Prostatakarzinom

ExpertenInnen

- urologisch

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    Prof. Dr. med. Christian Bolenz

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    Prof. Dr. med. Friedemann Zengerling, MHBA, FEBU

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    Priv.-Doz. Dr. med. Felix Wezel, M.Sc., FEBU

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    Dr. med. Robert de Petriconi

    Oberarzt

- internistisch

- radioonkologisch

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    Prof. Dr. med. Thomas Wiegel

    Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie

Beschreibung der Erkrankung

Das Prostatakarzinom ist ein bösartiger Tumor der Vorsteherdrüse des Mannes.

Häufigkeit und Erkrankungsalter

Das Prostatakarzinom ist in Deutschland die häufigste Tumorerkrankung bei Männern mit jährlich über 60000 Neuerkrankungen. Die Erkrankung tritt vorwiegend in höherem Lebensalter in Erscheinung, wobei die Neuerkrankungsrate (Inzidenz) in den letzten Jahren durch das steigende Alter der Gesamtbevölkerung, ein gesteigertes Bewusstsein der Bevölkerung und konsequente Vorsorgeuntersuchungen mittels Prostata-​spezifisches-Antigen (PSA/ Blutwert) weiter zugenommen hat.
Jährlich sterben in Deutschland über 15000 Männer an diesem Tumor. Somit handelt es sich beim Prostatakarzinom um die dritthäufigste Todesursache bei den an Krebs erkrankten Männern in Deutschland, obwohl eine Vielzahl der Tumoren aufgrund des höheren Lebensalters nicht die eigentliche Todesursache ausmachen, bzw. zu Lebzeiten gar nicht entdeckt werden.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genaue Ursache des Prostatakarzinoms ist nicht geklärt. Verschiedene Faktoren, insbesondere genetische Einflüsse und Änderungen des Hormonhaushaltes, scheinen eine wichtige Rolle zu spielen.

Als Risikofaktoren gelten das steigende Alter und Übergewicht (Adipositas), aber auch bestimmte Lebensumstände, wie Essensgewohnheiten und Umweltfaktoren.

Das PCA-​Risiko ist bei einer positiven Familienanamnese zusätzlich erhöht, wobei dies auch noch vom Verwandtschaftsgrad abhängt. Bei einer Erkrankung eines Verwandten 1.Grades ist das Risiko höher, als wenn ein Verwandter 2.Grades betroffen ist. Das höchste PCA-​Risiko besteht, wenn Angehörige 1. und 2. Grades erkrankt sind.

Krankheitszeichen

Das Prostatakarzinom macht sich meist erst sehr spät durch klinische Symptome im Sinne einer Harnwegsenge (Harnobstruktion), sichtbares Blut im Urin (Makrohämaturie) oder Knochenschmerzen bemerkbar. Entscheidend ist deshalb eine frühe Diagnostik (Vorsorgeuntersuchung), die routinemäßig bei allen Männern ab 50 Jahren, besser noch ab 45 Jahren, vom Urologen durchgeführt werden sollte.

Untersuchungen

Zur Abklärung des Tumorstadiums werden vor einer möglichen Therapie folgende Untersuchungsmethoden verwendet:

Anamnese und körperliche Untersuchung

Die Anamnese und körperliche Untersuchung erfolgt um die Beschwerden, Vorerkrankungen und Voroperationen zu dokumentieren. Die körperliche Untersuchung wird zur Beurteilung des Allgemeinzustandes, zum Ausschluss weiterer Erkrankungen und zur Tumorausdehnung durchgeführt.

Im Speziellen hierfür wird bei der digital-​rektalen Untersuchung die rückseitige (dorsale) Fläche der Prostata vom Darmausgang (Rektum) her getastet (palpiert). Die gesunde Prostata besitzt in der Mitte eine Furche (Sulcus) und lässt sich nach rechts und links gut abgrenzen. Auffälligkeiten, wie ein derber, höckeriger Knoten sowie unterschiedliche Konsistenz innerhalb der Prostata oder fehlende Abgrenzbarkeit werden durch eine entnommene Gewebeprobe (Biopsie) weiter abgeklärt.

