Stillratgeber

Wissenswertes rund um das Stillen

Liebe Eltern,

die lange Zeit des Wartens ist vorbei. Viele neue, aufregende und spannende Momente warten auf Sie in der gemeinsamen Zukunft mit Ihrem Kind.

In der nächsten Zeit werden Sie viel über das Stillen erfahren. Möglicherweise können Sie sich nicht sofort alle Informationen merken. Dieser Ratgeber ermöglicht Ihnen nachzulesen, was Sie von Ihrer Hebamme oder während der Anleitung und Beratung durch unser Team über das Stillen gelernt haben. Bei Fragen oder Unsicherheiten können Sie sich jederzeit an uns wenden. So können wir Sie rechtzeitig unterstützen, damit das Stillen optimal gelingt.

Wir wünschen Ihnen und Ihrem Baby einen guten Start in die Stillzeit und wunderschöne „Babyflitterwochen“.

Prof. Dr. Wolfgang Janni
und das geburtshilfliche Team
der Frauenklinik Ulm

Muttermilch ist die natürliche Nahrung und die Grundlage für die Gesundheit Ihres Kindes. Sie verändert laufend ihre Zusammensetzung und passt sich somit immer den Bedürfnissen des Babys an. Kolostrum – die erste Milch – wirkt aufgrund der vielen Abwehrstoffe wie eine erste Impfung. Das Eiweiß in der Muttermilch unterstützt das Wachstum und stärkt das Immunsystem Ihres Neugeborenen. Der Milchzucker liefert schnelle Energie und fördert die Entwicklung des kindlichen Gehirns. Kolostrum hat auch eine abführende Wirkung und hilft Ihrem Baby bei einer raschen Ausscheidung des ersten Stuhls (sog. Mekonium).

Muttermilch beugt Atem- und Harnwegsinfektionen, Mittelohrentzündungen, Durchfall und Diabetes vor, so dass diese Erkrankungen seltener auftreten.

Wirkung des Stillens auf Ihre Gesundheit

Stillen ist nicht nur gesundheitsfördernd für Ihr Kind, sondern hat auch eine große Bedeutung für Ihre eigene körperliche Regeneration. Stillen unterstützt die schnellere Rückbildung der Gebärmutter und ist gleichzeitig eine gute Prophylaxe gegen Blutungen in der Nachgeburtsperiode.
Die Gewichtsabnahme gelingt leichter und Frauen, die länger stillen oder bereits mehrere Kinder gestillt haben, erkranken seltener an Diabetes, Brust- oder Eierstockkrebs.

Außerdem ist Stillen konkurrenzlos günstig, überall möglich und steht immer in der richtigen Temperatur und Menge zur Verfügung.

Medizin für Frühgeborene − die Preterm-Milch

Besonders wertvolle Eigenschaften besitzt die Muttermilch von Frauen, deren Kinder zu früh geboren wurden. Die sogenannte Preterm-Milch passt sich ganz besonders den Bedürfnissen eines Frühgeborenen an. Sie enthält mehr Eiweiß und Abwehrstoffe gegen krankmachende Keime.

Preterm-Milch regt die Reifung und das Wachstum des Darms an, sorgt für eine gesunde Darmflora und eine optimale Verdauung. Dadurch ist auch die Aufnahme der Nahrung verbessert, falls Frühgeborene Beikost benötigen. Durch die angepasste Zusammensetzung der Preterm-Milch werden die Nieren weniger belastet und die Entwicklung des Sehvermögens wird optimal unterstützt. Frühgeborene, die mit Muttermilch ernährt werden, können meist schneller aus der Klinik entlassen werden.

Wenn die Muttermilch nicht oder noch nicht ausreichend zur Verfügung steht, wird die Ernährung von Säuglingen – insbesondere von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen – mit qualitätskontrollierter Spenderinnenmilch empfohlen. Daher hat die Kinderklinik Ulm im April 2019 eine Frauenmilchbank eröffnet.

Hormone für Milchbildung und Milchfluss, Milchspende-Reflex

Berührungsreize wie Hautkontakt und das Saugen an Ihrer Brust werden über die Nervenbahnen zum Gehirn geleitet, dort bewirken sie die Ausschüttung des Milchbildungshormons Prolaktin und des milchspendenden Hormons Oxytocin. Über die Blutbahn gelangen diese Hormone zur Milchdrüse und sorgen für die Milchbildung und den Milchfluss.

