomotorischer Parameter gemessen und auf mögliche Veränderungen im Zeitverlauf und im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen untersucht.

  • Okulomotorik bei Patienten mit idiopathischem Parkinson Syndrom Bei idiopathischen Parkinson-Patienten sind eine Reihe von verhältnismäßig subtilen Störungen der Okulomotorik zu beobachten. Dazu gehören Ungenauigkeiten, spontane Blickabweichungen oder Korrekturen, sowie ein reduziertes Maß an willentlicher Kontrolle. Solche Symptome liefern quantitative Hinweise auf geschädigte Basalganglien-Funktionen und werden in unserem Labor über einen größeren Zeitraum erfasst.

  • Differentialdiagnostik idiopathischer vs. atypischer Parkinson Syndrome Klinisch kann es schwierig sein, atypische Parkinson-Syndrome zu diagnostizieren. Okulomotorisch verrät sich die „Progressive Supranucleäre Paralyse“ (PSP) durch Verlangsamung von Sakkaden, besonders in Vertikalrichtung, die durch quantitative Messung frühzeitig im Krankheitsverlauf festgestellt werden kann.

  • Blickmotorik bei zerebraler Mikroangiopathie Bei Patienten mit zerebralen Durchblutungsstörungen werden Nervenfasern (weiße Substanz) geschädigt, was je nach deren Lokalisation innerhalb des Gehirns bestimmte Ausfälle im Informationstransfer zur Folge hat. Okulomotorische Messungen dienen zur Identifizierung und Quantifizierung funktioneller Defizite. Dabei finden vor allem Fälle mit Unterbrechungen der für die Bewegungskontrolle wichtigen Bahnen zwischen Frontalhirn und Basalganglien besondere Beachtung.

Hier wurde die „podokinetische“ Zirkularvektion untersucht, die Illusion, sich im Raum zu drehen, wenn man sich im Dunkeln auf einer rotierenden Plattform so um die eigene Achse dreht, dass man bezüglich des umgebenden Raumes stationär bleibt. Diese Studie hatte das unerwartete Ergebnis gezeigt, dass viele Probanden sich in Richtung der Plattform gedreht fühlen statt in Gegenrichtung, wie bei allen optokinetisch, akustisch oder haptisch ausgelösten Formen von Zirkularvektion.
Zur Erklärung dieser Erscheinung wurde ein hypothetisches Modell formuliert, das die Richtung der podokinetischen Illusion aus Differenzen des Zeitverhalten des (1) Gleichgewichtsorganes und der (2) Bein- und Fußsensorik erklärt. Individuen mit rascher Adaptation der Bein- und Fußsensorik und langsamem Abklingen der Gleichgewichtsmeldungen würden sich demnach in Richtung der Plattform gedreht fühlen, solche mit einer umgedrehten Konstellation in Gegenrichtung.
Entsprechende Publikationen sind angenommen (Jürgens et al., Exp Brain Res in press) oder in Begutachtung.

Mitarbeiter, das Team der Sektion Neurophysiologie

Leiter der Sektion

Profilbild von Prof. Dr. med. Jan Kassubek

Prof. Dr. med. Jan Kassubek

Wissenschaftliche Mitarbeiter

Profilbild von Prof. a.D. Dr.-Ing. Wolfgang Becker

Prof. a.D. Dr.-Ing. Wolfgang Becker

Profilbild von Dr. Olga Vintonyak

Dr. Olga Vintonyak

Technischer Mitarbeiter

Profilbild von EDV / Technischer Mitarbeiter Ralph Kühne

EDV / Technischer Mitarbeiter Ralph Kühne

 
Publikationen