Transrektale Sonographie (TRUS)

Die transrektale (durch den Darm) Ultraschalluntersuchung (Sonographie) bei der ein Spezial-​Schallkopf in Form eines Stabes durch den Enddarm eingeführt und die Prostata in Längs-​ und Querrichtung sonographiert wird. Ein Prostatakarzinomknoten stellt sich auf dem Ultraschallbild typischerweise als dunkles (hyporeflexives) Areal dar, wobei dies nicht sehr spezifisch ist, da auch die gutartig vergrößerte Prostata (benigne Prostatahyperplasie), Gefäße, Zysten oder Entzündungsprozesse ähnlich aussehen können. Stellt sich allerdings in der äußeren (peripheren) Zone ein hyporeflexives Areal dar, sollte auf jeden Fall eine bioptische Abklärung erfolgen. Zusätzlich kann mit der transrektalen Ultraschalluntersuchung das Volumen der Prostata bestimmt werden.

Röntgen-​Thorax-Untersuchung

Die Röntgen-​Thorax-Untersuchung, um Absiedelungen in der Lunge auszuschließen.

Knochenszintigramm

Das Knochenszintigramm, um Skelettmetastasen auszuschließen. Dabei wird dem Patienten eine schwach radioaktive Substanz in das Venensystem gespritzt, die sich durch den gesteigerten Mineralstoffwechsel vorzugsweise in erkranktem Knochen anreichert. Mit Hilfe einer Gammakamera wird die Anreicherung des Radionuklids dargestellt.

Computertomographie

Die Computertomographie, um befallene Lymphknoten im Beckenbereich festzustellen.

MRT

Die MRT (Magnetresonanztomographie) erreicht einen zunehmenden Stellenwert in der Diagnostik des Prostatakarzinoms.

Lebersonographie

Die Lebersonographie, um Metastasen in der Leber auszuschließen.

Sonographie des oberen Harntraktes

Die Sonographie des oberen Harntraktes, um eine bereits vorhandene Harnstauung nachzuweisen.

PSA-​Blutwertbestimmung

Die Bestimmung der Konzentration des Prostata-​spezifischen Antigens im Serum, wobei ein Grenzwert von 4 ng/ml angewendet wird. In den letzten Jahren wurde zusätzlich zum Gesamt-​PSA auch das freie, nicht gebundene PSA bestimmt und der Quotient aus gesamtem zu freiem PSA berechnet.

Stanzbiopsie

Bei auffälligen Befunden der oben genannten Untersuchungen wird eine standardisierte Stanzbiopsie durchgeführt.
Diese Untersuchung kann durch Ihren niedergelassenen Urologen und ohne Narkose durchgeführt werden.

Bei dieser Untersuchung werden unter Ultraschallführung mittels einer Biopsienadel durch den Darmausgang (transrektal) Gewebeproben aus der Prostata entnommen. Meist wird eine Stanze mit 10 bis 12 Biopsieproben durchgeführt.

Erst beim Versagen der Standard-​Diagnostik und weiterhin bestehenden Verdacht auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms können durch eine  MRT/TRUS fusionierte Prostatabiopsie gezielt auffällige Areale biopsiert werden. Durch eine Fusion (Verschmelzung) der MRT Bilder mit den Bildern des transrektalen Ultraschall können im MRT als Prostatakarzinom verdächtige Areale exakt biopsiert werden.

Klassifikation und Stadieneinteilung

Die Klassifikation des Prostatakarzinoms auch Staging genannt, erfolgt nach dem TNM System, das auch für andere Krebserkrankungen angewendet wird

TNM Klassifikation des Prostatakarzinoms 

Primärtumor
 
TXKeine Beurteilung möglich 
T0Kein Anhalt für Primärtumor 
T1Klinisch nicht erkennbarer Tumor, der weder tastbar noch in bildgebenden Verfahren sichtbar ist 
T1aTumor zufälliger histologischer Befund ("incidental carcinoma") in 5% oder weniger des resezierten Gewebes 
T1bTumor zufälliger histologischer Befund ("incidental carcinoma") in mehr als 5% des resezierten Gewebes 
T1cTumor durch Nadelbiopsie diagnostiziert (z.B. wegen erhöhtem PSA) 
T2Tumor auf Prostata begrenzt 
T2aTumor befällt die Hälfte eines Lappen oder weniger 
T2bTumor befällt mehr als die Hälfte eines Lappen 
T2cTumor in beide Lappen 
T3Überschreitung der Prostakapsel 
T3aExtraprostatische Ausbreitung (einseitig oder beidseitig) eingeschlossen mikroskopisch nachweisbare Infiltration des Blasenhalses 
T3bTumor infiltrier Samenblase(n) 
T4Tumor ist fixiert oder infiltriert andere benachbarte Strukturen als Samenblasen, z.B. Sphincter externus, Rektum, und/oder Levatormuskel und/oder ist an der Beckenwand fixiert 

