Zuschussgeschäft Notfallmedizin

Politikerinnen und Politiker aus der Region besuchen die Notaufnahme des Universitätsklinikums

 

 

Die Universitätsklinika in Deutschland sichern an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr die Notfallversorgung mit Fachärzten aller Disziplinen. Während sich immer mehr medizinische Einrichtungen in den Nachtstunden und an Wochenenden von der Notfallversorgung abmelden, fahren Rettungsdienste und Notärzte Uniklinika als letzte Möglichkeit an. Diese erhalten dennoch für ambulant versorgte Notfälle geringere Pauschalen als Arztpraxen, obwohl ihre notfallmedizinische Kostenbelastung um ein Vielfaches höher ist. Damit sind Notfallambulanzen für Universitätsklinika ein Zuschussgeschäft. Am heutigen Montag besuchten Politikerinnen und Politiker der Region die Notaufnahme und Schockräume der Ulmer Universitätsmedizin auf dem Oberen Eselsberg. Katrin Albsteiger (CSU), Ronja Schmitt (CDU), Jürgen Filius (Die Grünen), Martin Rivoir (SPD) und Heinz Wiese (CDU) nahmen gerne die Einladung des Klinikumsvorstandes an, um sich selbst ein Bild von der Leistungsfähigkeit der Ulmer Notfallmedizin vor dem Hintergrund schwieriger Rahmenbedingungen zu machen.

„Aufgrund der Deckelung der ambulanten Vergütung werden über dem Budgetdeckel liegende, aber medizinisch erforderliche Notfallbehandlungen und damit auch die immensen Vorhaltekosten nicht finanziert“, erläutert Dr. Joachim Stumpp, Kaufmännischer Direktor am Universitätsklinikum Ulm, das Dilemma an einem Beispiel. Insbesondere Universitätsklinika, die als Maximalversorger zu einer gesetzlich umfassenden Notfallversorgung verpflichtet sind, haben mit dem herrschenden Ungleichgewicht zu kämpfen. Während viele Krankenhäuser kaum Notfallpatienten behandeln, oder nur selektiv zu bestimmten Zeiten, sind Universitätsklinika zu jeder Tages- und Nachtzeit auf Notfälle mit hochspezialisierten Teams vorbereitet.

„Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Notaufnahme leisten hervorragende Arbeit, die jedoch unter Berücksichtigung der enormen Vorhaltekosten im Vergütungssystem nicht honoriert wird“, unterstreicht Prof. Dr. Florian Gebhard, Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, der als Gastgeber durch die Notaufnahmebereiche führte.

Auf einen weiteren wichtigen Aspekt macht Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I, aufmerksam: „Bei komplexen Krankheitsbildern sind interdisziplinäre Behandlungen unverzichtbar. Nur Universitätsklinika bieten diese fächerübergreifenden Strukturen. Wir haben die ärztlichen Spezialisten und die entsprechende Medizintechnik – beides kostet aber natürlich Geld. Universitätsklinika leisten mehr, sie werden aber bezüglich der Entgelte behandelt wie alle anderen Krankenhäuser.“

 

Wie sehen mögliche Lösungen aus?

Prof. Dr. Udo X. Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor, plädiert für eine differenzierte Vergütung, die die hohen Vorhaltekosten universitärer Notfallversorgung für Mitarbeiter und Ausstattung abbildet. „Als gut geeignet könnte sich ein Vorhaltezuschlag erweisen. Zudem müssten die aktuellen Notfallpauschalen deutlich angehoben werden“, so der Leitende Ärztliche Direktor.

Für Martin Rivoir (SPD) steht fest: „Die Forderungen des Klinikums sind aus meiner Sicht berechtigt, nur durch eine bessere finanzielle Ausstattung kann der hohe Standard der medizinischen Versorgung gehalten werden.“ Katrin Albsteiger (CSU) betont: „Im aktuell im Bundestag diskutierten Krankenhausstrukturgesetz machen wir bereits jetzt einen Schritt in die richtige Richtung. Das Beispiel des Universitätsklinikums Ulm zeigt allerdings, dass wir strukturell noch viel weiter gehen müssen.“

Ronja Schmitt (CDU) konstatiert nach den rund zweistündigen Gesprächen: „Das Universitätsklinikum Ulm leistet einen besonderen Beitrag – insbesondere im Bereich der Notfallmedizin. Dies muss sich auch in der finanziellen Ausstattung widerspiegeln.“

Auch Heinz Wiese (CDU) ist sich sicher: „Eine gerechtere Finanzierung ist das Gebot der Stunde.“ Und Jürgen Filius (Die Grünen) sagt: „Ich unterstütze das Anliegen einer besonderen Berücksichtigung der Vorhaltekosten der Universitätskliniken, um den hervorragenden Leistungsstand der Universitätsmedizin in Baden-Württemberg zu halten.“

 

Deutsche Hochschulmedizin ist enorm belastet

Die Universitätsklinika und Fakultäten sind durch Kostensteigerungen für Personal, Medikamente, medizintechnische Einrichtungen und Energie enorm belastet. Diese Ausgaben steigen in jedem Jahr deutlich stärker als die von den Krankenkassen gezahlten Entgelte. Gleichzeitig kommen viele Bundesländer ihrer Investitionsverpflichtung nicht mehr ausreichend nach. Die Mittel stagnieren seit Jahren und sind teilweise sogar rückläufig. Angesichts der zukünftigen Schuldenbremse wird sich diese Situation weiter verschärfen. Dies betrifft neben den Mitteln der Krankenversorgung auch die Zuschüsse für Forschung und Lehre. Zusätzlich werden die zahlreichen Sonderaufgaben der Hochschulmedizin im derzeitigen Fallpauschalensystem (DRG) nicht abgebildet.

„Vor allem bei Forschung und Lehre müssen wir in Baden-Württemberg die Spitze der Bewegung bleiben“, so Heinz Wiese (CDU) zum Abschluss des Besuchs.

 

Das unten angehängte Foto zeigt von links:

Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Prof. Dr. Florian Gebhard, Prof. Dr. Udo X. Kaisers, Katrin Albsteiger (CSU), Martin Rivoir (SPD), Ronja Schmitt (CDU), Jürgen Filius (Die Grünen), Heinz Wiese (CDU), nn, Dr. Joachim Stumpp. (Foto: Universitätsklinikum Ulm)

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Gruppe VUD-Aktion (Foto: Universitätsklinikum Ulm)