Milchbildung nach Angebot und Nachfrage

Die Milchbildung wird durch das Saugen des Babys an der Brust gesteuert. Durch häufiges und korrektes Anlegen sowie eine gute Entleerung der Brust wird als Folge mehr Milch gebildet. Seltenes Stillen signalisiert dem Körper, weniger Milch zu bilden. Dieser Regelkreis reguliert die Milchbildung durch Angebot und Nachfrage.

Die erste intensive Beziehung in unserem Leben ist die zu unseren Eltern. Diese hat Einfluss auf alle weiteren Beziehungen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie bereits nach der Geburt und während des stationären Klinikaufenthaltes so viel Zeit wie möglich mit Ihrem Kind verbringen. Die Liebe und Zuneigung zu Ihrem Neugeborenen sind wichtige Voraussetzungen für das seelische und körperliche Wohl Ihres Kindes.

Die Emotionen und das Verlieben in das Kind entwickeln sich bei Eltern ganz individuell. Manche erleben diesen Moment intensiv spontan nach der Geburt, andere Eltern-Kind-Paare benötigen Zeit zum Kennenlernen. Innige Erfahrungen mit Ihrem Baby direkt nach der Geburt fördern die Eltern-Kind-Bindung. Zärtlicher Hautkontakt, gegenseitiges in die Augen schauen, liebevolle Worte, Riechen und Schmusen − das ist der Entstehungspunkt Ihrer Familie. Sie als Mutter und Vater beginnen, das kleine Wunder in Ihren Armen kennenzulernen – die erste Bindung entsteht.

Bonding ist der erste Schritt zum Stillen

  • Sie und Ihr Kind lernen sich früh und besser kennen. Sie erleben Ihr Kind aktiv
  • Der direkte Hautkontakt und das Saugen stimulieren die Bindungs- und Stillhormone. Die Milchbildung wird angeregt.
  • Babys sind im Hautkontakt ruhiger und weinen weniger, dadurch sind Blutzucker und Körpertemperatur stabiler.

Kinder erlernen ein schnelleres und effektiveres Saugen – dies hat einen positiven Einfluss auf die Gesamtstilldauer.

Aus medizinischen Gründen ist manchmal eine Verlegung des Neugeborenen in die Kinderklinik notwendig. Machen Sie sich keine Sorgen, denn Sie können das Bonding nachholen, sobald es Ihrem Kind wieder besser geht. Bis dahin sind die Stimulation der Milchbildung und die Gewinnung von Muttermilch besonders wichtig und wertvoll für Ihr Kind.

Zeit zum Kennenlernen

Durch Besuchszeiten auf der Wochenstation möchten wir Sie in der Bondingphase unterstützen und für ausreichend Ruhe sorgen.

Die Besuchszeiten auf der Wochenstation sind – immer mit Rücksicht auf die Mitpatientinnen:

Für Geschwisterkinder, Verwandte und Freunde: täglich von 15.00 bis 18.00 Uhr

Für Väter und Partner*innen: täglich von 08.00 bis 20.00 Uhr

Auf unserer Wochenstation bieten wir Ihnen Rooming-in, so dass Sie mit Ihrem Neugeborenen rund um die Uhr zusammen sein können – Tag und Nacht. So können Sie aufmerksam auf die Stillsignale Ihres Kindes wie zum Beispiel Schmatzen und Suchbewegungen achten, sie wahrnehmen und auf sie eingehen. Sie haben ausgiebig Gelegenheit, das Stillen gemeinsam mit Ihrem Kind zu üben. Bei Betreuung im Kinderzimmer der Wochenstation wird das Baby in der Regel erst zur Mutter gebracht, wenn es zu weinen beginnt. Ein weinendes Baby hat nicht die erforderliche Geduld, um das Andocken und Saugen an der Brust zu üben.

Beim Rooming-in haben Sie und Ihr Kind viel Hautkontakt. Dies fördert die Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung. Es entsteht ein Urvertrauen, da Sie prompt auf die Signale Ihres Kindes reagieren können. Die Menge der Muttermilch erhöht sich schneller und Ihr Baby weint weniger. Sie selbst können dabei genauso viel schlafen wie Mütter, deren Kinder die Nacht im Kinderzimmer der Wochenstation verbringen.

