Gute Kinderschutzverfahren
Modellprojekt zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung für eine kindgerechte Justiz durch interdisziplinäre Fortbildung unter Einbindung eines E-Learning-Angebots
Schlagworte
E-Learning, Kinderschutzverfahren, Familiengericht, kindgerechte Justiz
Projektleitung
Kooperationspartner
Prof. Dr. Eva Schumann
Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht, Georg-August-Universität Göttingen
Prof. Dr. Heinz Kindler
Deutsches Jugendinstitut, München
Dr. Thomas Meysen
SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies, Heidelberg
Projektlaufzeit
01.06.2019-30.09.2023
Projektwebseite
Projektbeschreibung
Hintergrund
In Kinderschutzverfahren treffen Familienrichter*innen Entscheidungen, die den weiteren Lebensweg von Kindern und ihren Eltern wesentlich prägen. Die Gerichte sind hierbei auf die Unterstützung und Expertise von Jugendämtern, Verfahrensbeiständen und Sachverständigen angewiesen. Eltern brauchen eine*n Rechtsanwält*in an ihrer Seite. Gelegentlich spielen andere Fachkräfte und auch Angehörige der Heilberufe als sachverständige Zeug*innen eine Rolle in den Verfahren. In jüngerer Zeit hat unter anderem die systematische Aufarbeitung von bundesweit bekannt gewordenen Kinderschutzfällen, zum Beispiel des Staufener Missbrauchsfalls, deutlich gemacht, welch hohe Anforderungen Kinderschutzverfahren an das Familiengericht und alle beteiligten Professionen stellen und zudem die Notwendigkeit von interdisziplinärer Aus- und Fortbildung betont.
Ziel und Zielgruppe
Ziel des Projektes war es, ein webbasiertes interdisziplinäres Fortbildungsprogramm zum Themenkomplex „familiengerichtliche Verfahren in Kinderschutzfällen und kindgerechte Justiz“ zu entwickeln. Zielgruppen des Fortbildungsprogramms waren Familienrichter*innen, Mitarbeitende aus Jugendämtern und Trägern der Erziehungshilfe, die an Kinderschutzverfahren beteiligt sind, sowie Verfahrensbeistände, familienpsychologische Sachverständige und Fachanwält*innen für Familienrecht.
Für diese Zielgruppe wurde ein Online-Kurs entwickelt, welcher relevante Informationen zum allgemeinen Ablauf von Kinderschutzverfahren und den beteiligten Akteuren umfassen soll. Parallel hierzu wurde an ausgewählten Modellregionen durch regionale Fachkonferenzen die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Möglichkeiten der Umsetzung kindgerechter Rahmenbedingungen befördert. Für die Teilnehmenden der Modellregionen stand außerdem ein Vertiefungsmodul im Online-Kurs zur Verfügung. Dieses hatte die Erstellung der im Koalitionsvertrag beschriebenen „Stellungnahme von Fachleuten für Gewaltschutz“ zum Gegenstand, u.a. bezüglich des Jugendamts zur Anrufung des Familiengerichts nach § 8a Abs. 2 SGB VIII.
Modellregionen
Interessierte Regionen, die als Modellstandort am Projekt teilnehmen wollten, konnten sich im Laufe des Sommers 2020 hierfür bewerben. Zu den ausgewählten Modellstandorten gehörten:
Baden-Württemberg | LK Böblingen mit dem AG Böblingen und dem AG Leonberg |
Berlin | AG Tempelhof-Kreuzberg mit den Jugendämtern Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Marzahn-Hellersdorf |
Brandenburg | LK Oberspreewald-Lausitz mit dem AG Senftenberg |
Niedersachsen | Stadt und LK Osnabrück mit dem AG Osnabrück |
Saarland | Regionalverband Saarbrücken mit dem AG Saarbrücken |
Sachsen-Anhalt | LK Wittenberg mit dem AG Wittenberg |
Begleitforschung und Kursdurchläufe
In einem begleitenden Forschungsdesign wurde der Online-Kurs fortlaufend evaluiert und darauf basierend überarbeitet. Die Fachtagungen der Modellstandorte wurden ebenfalls evaluiert. Insgesamt absolvierten im Rahmen der Projektlaufzeit 1.439 Personen erfolgreich den Online-Kurs. Die Evaluation zeigte eine hohe Zufriedenheit der Absolvent*innen mit der Lernplattform sowie der Qualität und Relevanz der Lernmaterialien. Es zeigte sich ein subjektiver Wissens- und Kompetenzzuwachs bei den teilnehmenden Berufsgruppen. Darüber hinaus wurde die Lernmethode E-Learning als geeignete Form der Weiterbildung zu dieser Thematik angesehen. Die Teilnehmenden gaben an, dass sich der zeitliche Aufwand für den Online-Kurs gelohnt habe. Somit konnte die Effektivität des Online-Kurses in Bezug auf den Erwerb von Wissen und Kompetenzen, die Praxisrelevanz der Lerninhalte sowie die Dissemination der Lerninhalte in die berufliche Praxis nachgewiesen werden.