regionäre Lymphknoten
 
NXRegionale Lymphknoten nicht beurteilbar 
N0Keine regionalen Lymphknoten befallen 
N1Regionaler Lymphknotenbefall 

Fernmetastasen
 
Mx Nicht beurteilbar 
M0Keine Fernmetastasen 
M1

Fernmetastasen vorhanden

M1a Metastasen in nicht regionäre Lymphknoten

M1b Knochenmetastasen

M1c Metastasen in anderen Organen und/oder Strukturen

 

 

Das Grading bezeichnet die pathologische Unterscheidung durch die Beschreibung des feingeweblichen (histologischen) Bildes. Neben dem Ausbreitungsstadium stellt der Malignitätsgrad den wichtigsten Wert für die Prognose des Prostatakarzinoms dar. Die gängigsten Einteilungen sind die WHO-Klassifikation und die Klassifikation nach Gleason:

 

Grading nach Gleason:
1:Dicht gepackte, monomorphe Einzeldrüsen, gute Abgrenzung, wenig Stroma
2:Etwas weniger uniforme Einzeldrüsen, getrennt durch geringe Mengen
3:Größere, unregelmäßig angeordnete Einzeldrüsen, stärkere Polymorphie, papilläre und kribriforme Strukturen, unscharfe Tumorgrenze
4:

Große unregelmäßige Epithelformationen durch Drüsenverschmelzung sowie verzweigte Drüsen mit unregelmäßiger Infiltration in die Umgebung

5:

Scharf begrenzte runde Epithelhaufen mit meist solidem und kribriformem Bau, gewöhnlich mit zentraler Nekrose oder unregelmäßig begrenzte Formationen eines undifferenzierten Karzinoms

Die beiden quantitativ vorherrschenden Komponenten werden bewertet und aus der Summe dieser beiden Werte (= Gleason Grade) ergibt sich dann ein Wert zwischen 2 und 10, der als Gleason-Score bezeichnet wird.


Zum Anderen ist es für die weitere Behandlung von Bedeutung, ob der Tumor vollständig entfernt werden konnte.

R=Residualtumor

RXKein Residualtumor
R0Kein Residualtumor
R1Mikroskopisch nachgewiesener Residualtumor
R2Makroskopisch nachgewiesener Residualtumor

Behandlungsmöglichkeiten

Zur Behandlung des Prostatakarzinoms stehen verschiedene Arten der Therapie zur Verfügung, die je nach Tumorstadium variieren können.

Zunächst sollte durch die klinischen Untersuchungen abgeschätzt werden, ob es sich um eine lokale Erkrankung (das Karzinom ist nur auf die Prostata beschränkt) oder um eine systemische Erkrankung handelt (es liegen Lymphknotenmetastasen oder Fernmetastasen vor). Ist das Karzinom lokal begrenzt kann ein heilender (kurativer) Therapieansatz erfolgen.

Abwartendes Procedere (Watchful Waiting) and Aktive Überwachung (Active Surveillance)

Patienten mit gut bis mässig differenzierten, organbegrenzten kleinen Prostatakarzinomen (z.B. inzidentielle Karzinome nach TURP, pT1a) benötigen nicht immer eine Behandlung. Insbesondere bei älteren Männern kann eine Watchful-​waiting-Strategie oder das Konzept des „Active Surveillance“ angewendet werden. Bei der Aktiven Überwachung sollte in bestimmten Abständen eine PSA-​Kontrolle und eine erneute Biopsie der Prostata erfolgen. Hierbei soll erkannt werden, ob sich das Wachstumsmuster, d.h. die Aggressivität des bekannten Tumors, verändert.