Das Rooming-in fördert die Bindung zwischen Mutter und Kind.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und die nationale Stillkommission empfehlen:

Säuglinge in den ersten sechs Monaten ausschließlich zu stillen. Beikost zum Stillen sollte keinesfalls vor dem 5. Monat und spätestens im 7. Monat in Abhängigkeit vom individuellen Entwicklungsstand des Kindes angeboten werden.
Weiterstillen unter geeigneter Beikost ist möglich, solange es Mutter und Kind wünschen – idealerweise bis zum 2. Geburtstag. Wenn dies – gleich aus welchen Gründen – so nicht durchführbar ist, hält die Stillkommission auch kürzeres, ausschließliches Stillen oder teilweises Stillen für sehr sinnvoll.

Intuitives Stillen nach der Geburt und im Wochenbett

Beim intuitiven Anlegen bewegt sich Ihr Kind aus eigener Kraft zur Brust und dockt selbständig an der Brust an. Nach der Geburt sollten Sie und Ihr Kind mindestens eine Stunde lang (oder bis nach dem ersten Stillen) einen ununterbrochenen Hautkontakt genießen. Sie liegen auf dem Rücken mit einem leicht erhöhten Oberkörper. Ihr Baby liegt bequem auf Ihrem Bauch. Aus einer ruhigen und entspannten Haltung Ihres Neugeborenen werden kleine Bewegungen mit Händchen und Füßchen und zarte Kopfdrehungen. Es wird aktiver und fängt an, sich mit den Beinen abzustützen, beginnt mit dem Mund zu suchen und schafft sich langsam in die Nähe Ihrer Brust. Durch den angeborenen Suchreflex findet es die Mamille, nimmt sie in den Mund und beginnt meist intensiv und ausdauernd zu saugen.

Achten Sie in dieser Phase besonders darauf, dass Ihr Baby frei durch die Nase atmen kann. Ihr Kind lässt die Brust von alleine los, wenn es satt ist. Anschließend fallen die meisten Neugeborenen in einen tiefen Schlaf.

Jedes Neugeborene ist eine Persönlichkeit mit einem eigenen Wach- und Schlafrhythmus. Nutzen Sie die Wachperiode Ihres Kindes, um es an die Brust anzulegen. Die meisten gesunden Neugeborenen werden in den ersten 24 Stunden nach der Geburt unregelmäßig 8 bis 12 Mal angelegt. Einige Babys, vor allem wenn sie zu früh geboren wurden oder eine Gelbsucht bekommen, spüren ihren Bedarf nicht und sollten spätestens nach 2 bis 3 Stunden wieder angelegt werden.

Ab dem 2. bis 3. Lebenstag haben die meisten Babys 8 bis 12 Stillmahlzeiten innerhalb eines Tages. Nacheinander folgendes oder häufiges Stillen in der Wachphase des Kindes kann 3 bis 4 Stunden anhalten und ist ein natürliches Stillverhalten. Diese Situation tritt meistens in den späten Abendstunden auf. Zu dieser Zeit werden die Milchbildungshormone in hohen Mengen bei Ihnen ausgeschüttet. So bestellt Ihr Kind die Mahlzeit für den nächsten Tag.

Ihr Kind darf so lange an einer Brust saugen, bis es gesättigt erscheint – durchschnittlich nach 15 bis 20 Minuten. Nach einer kurzen Pause sollten Sie die Seite wechseln und die zweite Brust anbieten. Einige Babys sind bereits mit einer Brust zufrieden, andere bevorzugen Wechselstillen. Beim Wechselstillen beginnen Sie nach beidseitigem Stillen erneut mit der ersten Brust.

Woran erkennen Sie, dass Ihr Kind gestillt werden möchte?

Das Stillen ist eingebettet in einen regen Austausch zwischen Mutter und Kind. Zuerst signalisiert Ihr Kind anhand früher Stillzeichen, dass es an Ihre Brust möchte. Die Beobachtung und Wahrnehmung dieser Zeichen ermöglicht es Ihnen, Ihr Kind ohne Zeitdruck korrekt an die Brust anzulegen. Babys zeigen diese frühen Stillzeichen auch mit geschlossenen Augen an.

Frühe Stillzeichen Ihres Kindes sind:
• Such- und Schleckbewegungen
• Sauggeräusche
• Es führt die Hand zum Mund
• Hin- und Herdrehen des Kopfes
• Stirnrunzeln, das Kind ist angespannt, geballte Fäuste
• Schnelle Augenlidbewegungen
• Sanfte Babylaute oder Seufzen
• Ruhelosigkeit

Schreien ist ein sehr spätes Stillzeichen und bedeutet Stress für Sie und Ihr Kind.

