Die vaskuläre Neurochirurgie befasst sich mit akuten und chronischen Erkrankungen der hirnversorgenden Gefäße. Dabei steht die Diagnose, Beratung und Behandlung von Patienten mit Veränderungen der Hirngefäße (sogenannte Aneurysmen oder Arterio-Venose-Malformationen) im Vordergrund. Dies erfolgt in Enger Zusammenarbeit mit den Kollegen der Neuroradiologie.
Definition
Bei einer intrazerebralen Blutung handelt es sich um eine Blutung innerhalb des Hirngewebes. In den meisten Fällen wird der Begleitumstand eines erhöhten Blutdrucks für ursächlich angesehen. Die Blutung ist dann häufig im Bereich der sogenannten „Stammganglien“ (motorische Zentren des Hirns) lokalisiert. Weitere Ursachen für intrazerebrale Blutungen können eine gerinnungshemmende Medikation mit Phenprocoumon (z.B. Marcumar®) oder Acetylsalicylsäure, eine Arterio-Venöse-Malformation oder ein Aneurysma sein.
Intrazerebrale Blutungen führen zu einem Blutgerinnsel, welches einen raumfordernden Effekt auf das Gehirn in einem geschlossenen System ausübt und häufig eine Steigerung des sogennannten intrakraniellen Drucks (Druck im inneren des Schädels) zur Folge hat.
Symptome
Intrazerebrale Blutungen stellen sich teilweise durch plötzlich auftretende Kopfschmerzen, gefolgt von einer Bewusstseinsminderung (Schläfrigkeit) dar. In anderen Fällen kommt es zu zunehmenden Kopfschmerzen, welche im Verlauf mit einer Bewusstseinstrübung einhergeht. Bei Blutung, welche auf dem Boden einer Blutdruckentgleisung entstanden sind, kommt es oftmals zu einer Halbseitenlähmung und ggf. auch Sprachstörung. Blutungen, die im Kleinhirn lokalisiert sind, gehen oft mit einer Schwindelsymptomatik, Sprachstörungen, Koordinationsstörungen und Gangstörungen einher.
Sollte es zu solch einer Symptomatik kommen, ist eine schnellstmögliche Einlieferung in eine Klinik lebensnotwendig. Zur Notfalldiagnostik erfolgt die Durchführung eines Computertomogramms des Kopfes. Handelt es sich um eine sogenannte atypische Blutung (nicht nur im Gehirn oder an untypischer Stelle), die ein Aneurysma oder eine krankhafte Gefäßunregelmäßigkeit als Ursache vermuten lässt, sind weitere diagnostische Verfahren, beispielsweise mit einer Katheter- Gefäßuntersuchung notwendig.
Therapie
Über die weitere Therapie einer intrazerebralen Blutung muss in Abhängigkeit von der Lokalisation und Ausdehnung der Blutung und in Abhängigkeit vom klinischen Zustand des Patienten entschieden werden. Eine mögliche operative Therapie ist die Einlage einer Drainage in eine Hirnkammer zur akuten Druckentlastung, oder die mikrochirurgische operative Ausräumung der Blutung. Alle Patienten mit einer intrazerebralen Blutung werden in jedem Fall auf unserer Intensivstation überwacht. Anzustreben ist eine rasche Entwöhnung vom Beatmungsgerät, um eine klinische Beurteilung der Wachheit und neurologischer Ausfälle zu erlauben zu können.
Prognose
Das 30- Tage Überleben hängt im Wesentlichen von der Größe, der Lokalisation der Blutung, dem Alter und der Nebenerkrankungen ab. Insgesamt haben tiefer liegende Blutungen eine geringere Chance auf Überleben als oberflächliche, kleinere Blutungen. Festzuhalten ist, dass solche Blutungen oft dauerhafte Beeinträchtigungen mit sich ziehen, die nicht zu widerrufen sind.
Definition
Aneurysmen sind eine spindel- oder sackförmige permanente Erweiterung des Querschnitts von Blutgefäßen infolge angeborener oder erworbener Gefäßwandveränderungen. Diese Gefäßaussackung kann nur wenige Millimeter bis hin zu einigen Zentimetern betragen. Eine Blutung durch ein Aneurysma im Kopf (Subarachnoidalblutung) hat eine häufigkeit von etwa 10% von allen Schlaganfällen. Oftmals gehen einer Subarachnoidalblutung keinerlei Besonderheiten voraus. In vielen Fällen tritt die Blutung im Zusammengang mit einem vermehrten Pressens oder starker körperlicher Anstrengung auf.