Kurative Therapie

Bei einem Prostatakarzinom das auf die Prostata beschränkt ist, kann eine Totalentfernung der Prostata oder eine Strahlentherapie erfolgen.

Radikale Prostatektomie

Bei der vollständigen Entfernung der Prostata (radikalen Prostatektomie) werden die regionären Lymphknoten und anschließend die Prostata operativ komplett entfernt und dann der Blasenausgang und Harnröhrenstumpf miteinander verbunden.

Die radikale Prostatektomie kann entweder offen chirurgisch über einen Bauchschnitt unterhalb des Nabels oder laparoskopisch (oft roboter-​assistiert) durchgeführt werden.

Brachytherapie

Eine Form der Strahlentherapie ist die Brachytherapie, bei der das strahlende Material in Form von kleinen Proben, sogenannten Seeds, unter Ultraschallkontrolle in der Prostata platziert wird. Damit wird versucht eine möglichst hohe Strahlendosis auf das betroffene Organ abzugeben, während das empfindliche umliegende Gewebe geschont wird.

Perkutane Bestrahlung

Eine weitere Möglichkeit der Strahlentherapie ist die Bestrahlung von außen (externe Bestrahlung). Hierbei wird eine Computertomographie der Prostata durchgeführt. Ein Rechner erstellt aus diesen Daten eine dreidimensionale Ansicht der Prostata. Mittels eines Computers wird dann das Strahlenbündel, das den Patienten von außen bestrahlt, so gesteuert, dass es sich in jeder Position genau der Ausdehnung der Prostata anpasst. Auf diese Weise trifft die Strahlung nur das Zielobjekt – die Prostata – und umliegende Gewebe werden geschont. Dieses Verfahren wird über 6-8 Wochen an mehreren Tagen pro Woche wiederholt. Zur Optimierung der Strahlenplanung können vorher sogenannte Gold-​Seed-Marker in der Prostata platziert werden.

Andere lokale Therapiverfahren

Folgende Verfahren werden aktuell noch getestet und sind somit nur im Rahmen von klinischen Studien empfoheln.

HIFU

Beim Hochintensiven Fokussierten Ultraschall (HIFU) werden Schallwellen über eine transrektale Ultraschallsonde appliziert die zum Absterben der Tumorzellen führen.

Kryotherapie

Bei dieser Methode werden Zellen durch Unterkühlung abgetötet; dies erfolgt über sog. Kryonadeln, die der Arzt unter Ultraschall-​Kontrolle in der Prostata plaziert.

Weitere Therapieformen

Fortgeschrittenes Stadium/Residualtumor

Eine zusätzliche Bestrahlung nach der Operation (adjuvante Strahlentherapie) kann bei lokal fortgeschrittenen Tumoren und Resttumor (Residualtumor) die Wahrscheinlichkeit für erneutes Krebswachstum im Operationsgebiet senken. Kleine Tumorreste, die eventuell nach der Operation noch vorhanden sind, sollen so abgetötet werden.

Lokal fortgeschrittene Tumoren, die die Begrenzung der Prostata bereits überschritten haben und bei denen eine Operation mit Aussicht auf Heilung nicht mehr möglich ist, können bei entsprechenden Symptomen bestrahlt werden. In der Regel werden die Tumorregion und unter Umständen auch die Lymphknoten im Beckenraum von außen bestrahlt (externe Bestrahlung).

Krankheitsverlauf (Rezidive, Metastasen)

Rezidiv (Wiederauftreten des Tumors nach vorangegangenem kurativem Therapieansatz)

Lokalrezidiv (im ehemaligen Tumorgebiet)

Die Art der vorhergegangenen Therapie spielt eine entscheidende Rolle: Wurde der Tumor durch eine radikale Prostatektomie operativ entfernt, so kann die Zweittherapie in einer Bestrahlung bestehen. Die Größe des bestrahlten Gebiets lässt sich heute sehr genau einstellen und hängt von der Ausdehnung des Rezidivtumors ab. Neben der unmittelbaren Umgebung der (entfernten) Prostata kann nach Bedarf auch die Beckenregion bestrahlt werden. Auch befallene Lymphknoten können mit einbezogen werden. Im Wesentlichen kommen die neben der Bauchschlagader sowie die in der Leistenregion gelegenen Knoten in Frage. Meistens wartet man mit der Bestrahlung nicht, bis das Rezidiv sich durch Symptome bemerkbar macht, sondern man bestrahlt, sobald nach der Operation die PSA-​Werte wieder ansteigen.

