Tag der Seltenen Erkrankungen

Vorträge und Impressionen des Aktionstags im Stadthaus

14:00 Uhr: Begrüßung Tag der Seltenen Erkrankungen

Der Vorstandsvorsitzende des Zentrums für Seltene Erkrankungen und Ärztliche Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm, Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin, hat die diesjährige Veranstaltung zum Tag der Seltenen Erkrankungen eröffnet. Das 2011 gegründete Zentrum engagiert sich gemeinsam mit 27 Einrichtungen und Arbeitsgruppen der Universität, des Klinikums und kooperierenden Krankenhäusern in der Umgebung für wenig erforschte und komplexe Seltene Erkrankungen. Vorstellen können sich Patient*innen mit einem Verdacht auf eine Seltene Erkrankungen sowie mit einer unklaren Diagnose. Auch Patient*innen, die Ihre Diagnose bereits kennen und eine Hilfestellung zur Auffindung des richtigen Ansprechperson benötigen, können sich an das ZSE wenden. Prof. Debatin sprach außerdem aktuelle Erfolge und Entwicklungen an. So erreichte das ZSE etwa eine Strukturfinanzierung und ist seit dem 01. Oktober 2018 Konsortialpartner des Forschungsprojektes „ZSE-DUO - Duale Lotsenstruktur zur Abklärung unklarer Diagnosen in Zentren für Seltene Erkrankungen“. Das Projekt soll untersuchen, ob die gemeinsame Patientenbetreuung durch eine*n somatische*n Fachärzt*in und eine*n Fachärzt*in für Psychiatrie und Psychotherapie oder für Psychosomatische Medizin die Diagnosefindung verbessern und verkürzen kann. Für die Zukunft sei außerdem unter anderem geplant, die Versorgungsforschung weiter zu verbessern und Spezialsprechstunden in den jeweiligen Fachzentren einzurichten, so Prof. Debatin.

 

14:50 Uhr: Chancen des Neugeborenenscreenings auf angeborene Immundefekte

Ein schwerer kombinierter Immundefekt, kurz SCID, bezeichnet die schwerste Form der angeborenen Immunschwäche. Ein SCID kann verschiedene genetische Ursachen haben, typisch für alle Formen ist jedoch eine Fehlfunktion oder ein Mangel an T-Lymphozyten. SCID-Patient*innen leiden bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter unter teilweise sehr schweren Infektionen, vor allem der Atemwege oder des Magen-/Darmtraktes. Die Erreger dieser Infektionen rufen bei immungesunden Menschen meist keine Krankheitssymptome hervor. Ohne Behandlung sterben die meisten betroffenen Kinder innerhalb weniger Monate oder Jahre. An SCID-leidende Kinder werden zunächst vor Erregern isoliert und müssen sich einer Knochenmark- oder Stammzelltransplantation unterziehen. Allgemein gilt, je früher ein SCID diagnostiziert und behandelt wird, desto besser ist die Überlebensrate der Betroffenen. Daher wird das sogenannte Neugeborenen-Screening, bei dem circa 650.000 Neugeborene im Jahr auf bisher 15 Zielkrankheiten untersucht werden, ab Sommer 2019 um das Screening auf SCID (TREC-Screening) erweitert. Welche Vorteile dadurch genau für die erkrankten Säuglinge entstehen und welche Ergebnisse das TREC-Screening in den U.S.A. erbringt, erklärte Prof. Dr. Ansgar Schulz, Leiter der pädiatrischen Stammzelltransplantation an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm.

 
16:00 Uhr: Multidisziplinäre Diagnostik und Patientenbetreuung bei Osteogenesis imperfecta und Ehlers Danlos Syndrom

Zu den seltenen Bindegewebserkrankungen gehören die Osteogenesis imperfecta, umgangssprachlich auch Glasknochenkrankheit genannt, und das Ehlers-Danlos-Syndrom. Bei beiden Erkrankungen ist die Kollagensynthese gestört, was sich auf Knochen, Haut, Bindegewebe und Organe auswirken kann. Beide Erkrankungen sind jedoch äußerst facettenreich und weisen überlappende Krankheitssymptome auf, was die richtige Diagnosestellung oft erschwert.
Die Osteogenesis imperfecta äußert sich vor allem dadurch, dass die Knochen der Betroffenen leicht brechen oder das Skelett Deformationen aufweist. Jedoch treten nicht bei allen Formen der Erkrankung Deformationen auf. Beim Ehlers-Danlos-Syndrom sind die Gelenke der Betroffenen häufig hypermobil, das heißt, sie lassen sich über das normale Maß hinaus biegen. Außerdem kann die Haut hyperelastisch sein und das Gewebe sehr fragil, was insbesondere bei Organen oder Gefäßen problematisch sein kann. Bei beiden seltenen Erkrankungen können sich die Defekte des Bindegewebes jedoch in vielen weiteren Symptomen manifestieren, was insbesondere beim Ehlers-Danlos-Syndrom oft dazu führt, dass die Diagnose erst sehr spät gestellt wird.
In seinem Vortrag ist Prof. Dr. Rolf Brenner zunächst auf unterschiedliche Ausprägungen beider Erkrankungen eingegangen und darauf, wie sich die verschiedenen Schweregrade auf das Leben sowie auf den Therapie- und Betreuungsbedarf der Betroffenen im Kinder- und Jugend- bis frühes Erwachsenenalter auswirken. Anschließend widmete er sich Diagnostik- und Therapiekonzepten und wie diese gestaltet sein sollten, damit eine bestmögliche Patientenbetreuung erreicht wird.