Ein Neugeborenes bekommt genug Muttermilch, wenn es 8 bis 12 Stillmahlzeiten pro Tag zu sich nimmt, korrekt angelegt ist und hörbar schluckt.

Beobachten Sie auch die Ausscheidungen Ihres Kindes. In den ersten 24 Stunden wird Ihr Baby beginnen, Urin und Stuhl auszuscheiden: am 1. Tag das sogenannte Kindspech (Mekonium), am 2. und 3. Tag grünen Übergangsstuhl. Mit der reichlichen Milchbildung ab dem 3./4. Tag nach der Geburt wird der Muttermilchstuhl gelb. Dreimaliger oder noch häufigerer Stuhlgang ab dem 3. oder 4. Lebenstag und 6 nasse, schwere Windeln sind optimal und bedeuten, dass Ihr Baby gut mit Muttermilch versorgt ist. Verzichten Sie in den ersten Wochen auf Beruhigungssauger. Am Anfang ist es wichtig, dass Ihr Baby lernt, häufig und richtig an Ihrer Brust zu saugen.

Eine Gewichtsabnahme von 7 Prozent in den ersten drei Tagen ist normal. Am 10. bis 14. Tag nach der Geburt ist das Geburtsgewicht in der Regel wieder erreicht. In den ersten zwei Monaten nimmt Ihr Baby etwa 170 bis 330 Gramm pro Woche zu, meist hat sich das Geburtsgewicht bis zum Ende des 4. Monats verdoppelt.

So legen Sie Ihr Kind richtig an

Auch wenn es die natürlichste Sache der Welt ist, benötigt Stillen viel Liebe, Geduld und Übung. Es ist wie ein Handwerk, das von jedem Mutter-Kind-Paar individuell erlernt wird. Ganz wichtig ist es für Sie, eine entspannte und bequeme Position einzunehmen, damit die Milch fließen kann. Kissen, Decken und Stillkissen können anfangs eine gute Hilfe sein.

Bei allen Stillhaltungen liegt Ihr Kind so nah wie möglich an Ihrem Körper. Bauch an Bauch, das Gesicht des Kindes Ihrer Brust zugewandt. Der Kopf ist in einer Linie mit dem Körper, damit sich Ihr Baby zum Saugen nicht zur Seite drehen muss. Durch eine leichte Beugung in der Hüfte mit angewinkelten Beinchen bringen Sie Ihr Kind in eine entspannte Position. Bilden Sie mit dem Daumen und dem Zeigefinger Ihrer Hand ein L und halten Sie mit dem Bogen dieser beiden Finger den Kopf an der Schädelbasis (nicht am Hals!). Der Rücken wird durch Ihren Arm gestützt. Der Mund Ihres Kindes liegt immer in der Höhe der Mamille (Brustwarze). Die Oberlippe berührt die Mamille.

Durch das Berühren wird der kindliche Suchreflex ausgelöst. Warten Sie, bis Ihr Kind von alleine den Mund weit genug öffnet – ähnlich wie beim Gähnen. Jetzt ziehen Sie Ihr Baby nah zu sich heran. So kann es viel Brust in den Mund nehmen, die Lippen sind nach außen gestülpt. Ohr, Schulter und Hüfte des Babys bilden eine Linie. Die Nasenspitze und das Kinn berühren die Brust.

So saugt Ihr Baby korrekt an der Brust

Der Mund ist weit geöffnet, die Lippen sind nach außen gestülpt und die Zunge liegt auf der unteren Zahnleiste. Der Brustwarzenhof (Areola) befindet sich je nach Größe ganz oder zum großen Teil im Mund des Kindes. Die Mamille befindet sich so im „Wohlfühlbereich“ des Baby-Mundes. Dies ist die Stelle im oberen Gaumen des Mundes, wo der harte in den weichen Gaumen übergeht. Die Mamille wird dadurch vor Wundwerden und Verletzungen geschützt. Die Nase hat genug Raum zum Atmen. Nachdem sich Ihr Kind von der Brust gelöst hat, sollte die Mamille nicht gequetscht oder verformt sein.

Intuitives Stillen − Stillposition der ersten Wahl für die ersten Tage. Bei der zurückgelehnten Stillhaltung ist die Mutter gut gestützt in einer halbaufrechten Position. Das Baby liegt bäuchlings auf ihr. In dieser Position kann das Neugeborene seine Reflexe optimal aktivieren. Es robbt zur Mamille (Brustwarze) und erfasst diese selbständig und korrekt.