Inzidenz
Die genaue Häufigkeit mit der Aneurysmen in Deutschland vorkommen ist unbekannt. Doch kommt es in 6 – 12 Fällen pro 100 000 Einwohner pro Jahr zur Ruptur (Platzen) der Aneurysmen. Insgesamt sind Frauen etwas häufiger betroffen als Männer (3:2). Der Altersgipfel liegt zwischen 45 und 65 Jahren. Als Risikofaktoren gelten ein erhöhter Blutdruck, Nikotinkonsum und ein enger Verwandtschaftsgrad zur jemanden der selbst schon einemal eine Blutung aufgrund eines rupturierten Aneurysmas im Kopf hatte (spontane Subarachnoidalblutung).
Anatomie und Verteilung der Aneurysmen
Ein Aneurysma besteht aus einem Hals und einem Aneurysmasack. Die Aneurysmaruptur tritt normalerweise an der dünnsten Stelle der Gefäßaussackung.
Die sakkulären Aneurysmen treten bevorzugt an der Hirnbasis auf. Hier vereinigen sich die 4 Hauptarterien, die für die Blutversorgung des Gehirnes verantwortlich sind zu einem Kreis (Circulus arteriosus Willisii).
Verteilung der Aneurysmen an den verschiedenen Hirnarterien:
- Arteria cerebri media (20 -25%)
- Arteria communicans anterior (35 – 40%)
- Arteria carotis interna (30%)
- Hinterer Kreislauf (10%)
Therapie
Da das erneute Blutungsrisiko aus einem bereits gebluteten Aneurysma insbesondere innerhalb der ersten Tage nach stattgehabter Blutung deutlich erhöht ist, ist eine rasche Ausschaltung des Aneurysmas aus dem Blutkreislauf (innerhalb 48 Stunden nach Blutung anzustreben).
Die Notfalldiagnostik nach einer erlittenen Subarachnoidalblutung umfasst zunächst eine Computertomographie des Kopfes mit einer Gefäßdarstellung (CT- Angiographie). In den meisten Fällen erfolgt zusätzlich zur genaueren Aneurysmadarstellung und ggf. auch gleichzeitiger Behandlung die Durchführung einer Katheterangiographie.
Bezüglich der Aneurysmaversorgung sind grundsätzlich zwei Methoden zu unterscheiden:
- Zum Einen besteht die Möglichkeit einer endovaskulären (kathetergestützten) Aneurymaversorgung durch sogenanntes „Coiling“. Bei diesem Verfahren werden während einer Angiographie Platinspiralen in die Gefäßaussackung gebracht. Das Aneurysma „verstopft“ sich somit von innen und ist dadurch vom normalen Blutkreislauf ausgeschlosssen.
- Die zweite Behandlungsoption ist eine Ausschaltung des Aneurysmas durch einen Clip während einer Operation. Noch während der Operation werden unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt, welche zeigen können, dass die Gefäßaussackung komplett ausgeschaltet ist. Diesbezüglich ist der an unserer Klinik einzigartig gennutzte Zeego®-Hybrid-Operationssaal eine optimale Möglichkeit, den Operationserfolg direkt intraoperativ zu überprüfen.
Die Entscheidung, ob eine operative oder eine endovaskuläre Behandlung in Frage kommt, hängt hauptsächlich von dem Aufbau und der Lokalisation des Aneurysmas ab.
Postoperativ wird jeder Patient auf der Intensivstation überwacht und behandelt. Die Dauer der intensivmedizinischen Behandlung unterscheidet sich im wesentlichen darin, ob es sich um einen Patienten handelt, der an einem zufällig entdeckten (inzidentellen) Aneurysma behandelt worden ist, oder ob der Patient eine Blutung aus dem Aneurysma erlitten hat. Diese Patienten mit einer Subarachnoidalblutung bedürfen einer langen (10 – 14 Tage) intensivmedizinischen Überwachung, da das Risiko von Komplikationen nach stattgehabter Blutung in der ersten Zeit auch nach Ausschalten des Aneurysmas fortbesteht.
