Begleitforschung Hilfe-Telefon „Sexueller Missbrauch“ der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM)

Schlagworte

Sexueller Missbrauch, Gewalt an Kindern und Jugendlichen, Betroffene, Beratungsangebot, Begleitforschung, Aufarbeitungsprozess, Partizipation

Projektleitung

  • Profilbild von Prof. Dr. Miriam Rassenhofer

    Prof. Dr. Miriam Rassenhofer

    Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (VT)

    Schwerpunkte

    Leitung Sektion Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und Verhaltensmedizin

    Mitglied im Ausbildungsausschuss des AZVT

Projektlaufzeit

Begleitforschung Hilfe-Telefon: 01/2015-12/2026

Vorstudie Online-Beratung: 01/2024-12/2024

Projektbeschreibung

Ausgelöst durch den sogenannten „Missbrauchsskandal“ läuft seit 2010 ein gesellschaftlicher und politischer Aufarbeitungsprozess mit dem Ziel, die Situation Betroffener sexuellen Missbrauchs zu verbessern sowie Kinder und Jugendliche vor sexueller Gewalt zu schützen. Von Anfang an wurde die Expertise Betroffener als wichtige Grundlage bei der Entwicklung von Neuerungen angesehen und Betroffene zur aktiven Partizipation am Prozess eingeladen. Eine Möglichkeit der Partizipation bietet das Hilfe-​Telefon Sexueller Missbrauch der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), welches unter Trägerschaft von N.I.N.A. e. V. läuft. Bei dieser bundesweiten, kostenfreien und anonymen Anlaufstelle können Betroffene, Angehörige aber auch Fachkräfte einerseits Beratung, Gehör und Unterstützung finden, sich andererseits durch das Teilen ihrer Erfahrungen sowie das Formulieren von Anliegen am Aufarbeitungsprozess beteiligen.

Durch das Begleitforschungsprojekt soll eine wissenschaftlich fundierte Beschreibung zur Inanspruchnahme des Hilfe-​Telefons erstellt, die Qualität des Angebots gesichert sowie die fachpolitische Arbeit des UBSKM untermauert werden.

Die Datenerhebung erfolgt bei Einwilligung anonym im Telefongespräch. Die Berater:innen am Telefon führen die Beratungsgespräche durch und tragen anschließend oder währenddessen die berichteten Daten in ein Erhebungsraster ein, welches speziell für dieses Projekt entwickelt wurde. Das Raster dient ebenfalls als Gesprächsleitfaden und enthält neben anklickbaren vorgegebenen Antwortkategorien auch Freitextfelder zum Notieren von wörtlichen Zitaten und sinngemäßen Beschreibungen. Die Daten werden von unserer Arbeitsgruppe quantitativ und qualitativ ausgewertet.

Nach einer Pilotphase, in der das Erhebungsraster bezüglich Praktikabilität und Inhalt optimiert wurde, läuft seit Mitte Januar 2016 die Haupterhebungsphase. In dieser wurden fortlaufend je nach aktuellen Themen, Interessen und Debatten die Fragestellungen und Schwerpunkte im Raster verändert und angepasst. Aktuell befindet sich das Projekt in der dritten Phase: Unsere Forschungsgruppe widmet sich nun verstärkt der Evaluation des telefonischen Beratungsangebotes und exploriert differenziert in der Forschung unterrepräsentierte Fragestellungen – wie etwa die Frage nach der Rolle weiblicher Täterinnen, technologiegestütztem sexuellen Kindesmissbrauch, betroffenen Jugendlichen oder die Rolle von Fachkräften. Mittlerweile (Stand Anfang 2024) gingen über 24.000 Anrufe bei der telefonischen Anlaufstelle ein, aus denen über 15.000 auswertbare Datensätze durch Zustimmung zur Teilnahme an der Begleitforschung gewonnen werden konnten. Auswertungsergebnisse wurden der UBSKM bislang in Form von Zwischenberichten zur Verfügung gestellt und spezifische Fragestellungen in wissenschaftlichen Publikationen thematisiert (Näheres hierzu finden Sie unter ‚Publikationen und Berichte‘).

Vorstudie Begleitforschung zur Online-Beratung

Neben der telefonischen Beratung am Hilfe-Telefon umfasst das Angebot von N.I.N.A. e. V. eine anonyme Online-Beratung. Eine vereinsinterne Dokumentation zeigt, dass sich bei der schriftlichen Beratung mehr jüngere Menschen sowie Fachkräfte melden. Insbesondere bei Jugendlichen scheint das Thema digitaler Gewalt und dortige Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt vermehrt im Vordergrund der Beratung zu stehen. Ersten Eindrücke zeigen das Potenzial einer ergänzenden Begleitforschung der Online-Beratung zusätzlich zum Hilfe-Telefon. Unter partizipativem Einbezug von Betroffenen in die Planung einer möglichen Begleitforschung, wird im Rahmen einer einjährigen Vorstudie deren Machbarkeit und Umsetzung anhand unterschiedlicher methodischer Ansätze untersucht und konzipiert.