1 Wiegehaltung und modifizierte Wiegehaltung
Die Wiegehaltung ist die häufigste Position − überall anwendbar, einfach und praktisch. Legen Sie Ihr Kind auf Ihren Unterarm, der Kopf kommt fast in Ihre Armbeuge oder etwas weiter darunter.

2 Rückenhaltung
Die Rückenhaltung ist nach einem Kaiserschnitt empfehlenswert und besonders für den Anfang geeignet. Das Kind liegt seitlich unterhalb des Arms der Mutter.

3 Stillen im Liegen in Seitenlage
Das Stillen im Liegen ist eine erholsame Position für die Nachtstunden − bequem und entspannend.

Nach häufigem Anlegen in den ersten Tagen können Ihre Mamillen empfindlich oder gereizt sein. Bei Empfindlichkeit ist es ausreichend, die Mamillen nach dem Stillen mit Muttermilch einzureiben und kurz trocknen zu lassen. Muttermilch besitzt eine pflegende und heilende Wirkung.

Durch korrektes Anlegen Ihres Kindes und Wechseln der Positionen können Sie Verletzungen der Mamillen vorbeugen. Bei auftretenden anhaltenden Schmerzen bzw. Verletzungen wenden Sie sich bitte an das Fachpersonal unserer Wochenstation oder zu Hause an Ihre Hebamme, um gezielte Hilfe zu erhalten.

Mit der Entwicklung der Milchbildung verbessert sich die Empfindlichkeit. Beginnen Sie auf der weniger schmerzhaften Seite mit dem Stillen und lassen Sie Luft an Ihre Mamillen. Halten Sie die Mamillen zwischen den Mahlzeiten trocken (Stilleinlagen wechseln, Baumwollwäsche tragen) und pflegen Sie diese ggf. mit einer Brustwarzensalbe. Bei wunden und verletzten Mamillen ist regelmäßiges und gründliches Händewaschen mit Seife sehr wichtig.

Clusterfeeding, auch „Lagerfeuerstillen“

Clusterfeeding ist ein Stillschema, das für die meisten jungen Babys in den ersten zwei bis drei Monaten gilt. Besonders in Entwicklungsphasen zeigt sich das Clusterfeeding deutlich. Die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten sind oft sehr kurz, vor allem in den Abendstunden, danach schlafen die Babys meist etwas länger. In diesen Phasen glauben viele Mütter, ihre Milch sei weniger geworden und fühlen sich zur Beikost verleitet. Dies ist jedoch in den meisten Fällen nicht notwendig. Häufiges Stillen und vermehrtes Saugen sorgen für eine Steigerung der Milchmenge.

Entwicklungsphasen Ihres Kindes

In diesen Phasen wächst Ihr Baby schneller und benötigt mehr Nahrung. Es meldet sich wieder häufiger zum Stillen, auch in der Nacht. Haben Sie Vertrauen: Durch vermehrtes Anlegen wird Ihre Milchbildung erneut angeregt. Beikost ist normalerweise nicht notwendig. Diese Wachs - tumsschübe treten meist zwischen dem 7. und 14. Lebenstag, in der 4. bis 6. Lebenswoche und oft erneut im 3. bis 4. Lebensmonat auf.

Die Brustmassage erleichtert den Milchtransfer zu Ihrem Kind. Sie regt die Hormonproduktion an, wodurch die Muttermilch früher zu fließen beginnt. In den ersten Tagen ist es ratsam, die Brust vor jedem Anlegen Ihres Kindes sanft zu massieren. Ebenso ist eine Brustmassage vor der Kolostrum-Gewinnung und dem Abpumpen empfehlenswert.

Brustmassage – Oxytocin-Massage nach Plata Rueda

  1. Waschen Sie Ihre Hände gründlich und machen Sie es sich bequem. Eine Dauer von 30 bis 60 Sekunden ist ausreichend. Die Massage darf nie schmerzhaft sein.
  2. Nehmen Sie Ihre Brust zwischen Ihre waagerecht gerichteten flachen Hände und schieben Sie das Drüsengewebe sanft hin und her.
  3. Setzen Sie danach die Hände senkrecht an und wiederholen Sie die Bewegungen.
  4. Danach streichen Sie sternförmig von außen nach innen über die Brust bis zur Mamille (Brustwarze).
  5. Am Ende wird die Brust sanft geschüttelt – Milchshake.
  6. Anschließend können Sie Stillen, Muttermilch von Hand gewinnen oder Abpumpen.