Bestand die Ersttherapie aus einer Bestrahlung, so folgt darauf in aller Regel eine Hormontherapie. Damit lässt sich in sehr vielen Fällen ein lang andauernder Rückgang der PSA-​Werte erreichen. In den seltenen Fällen, in denen das Rezidiv lokal begrenzt ist, kann auch eine Operation in Frage kommen, sofern Alter und Zustand des Patienten dies gestatten. Allerdings ist das Gewebe nach Strahlentherapie meist stark vernarbt, und die Operation kann mit einer höheren Rate an möglichen Komplikationen verbunden sein.

Absiedlung von Tochtergeschwüren im Knochen (Knochenmetastasen)

Knochenmetastasen im Rahmen von Rezidiven sind beim Prostatakarzinom sehr häufig und können Schmerzen verursachen sowie Komplikationen wie Knochenbrüche oder eine Einengung des Rückenmarks nach sich ziehen. Bruchgefährdete Knochen sollten nach Möglichkeit operativ stabilisiert werden. Zusätzliche Bestrahlung vermindert das Wachstums der Metastasen und die Knochenschmerzen ebenso wie die Gabe bestimmter Medikamente, v.a. der Bisphosphonate, oder des Antikörpers Denosumab. Selbstverständlich ist bei Bedarf eine ausreichende Schmerztherapie erforderlich.

Systemische Therapie

Eine Hormonentzugstherapie kann sofort oder auch verzögert eingeleitet werden. Diese kann zum einen durch die irreversible Entfernung des Testosteron bildenden Hodengewebes (Orchiektomie) erreicht werden, zum anderen mit gleicher Wirkungsweise durch eine medikamentöse Therapie. Letztere hat den Vorteil dass sie nicht irreversibel ist und somit auch intermittierend angewendet werden kann. Ziel einer solchen Therapie ist es, den Prostatakrebs unter Kontrolle zu halten.

Kastrationsresistentes Prostatakarzinom (CRPC) (Prostatakarzinom, das trotz Hormonentzugstherapie fortschreitet)

Manche Prostatakarzinome werden früher, andere zu einem späteren Zeitpunkt kastrationsresistent und die Erkrankung schreitet trotz der Hormonentzugstherapie fort. In vielen Fällen kann dann der Wechsel zu einer anderen antihormonellen Therapie nochmals erfolgreich Einfluss auf das Tumorwachstum nehmen. Bei manchen Patienten sinkt nach dem Absetzen der Hormontherapie vorübergehend der PSA-​Spiegel ab (Antiandrogen-​Entzugssyndrom), ein Effekt, der jedoch eine vorübergehende Erscheinung ist.

Beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom stehen zur weiteren Hormontherapie die Substanzen Abiraterone und Enzalutamid zur Verfügung.

Bei Patienten mit symptomatischen ossär metastasierten CRPC ohne Organmetastasen steht das Radionuklid Radium-​223-​Chlorid zur Verfügung. Dieses wird vermehrt in Knochenmetastasen eingebaut und soll das Wachstum der Knochenmetastasen hemmen.

Bei kastrationsresistenten Tumoren (Hormonintensität des Karzinoms) steht die Lebensqualität des Patienten und die Rückbildung von Knochenschmerzen, Harnstauungsnieren und Lymphödemen der unteren Extremitäten im Vordergrund. Eine zumindest kurzfristige subjektive Besserung durch Chemotherapie läßt sich bei der Mehrzahl der Patienten erzielen. Ein kurativer Effekt der Zytostase (Schemata auf der Basis von Docetaxel oder Cabazitaxel als Zweitlinien Therapie) ist allerdings nicht zu erwarten.

Nachsorge und Rehabilitation

Nach Operation oder Strahlentherapie und auch nach Einleitung einer antihormonellen Therapie werden auch dann regelmäßige Nachuntersuchungen durchgeführt. Sie dienen der Erkennung von Nebenwirkungen oder Folgen der Behandlung, aber auch eines erneuten Auftretens oder Fortschreitens der Tumorerkrankung.