Publikation und Berichte

Open Access

Gerke, J. Öttl, P., König, E., Fegert, J. M., Hoffmann, U. & Rassenhofer, M. (2024). Female-Perpetrated Child Sexual Abuse: A Vignette Study Investigating Professionals’ Gender-Related Perception Bias and the Influence of an E-Learning-Course. Int. Journal on Child Malt. https://doi.org/10.1007/s42448-024-00193-0

Gerke, J., Gförer, T., Mattstedt, F.-M., Hoffmann, U., Fegert, J. M. & Rassenhofer, M. (2023). Long-term mental health consequences of female- versus male-perpetrated child sexual abuse. Child Abuse & Neglect, 143(2023).https://doi.org/10.1016/j.chiabu.2023.106240

Gerke, J., Fegert, J. M., & Rassenhofer, M. (2019). "The attention of my teacher helped me to survive” – School as a place of resilience. Lernen und Lernstörungen, 8(2), 112–120. https://doi.org/10.1024/2235-0977/a000257

Fegert, J. M., Rassenhofer, M., & Gerke, J. (2017). Die Folgen des Leids lindern. DJI Impulse, 2(116), 17–20.

Bergmann, C. (2011). Abschlussbericht der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs. Geschäftsstelle der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs. https://beauftragte-missbrauch.de/fileadmin/user_upload/Publikation_-_Abschlussberichte/Abschlussbericht-der-Unabhaengigen-Beauftragten-zur-Aufarbeitung-des-sexuellen-Kindesmissbrauchs.pdf

Lizenz erforderlich (Abstract verfügbar)

Stachelscheid, A., Maradei, G., Gerke, J., Öttl, P., Lipke, K., & Rassenhofer, M. (2022). »Was muss ich bedenken? Ich will nichts falsch machen«. Trauma & Gewalt, 16(4), 322–339. https://doi.org/10.21706/tg-16-4-322

Gerke, J., Lipke, K., Fegert, J. M., & Rassenhofer, M. (2021). Mothers as perpetrators and bystanders of child sexual abuse. Child Abuse & Neglect, 117, 105068. https://doi.org/10.1016/j.chiabu.2021.105068

Gerke, J., Rassenhofer, M., Witt, A., Sachser, C., & Fegert, J. M. (2020). Female-Perpetrated Child Sexual Abuse: Prevalence Rates in Germany. Journal of Child Sexual Abuse, 29(3), 263–277. https://doi.org/10.1080/10538712.2019.1685616

Fegert, J. M., Gerke, J., & Rassenhofer, M. (2018). Enormes professionelles Unverständnis gegenüber Traumatisierten. Nervenheilkunde, 37(7/8), 525–534. https://doi.org/10.1055/s-0038-1668320

Rassenhofer, M., Zimmer, A., Spröber, N., & Fegert, J. M. (2015). Child sexual abuse in the Roman Catholic Church in Germany: Comparison of victim-impact data collected through church-sponsored and government-sponsored programs. Child Abuse & Neglect, 40, 60–67. https://doi.org/10.1016/j.chiabu.2014.11.013

Spröber, N., Schneider, T., Rassenhofer, M., Seitz, A., Liebhardt, H., König, L., & Fegert, J. M. (2014). Child sexual abuse in religiously affiliated and secular institutions: A retrospective descriptive analysis of data provided by victims in a government-sponsored reappraisal program in Germany. BMC Public Health, 14(1), 282. https://doi.org/10.1186/1471-2458-14-282

Fegert, J. M., Bergmann, C., Spröber, N., & Rassenhofer, M. (2013). Belastungen durch sexuellen Missbrauch und medizinische und therapeutische Behandlung. Nervenheilkunde, 32(11), 827–833. https://doi.org/10.1055/s-0038-1628558

Rassenhofer, M., Spröber, N., Schneider, T., & Fegert, J. M. (2013). Listening to victims: Use of a Critical Incident Reporting System to enable adult victims of childhood sexual abuse to participate in a political reappraisal process in Germany. Child Abuse & Neglect, 37(9), 653–663. https://doi.org/10.1016/j.chiabu.2013.05.007

Spröber, N., König, L., Rassenhofer, M., König, C., Seitz, A., & Fegert, J. M. (2011). Entwicklung, Implementierung und erste Ergebnisse eines webbasierten Erhebungsrasters für die telefonische Anlaufstelle der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland. Kindheit und Entwicklung, 20(2), 83–94. https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000044

Kontaktadresse

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    Prof. Dr. Miriam Rassenhofer

    Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (VT)

    Schwerpunkte

    Leitung Sektion Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und Verhaltensmedizin

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Gefördert von:

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