Massage nach Marmet

Diese Massage wirkt unterstützend zur Kolostrum-Gewinnung, vor und während des Abpumpens und bei einem Milchstau, ergänzend zur Oxytocin-Massage. Mit einer Hand stützen Sie die Brust. Mit zwei oder drei flach angelegten Fingern der anderen Hand massieren Sie sanft in kreisenden Bewegungen das Drüsengewebe. Verschieben Sie Ihre Finger um 2 bis 3 Zentimeter und wiederholen Sie den Vorgang, bis Sie spiralförmig die gesamte Brust massiert haben.

Wann können Sie die Handentleerung anwenden?

Zur Gewinnung von Kolostrum:

  • Wenn Ihr Baby noch nicht saugen kann oder nach der Geburt zu müde ist, um zu saugen. Kolostrum wirkt ähnlich anregend wie ein Energydrink.
  • Für späte Frühgeborene zwischen der 35. und 37. Schwangerschaftswoche als Ergänzung zum Stillen.
  • Zur Vorbeugung bei Kindern mit Blutzuckerproblemen.
  • Bei Trennung von Ihrem Kind (Baby wurde in die Kinderklinik verlegt), in den ersten Tagen zusätzlich zum Abpumpen.
  • Wenn Sie sich nach der Geburt für das Abstillen entschieden haben, um Ihrem Kind die wertvolle Vormilch zu geben.

So entleeren Sie Ihre Brust per Hand (1/2)

Vor der Entleerung ist es empfehlenswert, die Brustmassage, wie beschrieben, etwas länger durchzuführen. Dadurch fördern Sie den Milchfluss. Zum Entleeren werden Daumen und Zeigefinger zu einem C gebildet und hinter den Warzenhof (Areola) gelegt.

Heben Sie Ihre Brust leicht an. Drücken Sie Ihre Hand jetzt etwas Richtung Brustkorb, so dass das Gewebe um den Warzenhof (Areola) leicht gespannt ist. Drücken Sie Daumen und Zeigefinger rhythmisch mehrmals zusammen. Damit wieder Milch nachfließen kann, lösen Sie den Druck und gehen Sie in die Ausgangsposition zurück. Verändern Sie die Position Ihrer Finger und wiederholen Sie die Bewegung, so dass alle Milchgänge entleert werden. Die Brust sollte nicht gequetscht werden oder schmerzen.

Haben Sie Geduld. Um Kolostrum zu gewinnen, ist etwas Übung erforderlich. Sammeln Sie das Kolostrum in einer Ernährungsspritze, auf einem Löffel oder in einem Becher und geben Sie diese Milch Ihrem Baby. Bei Babys, die am ersten Tag noch nicht an der Brust trinken können, sollten Sie die Kolostrum-Gewinnung so häufig wie möglich – am besten alle 2 bis 3 Stunden – durchführen

Es gibt Situationen, in denen ein Baby nicht direkt an der Brust trinken kann. Vielleicht ist Ihr Baby zu früh geboren, von Ihnen getrennt oder zu schwach, um an der Brust zu stillen. Möglicherweise muss es das Stillen erst noch erlernen. Jetzt ist es von Vorteil, Ihre Brust mit einer Milchpumpe und zusätzlicher Kolostrum-Gewinnung per Hand zu stimulieren. Aus der Forschung wissen wir: Je früher und häufiger die Brust nach der Geburt stimuliert wird, desto mehr Milch wird gebildet. Dies trifft auch für die Stimulation mit der Milchpumpe zu.

Vorgehen beim Abpumpen:

