Rund 50 Prozent aller erwachsenen Mitteleuropäer weisen erweiterte und geschlängelte, teils sichtbare, teils tastbare oberflächliche Venen an den Beinen auf. Der Ausprägungsgrad reicht von geringen Veränderungen mit höchstens kosmetischer Relevanz (rund die Hälfte der Betroffenen) bis hin zu ausgeprägten Erscheinungsformen mit massiven Hautveränderungen und entsprechender medizinischer Bedeutung. Rund 10 bis 15 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in den Industrienationen dürften davon betroffen sein. Krampfadern sind ein Venenleiden mit nicht mehr funktionsfähigen Venenklappen, die unbehandelt zu nicht heilenden Geschwüren ("offene Beine", Ulcus cruris venosum) führen können.
Einen Schwerpunkt der Klinik stellt die Aufklärung der Ursachen von Wunden und Wundheilungsstörungen und deren Therapie dar. (Funktionsbereich Wundambulanz)
Modernste Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie stehen in der Venensprechstunde zur Verfügung.
Man unterscheidet primäre und sekundäre Krampfadern.
Ursachen für primäre Krampfadern sind Venenklappendefekte durch Bindegewebsschwäche. Dabei fördern höheres Alter, familiäre Veranlagung, stehende Tätigkeiten, weibliches Geschlecht, mehrere Schwangerschaften, Übergewicht und mangelnde Bewegung die Ausbildung von primären Krampfadern.
Sekundäre Krampfadern entstehen als Spätfolge einer tiefen Beinvenenthrombose.
Oberflächliche Stammvenenkrampfadern (V.saphena magna und V.saphena parva)
- Seitenastkrampfadern (Circumflexa anterior und posterior) können durch ihre Klappenschädigung große Mengen an venösem Blut parken
- Perforanskrampfadern verbinden das oberflächliche Venensystem mit dem tiefen Leitvenensystem
- Retikuläre Varizen (Netzkrampfäderchen) und Besenreiser fallen wegen ihres geringen Kalibers funk- tionell kaum ins Gewicht, sie sind eher von ästhetischer Bedeutung
Neben der ästhetischen Beeinträchtigung können sie auch zu ernsthaften Folgeschäden führen, wie Venenentzündung, tiefe Beinvenenthrombose mit möglicher Lungenembolie, offenes Bein (Ulcus cruris), Überlastung des tiefen Venensystems mit Schädigung der tiefen Venenklappen.
Als häufigste chronische Komplikation bildet sich nach jahrelangem Verlauf eine chronischeVeneninsuffizienz (CVI) aus. Die wichtigsten Charakteristika sind Klappenschädigungen der oberflächlichen, tiefen und Verbindungsvenen, aber auch Verschlüsse der tiefen Leitvenen und ein Versagen der Muskel- und Gelenkpumpe. Die differenzierteste Einteilung der CVI (chronisch venöse Insuffizienz), die neben ursächlichen auch anatomische und funktionelle Kriterien berücksichtigt, liefert die CEAP-Klassifikation.
Unsere schonenden und ungefährlichen Untersuchungsmethoden:
- Bidirektionale Dopplersonographie (cw-DOPPLER)
- Farbkodierte Duplexsonographie (FKDS)
- Digitale Photoplethysmographie, Lichtreflexionsrheographie (d-PPG, LRR)
- Venenverschlußplethysmographie (VVP)
- Venendruckmessung (PDM)
Sie ermöglichen uns eine stadiengerechte Stufendiagnostik.
Die sonographischen Methoden sind Verfahren, welche mit Schallwellen bestimmter Frequenz arbeiten. Hierbei können die Blutbewegungen akustisch und graphisch dargestellt werden als auch die Gefäße ausgemessen werden.
Besonders vor invasiven Eingriffen sind bildgebende Verfahren notwendig; dabei hat die farbkodierte Duplexsonographie die Kontrastmittelröntgen-Phlebographie als Goldstandard in den meisten Fällen abgelöst.