 

16:20 Uhr: Innovationen und Herausforderungen in der Behandlung der Mukoviszidose

Obwohl die Mukoviszidose, auch zystische Fibrose (ZF) genannt, zu den seltenen Erkrankungen zählt, ist sie die häufigste tödliche Erbkrankheit der kaukasischen/ hellhäutigen Bevölkerung in Europa und in den USA. Die Inzidenz, also die Rate an Neuerkrankungen, beträgt in Europa durchschnittlich 1:3000. In Deutschland sind circa 8.000 Patient*innen von der Erkrankung betroffen, 300 Neugeborene kommen jedes Jahr hinzu.
Die Ursache der autosomal-rezessiv vererbten Multiorganerkrankung liegt in einem Defekt im Chromosom Nummer 7. Aufgrund dieses Defekts ist die Zusammensetzung der Sekrete aller exokrinen Drüsen, also denjenigen, die ihre Produkte in die Außenwelt oder in Körperhöhlen (z.B. Darm oder Lunge) abgeben, verändert. Sekrete sind dadurch dickflüssiger als bei gesunden Menschen; betroffene Organe können in ihrer Funktion gestört werden. Besonders stark beeinträchtigt ist meist die Lunge, wo sich zähflüssiger Schleim bildet, der nur schwer abgehustet werden kann. Menschen, die unter Mukoviszidose leiden, sind körperlich, psychisch und in ihrer Lebensqualität und -erwartung stark eingeschränkt. Sie leiden zum Beispiel unter Lungenentzündungen, Atemnot, Verdauungsproblemen und teilweise Unfruchtbarkeit.
Je früher die unheilbare Krankheit diagnostiziert wird, desto besser kann sie behandelt werden. So können beispielsweise bereits im Säuglingsalter pulmonale Veränderungen vermieden werden, die Ernährung angepasst und so auch die kognitive Entwicklung verbessert werden. Welche neuen Möglichkeiten und Innovationen bei der Behandlung von Mukoviszidose-Patient*innen mittlerweile zur Verfügung stehen, berichtete PD Dr. Peter Meißner, Leiter Mukoviszidoseambulanz an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm.

 

16:40 Uhr: Erkrankungen der Hypophyse im Erwachsenenalter

Die Hypophyse oder Hirnanhangsdrüse ist ein etwa kirschgroßes Organ an der Unterseite des Gehirns, das die hormonellen Funktionen des Körpers steuert. Ist die Hypophyse erkrankt, kann es einerseits zu Hormonstörungen kommen, die z.B. Wachstum, Stoffwechsel oder Nierenfunktion beeinträchtigen können. Andererseits kann eine kranke Hypophyse auch nicht hormonell bedingte Symptome wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Krampfanfälle oder Sehstörungen auslösen. In seinem Vortrag stellte Prof. Dr. Martin Wagner, Leitender Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Ulm, verschiedene Erkrankungen der Hypophyse und die dazugehörigen Behandlungsmöglichkeiten vor. Zu diesen Erkrankungen zählt etwa die Akromegalie, bei der ein Tumor zu viel Wachstumshormon produziert, wodurch es u.a. zu Vergrößerung der Hände, Füße, Nase oder Lippen kommen kann. Die Cushing-Krankheit entsteht durch eine Überproduktion des Nebennierenhormons Cortisol. Symptome der Erkrankung sind u.a. ein „Mondgesicht“, eine Gewichtszunahme Bluthochdruck, Osteoporose oder Diabetes mellitus.

Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin bei der Eröffnung der diesjährige Veranstaltung zum Tag der Seltenen Erkrankungen.

Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin bei der Eröffnung der diesjährige Veranstaltung zum Tag der Seltenen Erkrankungen.

Auch der Oberbürgermeister der Stadt Ulm Gunter Czisch beteiligt sich am Tag der Seltenen Erkrankungen.

Prof. Dr. Albert Ludolph ist Experte für die seltene Erkrankung amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS.

Prof. Dr. Ansgar Schulz spricht über die Chancen des Neugeborenenscreening auf angeborene Immundefekte.

Beim Tag der Seltenen Erkrankungen im Stadthaus stellen sich verschiedene Selbsthilfegruppen vor.

Beim Tag der Seltenen Erkrankungen im Stadthaus stellen sich verschiedene Selbsthilfegruppen vor.

Osteogenesis imperfecta und Ehlers Danlos Syndrom - Prof. Dr. Rolf Brenner spricht über seltene angeborene Bindegewebserkrankungen.

Welche Innovationen und Herausforderungen es in der Behandlung der Mukoviszidose gibt, erklärt PD Dr. Peter Meißner.

Mit Erkrankungen der Hypophyse im Erwachsenenalter beschäftigt sich der Vortrag von Prof. Dr. Martin Wagner.

Zuletzt kamen Betroffene, die sich in Selbsthilfegruppen engagieren, selbst zu Wort.

Zuletzt kamen Betroffene, die sich in Selbsthilfegruppen engagieren, selbst zu Wort.

Vorstellung des Selbsthilfebüros KORN