  • Waschen Sie die Hände gründlich.
  • Machen Sie es sich bequem: Entspannt zu sein ist entscheidend.
  • Lösen Sie durch die Brustmassage Ihren Milchspende-Reflex aus.
  • Schauen Sie Ihr Kind oder ein Foto Ihres Kindes während des Abpumpens an, das führt zur Steigerung der Muttermilchmenge.
  • Vielleicht hilft Ihnen ein warmer Brustumschlag vor dem Abpumpen.
  • Achten Sie darauf, dass Sie die richtige Brusthaubengröße verwenden.
  • Halten Sie die Brusthaube sanft zwischen Daumen und Zeigefinger an die Brust. Die Brustwarzen sind in der Mitte positioniert. Schalten Sie die Pumpe ein.
  • Regulieren Sie das Vakuum so, dass es sich angenehm anfühlt.
  • Pumpen Sie 15 Minuten lang beide Brüste gleichzeitig ab. Doppelpumpen spart Zeit, erhöht die Milchmenge und den Fettgehalt der Mutter- milch.
  • Power-Pumping gibt der Milchbildung einen „extra Kick“. Gerne erklären wir Ihnen diesen Pumpvor- gang.
  • Falls Sie kein Doppelpumpset zur Verfügung haben, ist Wechselpumpen wirkungsvoll. Vorgehen: 7 Minuten die rechte Brust, 7 Minuten die linke Brust, dann 5 Minuten rechts, 5 Minuten links, dann 3 Minuten rechts und schließlich 3 Minuten links.
  • Wir empfehlen Ihnen, häufig zu pumpen – am besten 8 bis 12 x täglich – wann immer es Ihre Zeit erlaubt. Die Milchbildung ist abhängig von der häufigen und gründlichen Entleerung Ihrer Brust.

In den ersten 2 bis 3 Tagen nach der Geburt können viele Mütter nur wenig Muttermilch beim Abpumpen gewinnen, dies ist normal. Wenn Sie Schmerzen, Blasen oder Wunden an der Brustwarze oder am Warzenhof feststellen, lassen Sie Ihre Beschwerden von den Pflegekräften oder Ihrer Hebamme untersuchen

Durch Untersuchungen wissen wir, dass Frauen länger und zufriedener stillen, wenn sie von ihrem Partner und ihrem Umfeld unterstützt werden. Auch für Sie als Vater ist es wichtig, über die Bedeutung der Muttermilch und das Stillen Bescheid zu wissen. Allein Ihre bejahende Einstellung kann Ihrer Partnerin viel Kraft geben.

Beim Stillen verbringen Mutter und Kind viel Zeit miteinander, es gibt jedoch jeden Tag Phasen, in denen Sie als Vater ganz wichtig sind. Babys genießen den Hautkontakt mit ihrem Vater. Schmusen, kuscheln, wickeln und tragen, eventuell auch im Tragetuch, sind wichtige Bausteine für den Aufbau einer Eltern-Kind-Bindung.

Fragen Sie Ihre Partnerin, wie Sie helfen können: Benötigt sie vielleicht ein weiteres Kissen, um eine angenehme Position einnehmen zu können? Sorgen Sie für ausreichend Ruhe, gutes Essen und Getränke. Jederzeit dürfen Sie die junge Mutter mit einer Nacken- oder Rückenmassage verwöhnen, die Milch wird anschließend besser fließen.

Jede Frau kann instinktiv stillen, wenn sie es möchte.
Falsch! Das Stillen ist kein Reflex und kein angeborener Instinkt, sondern eine sozial erlernte Fähigkeit. Die meisten Frauen benötigen eine gute Anleitung sowie Ruhe und Zeit, um das Stillen zu lernen.

Meine Brust ist zu klein oder zu groß zum Stillen.
Falsch! Die Größe der Brust wird durch das Fettgewebe bestimmt. Für das Stillen ist das Drüsengewebe entscheidend. Eine Frau mit kleiner Brust kann genauso gut stillen wie eine Frau mit einer großen Brust.

In der Stillzeit sind blähende Lebensmittel verboten.
Falsch! Frauen, die stillen, müssen keine Diät halten. Stillende Frauen können alles essen, was sie selbst gut vertragen und was ihnen schmeckt.

Zwischen den Stillzeiten müssen zwei bis drei Stunden Pause eingehalten werden.
Falsch! Die Brust ist nie leer. Immer wenn ein Kind an der Brust saugt, bildet sich Milch. Das häufige Anlegen des Kindes führt nicht zu Bauchschmerzen, da die Muttermilch gut verdaulich ist. Empfohlen wird aber, ein Kind ausreichend lange an einer Brust zu stillen, so dass es die fettreiche Muttermilch am Ende der Stillzeit trinken kann.

Rauchende Mütter dürfen nicht stillen.
Falsch! Mütter, die rauchen, benötigen eine gute Beratung. Wenn eine Mutter viel raucht, wird sie eventuell weniger Milch bilden. Kinder sind vor allem durch Passivrauchen gefährdet. Besser ist es natürlich, nicht oder wenig zu rauchen.