Es wird empfohlen in den ersten beiden Jahren nach Operation oder Bestrahlung Nachsorgeuntersuchungen alle drei Monate, später in halbjährlichen und dann in jährlichen Abständen durchzuführen.

Die körperliche Untersuchung durch den Arzt mit Abtastung der Prostataregion vom Enddarm aus (digital-​rektale Untersuchung), und die Bestimmung des PSA-​Wertes gehören zum Routineprogramm. Ergeben sich Hinweise auf ein Fortschreiten der Erkrankung, zum Beispiel, wenn der PSA-​Wert über mehrere Messungen ansteigt, kommen zusätzliche Ultraschall-​ und Röntgenuntersuchungen, die Biopsie und eine Knochenszintigraphie zum Einsatz.

Eine zunehmende Bedeutung bei der Diagnose des Wiederauftretens des Tumors spielt sog. PSMA („Prostataspezifisches-​Membranantigen“) PET/CT (Kombination aus Positronenemissionstomographie und Computertomographie). Das PSMA wird im Prostatakarzinomgewebe stärker als in normalem Prostatagewebe exprimiert. Somit stellt es eine interessante Zielstruktur  in der Diagnostik insbesondere beim Verdacht auf das Vorliegen eines Rezidiv-​Tumors dar.

Das Wiederauftreten der Erkrankung nach radikaler Operation der Prostata kündigt sich in der Regel durch Anstieg des PSA-​Wertes an: Er sollte bei vollständiger Entfernung von Prostata-​ und Tumorgewebe innerhalb von einigen Wochen zunächst auf kaum noch nachweisbare Werte (<0,1µg/l) zurückgehen. Nach einer Strahlenbehandlung der Prostata bleibt oft Prostatagewebe erhalten, und es kann bis zu einem Jahr, manchmal sogar länger dauern, bis das PSA auf seinen niedrigsten Wert abgefallen ist. Häufig ist auch ein rebound Phänomen zu beobachten (kurzzeitiger PSA-​Anstieg mit anschließendem wieder Absinken) was jedoch nicht auf ein Tumorrezidiv hindeutet. Auch hier weisen aber deutliche Anstiege des PSA-​Spiegels im Blut bei mehrfachen Messungen auf ein mögliches Tumorwachstum hin.

PSA-​Progress

Tritt nach zunächst erfolgreicher Therapie im Lauf der Zeit ein erneuter Anstieg des PSA-​Werts auf, ist die Klärung wichtig, ob ein örtlicher Rückfall nach Operation dahinter steckt. Dann kann nach vorausgegangener Totaloperation eine frühzeitige Bestrahlung sinnvoll sein. Bei einem lokalen Rückfall nach vorangegangener Bestrahlung kann nicht erneut bestrahlt werden. Eine Operation ist verbunden mit einem höheren Risiko von Komplikationen. Meist erfolgt deshalb bei PSA-​Anstieg nach Bestrahlung die Hormontherapie. Werden Metastasen, meist in den Knochen, entdeckt, erfolgt ebenfalls eine Hormontherapie.

 

Rehabilitation

Um nach einer Behandlung wieder so leistungsfähig wie möglich zu werden, den Alltag bewältigen zu können und Langzeitfolgen einer Erkrankung möglichst gar nicht entstehen zu lassen, haben die meisten Versicherten Anspruch auf Leistungen im Rahmen der so genannten Rehabilitation. Sie kann direkt im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung als Anschlussheilbehandlung (AHB) erfolgen, einige Zeit nach der ersten Behandlung als stationäre Behandlung oder als Bündelung ambulanter Maßnahmen, wenn der Patient nicht noch einmal ins Krankenhaus möchte.

Leben mit Krebs

Tips zur besseren Bewältigung der Erkrankung erhalten Sie zum Beispiel auf Internetseiten wie http://www.prostatakrebs-bps.de/

Prognose

Generell handelt es sich beim Prostatakarzinom um einen langsam wachsenden Tumor. Die Behandlungsalternativen sind vielfältig und damit die Prognose häufig sehr günstig, insbesondere wenn es sich um neu diagnostizierte Tumoren im Frühstadium, d.h. mit Begrenzung auf die Prostata, handelt.