Mit Abschluss des Projektes liegt daher ein hochwertiges und wissenschaftlich evaluiertes Fortbildungsangebot für alle Fachkräfte vor, um Grundlagenwissen und Kompetenzen im Bereich des interdisziplinären Kinderschutzes zu erwerben.
Verstetigung des Online-Kurses
Die Teilnahme am Online-Kurs „Gute Kinderschutzverfahren“ ist ab Februar 2024 gegen ein Teilnahmeentgelt über die Saarland-Kinderschutzplattform (https://kinderschutz-im-saarland.de/) möglich.
Publikationen und erstellte Materialien
Fegert, Jörg M.; Schumann, Eva; Kindler, Heinz; Meysen, Thomas; Hoffmann, Ulrike (2019). Gute Kinderschutzverfahren – ein Online-Kurs für Akteure im familiengerichtlichen Verfahren. Forum Familienrecht 12/2019, S. 471-474.
Fegert, Jörg M.; Schumann, Eva; Kindler, Heinz; Meysen, Thomas; Hoffmann, Ulrike (2020). Gute Kinderschutzverfahren – ein interdisziplinärer Online-Kurs. JAmt Heft 3/2020, S. 132-134.
Meysen T, Krutzinna J (2020): Familiengerichtlicher Kinderschutz in Deutschland – ein internationaler Vergleich anlässlich des „Staufener Missbrauchsfalls“. Forum Familienrecht, 1, 14-18.
Fegert, Jörg M., Schumann, Eva, Kindler, Heinz, Meysen, Thomas (2021). Gute Kinder-schutzverfahren. Veröffentlichungen aus dem Online-Kurs „Gute Kinderschutzverfahren“.
Safarian, Ofelia; Zimmermann, Lea, Fegert, Jörg M. (2022). Gute Kinderschutz und die aktuelle Reform der Kindschaftssachen. Wissenstransfer neu ausrichten mittles eines interdisziplinären E-Learning-Angebots. Forum Familienrecht 10/2022, S. 396-401
Safarian, Ofelia (2022). Kindgerechte Verfahren – Anspruch und Wirklichkeit in Kindschaftssachen, Tagungsbericht zum 18. Göttinger Workshop zum Familienrecht 2021. JAmt Heft 3/2022, S. 141 f.
Chauviré-Geib, Katrin; Kadera, Stepanka; Hoffmann, Ulrike; Fegert, Jörg M. (2023). Kompetenzstärkung von Mitarbeitenden des Jugendamts und der Kinder- und Jugendhilfe in familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren durch E-Learning. Erste Ergebnisse des interdisziplinären Fortbildungsprogramms „Gute Kinderschutzverfahren“. JAmt Heft 9/2023, S. 382-387.
Kadera, Stepanka; Chauviré-Geib, Katrin; Kindler, Heinz; Fegert, Jörg M. (2023). E-Learning zur Stärkung interdisziplinärer Zusammenarbeit in Kinderschutzverfahren. Evaluation des BMFSFJ geförderten Verbundprojektes „Gute Kinderschutzverfahren“. Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe
Fegert, Jörg M.; Meysen, Thomas; Kindler, Heinz; Chauviré-Geib, Katrin; Hoffmann, Ulrike; Schumann, Eva (2023). Gute Kinderschutzverfahren. Tatsachenwissenschaftliche Grundlagen, rechtlicher Rahmen und Kooperation im familiengerichtlichen Verfahren. Springer, Berlin Heidelberg (in Vorbereitung)
Kontaktadresse
Gefördert von:
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)