Quelle: Bundesverband Deutscher Laktationsberaterinnen IBCLC e.V. (2014): Mythen zum Stillen / Ammenmärchen, www.bdl-stillen.de/ammenmaerchen-uebers-stillen.html

Oft verzichten stillende Mütter aus Angst vor einer Belastung des Babys über die Muttermilch auf eine notwendige Medikation. Nicht selten wird auch in Unkenntnis der Datenlage zum Abstillen geraten. Für die meisten Beschwerden gibt es jedoch Optionen, eine effiziente Therapie mit dem Stillen zu vereinbaren.

Wichtig ist jedoch die Auswahl eines geeigneten Präparates nach folgenden Kriterien:
• Geringer Übergang in die Muttermilch
• Rascher Abbau der Substanz im kindlichen Organismus
• Minimale Nebeneffekte des Wirkstoffes auf das Kind

Neugeborene reagieren im Allgemeinen empfindlicher auf Arzneimittel als ältere Babys, Frühgeborene sind gefährdeter als Reifgeborene. Gerade bei Frühgeborenen muss mit einer reduzierten Stoffwechselleistung und eingeschränkter Ausscheidung gerechnet werden.
Eine Abstimmung des Zeitpunktes der Medikamenteneinnahme mit dem Stillrhythmus kann zu einer Reduktion der kindlichen Belastung beitragen: Durch abendliche Einnahme nach der letzten Stillmahlzeit werden zum Beispiel Konzentrationsspitzen umgangen. Die meisten Medikamente erreichen in Medikamente in der Stillzeit medikamente der Muttermilch Konzentrationen, die für das Neugeborene weit unter dem therapeutischen Bereich liegen. Unter Dauermedikation können jedoch durch Anhäufung des Wirkstoffes Symptome nicht ausgeschlossen werden. Daher muss die wiederholte Gabe eines Präparates grundsätzlich kritischer betrachtet werden als eine Einzeldosis. Mitunter gelingt bei einer Dauermedikation eine zuverlässige Aussage zur Belastung des Babys durch Bestimmung des Arzneistoffes im kindlichen Blut.

Bei Fragen oder Unklarheiten können Sie sich gerne montags bis freitags von 08.00 bis 18.00 Uhr an unsere Beratungsstelle für Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit wenden:

Dr. Wolfgang Paulus | Leiter Reprotox Telefon 0731 500-58655 wolfgang.paulus@uniklinik-ulm.de

Ein Online-Anfrageformular sowie weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage: www.reprotox.de

Nützliche Links und Quellenangaben zum Thema Stillen

www.uniklinik-ulm.de/still-abc Unser Still-ABC: Wissenswertes von A bis Z

www.kindergesundheit-info.de Internetportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit Informationen und Tipps zur Gesundheit von Babys und Kleinkindern

www.hebammenverband.de Homepage des Deutschen Hebammenverbandes

www.babyfreundlich.org WHO/UNICEF-Initiative BABYFREUNDLICH Infos rund um die Geburt und Serviceangebote wie zum Beispiel Stillgruppen-Suche oder Namensfinder

gesund-ins-leben.de Empfehlungen zu Ernährung und Bewegung für Schwangere und junge Eltern

www.reprotox.de Die Beratungsstelle für Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit der Universitätsfrauenklinik Ulm berät Schwangere und Stillende bei allen Fragen rund um Medikamente und deren Verträglichkeit.

www.embryotox.de Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum der Charité Berlin mit Informationen zur Verträglichkeit von Arzneimitteln in Schwangerschaft und Stillzeit

www.bdl-stillen.de Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen IBCLC e.V.

www.stillen-institut.de Europäisches Institut für Stillen und Laktation Infos rund um die Themengebiete Stillen, Laktation, Ernährung von Säuglingen und Bindungsförderung

www.lalecheliga.de La Leche Liga Deutschland Beratung von Schwangeren und stillenden Müttern per Telefon, E-Mail sowie im persönlichen Austausch in Stillgruppen

www.afs-stillen.de Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS) Gemeinnützige Organisation zur Förderung des Stillen mit einer Hotline für alle Fragen rund um das Thema Stillen

www.stillen.de Ausbildungszentrum Laktation und Stillen mit Kontaktdaten von Stillberaterinnen in Ihrer Nähe

www.sus-baby.eu Frei zugängliche Stillinformationen in verschiedenen Sprachen. Säuglingsernährung in Krisenzeiten.