Diesbezüglich ist insbesondere auf den sogenannten „Vasospasmus“ hinzuweisen. Der Vasospasmus ist eine krampfartige Verengung der hirnversorgenden Gefäße, welche zu einer Minderdurchblutung, und dadurch Minderversorgung des Gehirnes führen kann. Zur Feststellung eines Vasospasmus erfolgt die kontinuierliche Überwachung der Patienten auf der Intensivstation und die tägliche Durchführung von unltraschall Untersuchungen.
Ein großer Vorteil bei diesen Operationen ist die Heilung durch eine sofortige, vollständige und dauerhafte Beseitigung des Blutungsrisikos. In unserer Klinik besteht durch den in unserer Klinik einzigartig genutzten Zeego®–Hybrid– Operationssaal die Möglichkeit noch intraoperativ eine Katheterangiographie durchführen zu können, so dass noch während der Operation die vollständige Entfernung der AVM dokumentiert werden kann. Im Falle einer Rest-Gefäßmissbildung kann diese noch in selbiger Operation entfernt werden.
Kleine AVM, die tief im Gehirn gelegen sind und somit für eine operative Behandlung nicht zugänglich sind, können auch durch eine gezielte einmalige Bestrahlung behandelt werden.
Für das individuelle Behandlungsoptimum ist somit eine interdisziplinäre Fallbesprechung entscheidend.
Definition
Bei duralen arterio-venösen Fisteln handelt es sich um erworbene Kurzschlußverbindungen von Arterien und Venen auf der harten Hirnhaut. Der Entstehungsmechanismus ist noch nicht vollständig geklärt, angenommen wird eine Entstehung als Folge eines Abflussproblems im Bereich des Gehirns (Sinusthrombose).
Symptomatik
Symptome der duralen arterio-venösen - Fisteln sind Kopfschmerzen sowie ein pulssynchrones Ohrgeräusch.
Therapie
Auch hier unterscheiden sich die Therapieoptionen zwischen endovaskulären, katheterbasierten (von innen verschließenden) und operativen Verfahren.
Definition
Arterio-Venöse-Malformationen (AVM) sind Gefäßmissbildungen des Gehirnes, welche eine Kurzschlussverbindung zwischen Arterien und Venen darstellen. Aufgrund einer zunehmenden Verfügbarkeit von bildgebenden Verfahren werden immer häufiger asymtomatische also nicht beschwerdebereitende AVM diagnostiziert. In der Bevölkerung wird eine Häufigkeit von 0,01 – 4% angenommen. Das Blutungsrisiko ist insbesondere durch den Aufbau der Gefäßmissbildung, ihrer Größe und ihrer Lage bestimmt. Es variiert zwischen 1–30% / Jahr. Das individuelle Blutungsrisiko hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Symptome:Etwa 40-60% der Patienten mit AVM werden durch eine Blutung auffällig. In diesen Fällen kommt es zu Kopfschmerzen, Krampfanfällen, neurologischen Ausfallssymptomen wie Lähmungen (Kraftminderungen) bis hin zu einer Bewusstseinsstörung.Diagnostik:Ähnlich wie bei anderen Blutungen besteht auch bei diesem Krankheitsbild die Notfalldiagnostik in der Durchführung einer Computertomographie des Kopfes mit einer gleichzeitigen Gefäßdarstellung (CT- Angiographie). Jedoch ist im Falle einer neudiagnostizierten AVM die Durchführung einer Katheterangiographie zur genaueren Darstellung der zu- & abführenden Gefäße essentiell. Im Falle einer stattgehabten Blutung muss zunächst die Resorption der Blutung abgewartet werden, da die Untersuchung im Falle einer frischen Blutung nicht adäquat beurteilbar ist, so dass diese Untersuchung erst im Verlauf stattfinden sollte. Therapie:Bezüglich der Therapie von AVM ist das normale Blutungsrisiko dem einer Behandlung gegenüber zu stellen. Da ein Blutungsrisiko besteht, welches sich über die Jahre summiert, sollten insbesondere junge Patienten behandelt werden. Ziel der Behandlung ist in jedem Fall die komplette Ausschaltung der Gefäßmissbildung aus dem normalen Blutkreislauf. Grundsätzlich sind auch hier zwei verschiedene Behandlungsverfahren zu unterscheiden. 1. Zum einen eine „Verklebung“ der Gefäßmissbildung während einer Katheterunteruschung, oder 2. eine operative Freilegung und mikroneurochirurgische Entfernung der AVM.