Die Wundambulanz beschäftigt sich mit der Diagnostik und Therapie von schlecht heilenden Wunden.
In den Industrienationen leiden mehr als zwei Prozent aller Menschen, darunter etwa 1 bis 1,5 Millionen Menschen alleine in Deutschland, unter einer therapieresistenten schlecht heilenden Wunde. Die Patienten klagen über teilweise körperlich starke Schmerzen, Einschränkungen der Mobilität, oft auch über soziale Isolation und schwerwiegende Einschränkungen der Lebensqualität.

Die physiologische Wundheilung lässt sich in folgende Phasen unterteilen:

  • Entzündung (Wundreinigung oder exsudative Phase)

  • Proliferation (Granulationsphase, Phase der Gewebsneubildung)

  • Reparation (Bildung von Epidermis über dem Wundgrund)

Diese Phasen laufen physiologisch teilweise überlappend oder parallel ab. Bei schlecht heilenden Wunden persistiert häufig die Phase der Entzündung. Dabei stört ein Überwiegen entzündungsfördernder Faktoren bei einem gleichzeitigen Mangel entzündungshemmender Mediatoren die Heilung chronischer Wunden. Weitere Studien, die unter anderem in der hiesigen Klinik multizentrisch durchgeführt werden, sollen in nächster Zeit zur genaueren Klärung der Pathogenese chronischer Wunden betragen und damit zu neuen Therapiestrategien führen.

Eine Wunde gilt als therapieresistent, wenn sich innerhalb von 3 Monaten unter optimaler konservativer Therapie keine Heilungstendenz zeigt oder innerhalb von 12 Monaten nicht abgeheilt ist. Als Ulcus (Geschwür) werden schlecht heilende, teilweise auch infizierte Wunden an der Haut oder den Schleimhäuten bezeichnet, die bis in die tiefen Schichten der Haut (Korium), manchmal auch bis in das Fettgewebe oder bis auf die Knochenhaut reichen.
Die Ursachen der verzögerten Wundheilung sind mannigfaltig. Die Insuffizienz der Venen stellt die häufigste Ursache für chronische Wundheilungsstörungen am Unterschenkel dar. Andere Auslöser sind neben der arteriellen Verschlußkrankheit (Arteriosklerose), Wundheilungsstörungen bei Diabetes mellitus, eingeschränkter Beweglichkeit, nach Operationen, Strahlen- oder Chemotherapie und Gefäßentzündungen (Vaskulitiden).

Interdisziplinäre Wundbehandlung heißt nicht nur Behandlung der Wunde, sondern beinhaltet auch Ursachenforschung. Faktoren, welche die schlechte Wundheilung hervorrufen, müssen berücksichtigt, wenn möglich behoben und behandelt werden. Dazu gehören Stoffwechselerkrankungen, genetische Erkrankungen des Gerinnungssystems, des Bindegewebsstoffwechsel, von Adhäsionsmolekülen, aber auch rheumatologische-entzündliche und arteriosklerotische Gefäßerkrankungen. Zusätzlich können schlecht heilende Wunden bei den Alterssyndromen (Progerie, DNA-Doppelstrang-Bruch-Syndrome) auftreten. In unserer Phlebologie-Sprechstunde (Venensprechstunde) lassen sich mit Hilfe nicht invasiver und nicht belastender Methoden wichtige Erkenntnisse über Erkrankungen der Arterien und Venen gewinnen.
Enge Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen wie den Abteilungen der Inneren Medizin, der Radiologie, der Neurologie, der Orthopädie und Chirurgie sowie den niedergelassenen Ärzten stehen im Mittelpunkt. Bei lang anhaltenden therapieresistenten Schmerzen kann eine spezielle Schmerztherapie angeboten werden.
Aufgrund der oft über Jahre durchgeführten lokalen Therapie mit verschiedenen Cremes- und Salbengrundlagen treten bei 60-90% der Patienten allergische Kontaktsensibilisierungen auf.
Ursache hierfür ist unter anderem die gestörte epidermale Barrierefunktion durch die vorbestehende chronische Entzündung. Insbesondere die Pflege der angrenzenden gesunden Haut mit verschiedenen konservierungsstoffhaltigen Salben und Cremes führt häufig zu Allergien. Bei Rötung und Schuppung des Wundrandes sollte deshalb immer eine Kontaktallergie ausgeschlossen werden. Dies kann in unserer Allergieambulanz parallel zur Diagnostik und Therapie der Wunden durchgeführt werden.
Insgesamt besteht eine enge Zusammenarbeit mit weiteren Funktionsbereichen der Dermatologie, die in Diagnostik und Therapie schlecht heilender Wunden Hand in Hand arbeiten.

Nach Abklärung und Behebung der Ursachen in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen steht die Behandlung des offenen Beins im Vordergrund:

 

  • Phasengerechte Therapie nach dem Prinzip der feuchten Wundbehandlung

  • Anleitung zur regelgerechten Anlage eines Wundverbandes durch fachspezifisch ausgebildete Ärzte und Pflegekräfte

  • Kompressionstherapie unter Anleitung bei Patienten mit chronischem Venenleiden

  • Unterstützende Maßnahmen wie Krankengymnastik und Lymphdrainage werden im Haus durch unseren Physiotherapeuten, Herrn Jens Lütge, angeboten

  • Im Rahmen von Therapiestudien bieten wir neueste Therapieoptionen wie beispielsweise die Behandlung mit Wachstumsfaktoren an

Unser Team besteht aus erfahrenen Pflegekräften der Ambulanz sowie einem speziell in der Versorgung chronischer Wunden weitergebildetem Ärzteteam.
In Zusammenarbeit mit der Tagesklinik und der Station besteht die Möglichkeit der Kürettage, vegativer Drucktherapie (V.A.G.), von Voll- und Spalthautdeckungen, plastische Defektdeckung und Wundshaving, Keratinozytentransplantationen. Dabei ist häufig die kombinierte Behandlung durch plastisch-rekonstruktive Eingriffe am Venensystem und der gleichzeitig bestehenden Wunde notwendig ( Venensprechstunde, operative Verfahren).

 

Die Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie ist im Rahmen des 7. Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft an der Entwicklung der allogenen Stammzellentherapie als Therapiemöglichkeit bei nicht heilenden chronisch venösen Ulzera im Rahmen des Verbunds Cascade maßgeblich beteiligt.

Die Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie hat sehr gute Verbindungen zum Board der European Tissue Repair Society und zur Wound Healing Society (USA). Zudem besteht ein Forschungsschwerpunkt im Bereich der Wundheilung und Geweberegeneration im Rahmen der regenerativen Medizin. Dieser Forschungsschwerpunkt wird von der Landesstiftung Baden-Württemberg gefördert.