Die Venenverschlußplethysmographie dient der unblutigen Messung von Volumenänderungen in den Extremitätenvenen in Ruhe zur Erfassung der Kapazität des Gefäßsystems als auch des venösen Ausstromes. Gemeinsam mit den photoplethysmographischen Verfahren kann hiermit festgestellt werden, ob eine durchgeführte Behandlung zu einer Verbesserung der venösen Kreislaufsituation geführt hat.
Mit der Venendruckmessung werden nach Punktion einer Fußvene die Druckverhältnisse an den Beinen in Ruhe und nach Aktivierung der Muskelpumpe gemessen. Diese Untersuchung ist sehr präzise und die Erfolgsaussichten einer geplanten Operation können besser vorhergesagt werden.
In seltenen Fällen ist eine Phlebographie (Kontrastmitteldarstellung des tiefen Venensystems) zur Komplettierung der erhobenen Befunde notwendig. Auch die Phlebographie stellt ein wenig belastendes Routineverfahren dar.
Unsere operativen Verfahren sind effektiv, wenig belastend, ästhetisch und umfassen
- Crossektomie zum Verschluß des ursächlichen Venenklappendefektes in der Leiste oder Kniekehle
- Herausziehen (Exhairese) der Stammvene mit einer Sonde (beispielsweise Babcock)
- Nach Stichinzision darstellen, unterbinden und dissezieren der erkrankten Perforansvenen
- Bei den sogenannten schnittfreien Operationsverfahren werden die Seitenastkrampfadern mittels kleiner Stiche und mit Hilfe von Spezialinstrumenten entfernt ("Minichirurgie", "Worming").
Die meisten dieser Eingriffe können in örtlicher Betäubung (Infiltrations- oder Tumeszenzanästhesie) vorgenommen werden. In seltenen Fällen wird eine Vollnarkose beziehungsweise eine rückenmarksnahe Betäubung durchgeführt. Insbesondere bei der Tumeszenzanästhesie als Weiterentwicklung der herkömmlichen örtlichen Betäubung lässt sich weitestgehende Schmerzfreiheit bei sehr geringer Belastung des Patienten erzielen. In einem großen Flüssigkeitsvolumen wird eine geringe Konzentration des Lokalanästhetikums aufgelöst, zusätzlich sinkt die Rate der Blutergüsse nach der Operation.
Als nicht operative Verfahren sind bei uns die Verödung (Sklerosierung) und die Lasertherapie von Besenreisern (es eignen sich nur bestimmte Typen) und Pinselfiguren (Dermatologische Laserambulanz) etabliert.
Spezielle Kompressionsverbände und -strümpfe bei Beinschwellungen und offenen Beinen werden entsprechend dem Schwellungszustand eingesetzt.
Zudem verfügt die Hautklinik über eine Physiotherapie mit gezieltem Bewegungstraining und dem Erlernen einer venenbewussten Lebensführung.
Je nach Krankheitsbild entscheiden wir uns nach Befundkomplettierung und ausführlichem Gespräch mit dem Patienten für das schonendste Verfahren mit dem besten kosmetischen Ergebnis.
Krampfadern können nach einer Operation aus unterschiedlichen Gründen wieder auftreten. Folgende Ursachen können dafür verantwortlich sein.
Im Einmündungsbereich der kleinen und großen oberflächlichen Stammvene (Kniekehle, Leiste) durch einen "vergessenen" Venenast bei der ersten Operation oder durch eine sehr seltene Gefäßneubildung (Neoangiogenese). Ebenso kann es zum Neuauftreten von Astkrampfadern oder Perforansvenen oder Besenreisern bei Bindegewebsschwäche und entsprechender Neigung kommen. Auch kann es zu einer später auftretenden Schädigung der tiefen Venenklappen kommen, vor allem bei zu lange vorbestehenden oberflächlichen Krampfadern.
Abb. 1 *)
Die vier Venensysteme. Regelrechter Blutfluss aus dem retikulären System über funktionsfähige Stammvenen und Perforansvenen ins tiefe Venensystem.
Abb. 2 *)
Dekompensierter Hyperzirkulationskreislauf bei jahrzehntelang bestehender Stammvarikose der Vena saphena magna mit Pendelfluß in den Perforansvenen und im tiefen Venensystem
*) Quelle: Chirurgie der Krampfadern von Stritecky-Kähler, Thieme-Verlag 1994