Einer Auto­im­mun­erkran­kung auf der Spur

Sek­tion für Inter­dis­zi­pli­näre Pan­krea­to­lo­gie der Kli­nik für Innere Medi­zin I als Stu­di­en­zen­trum für sel­tene Immunglobulin-​G4-​assoziierte Erkran­kung frei­ge­schal­ten

Die Sek­tion für Inter­dis­zi­pli­näre Pan­krea­to­lo­gie (SIP) der Kli­nik für Innere Medi­zin I des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Ulm (UKU) beschäf­tigt sich mit gut­ar­ti­gen Erkran­kun­gen der Bauch­spei­chel­drüse. Die soge­nannte Immunglobulin-​G4 (IgG4)-​assoziierte Erkran­kung ist eine sel­tene Erkran­kung, die häu­fig die Bauch­spei­chel­drüse (Pan­kreas) befällt und hier­bei eine auto­im­mune Pan­krea­ti­tis erzeugt. Als eines der ers­ten deut­schen Stu­di­en­zen­tren wurde die Sek­tion am UKU nun für die INDIGO-​Studie zuge­las­sen, bei der ein neues Medi­ka­ment auf die Auto­im­mun­erkran­kung getes­tet wird.

Immun­glo­bu­line (kurz „Ig“ oder auch Anti­kör­per) wer­den durch soge­nannte B-​Zellen pro­du­ziert, zir­ku­lie­ren im Blut und weh­ren (körper-​) fremde oder gefähr­li­che Ein­dring­linge ab, wie z.B. Viren, Bak­te­rien oder auch Krebs­zel­len. Dabei las­sen sich Immun­glo­bu­line ver­schie­de­nen Grup­pen zuord­nen: IgM, IgG -mit den Sub­grup­pen IgG1-G4-, IgA, IgE und IgD. Die IgG4-​assoziierte Erkran­kung ist eine sel­tene Immun­erkran­kung, die in der Regel meh­rere Gewebe und Organe mit tumor­ar­ti­gen Geschwüls­ten befällt und/oder sich durch eine Ver­grö­ße­rung des Organs äußert. Von der IgG4-​assoziierten Erkran­kung sind in den meis­ten Fäl­len Pan­kreas, Speichel-​ und Trä­nen­drü­sen, Nie­ren oder die Aorta betrof­fen – häu­fig auch meh­rere Organe zeit­gleich. In die­sen Fäl­len han­delt es sich um eine Mul­ti­or­gan­er­kran­kung mit meist schwe­rem Krank­heits­ver­lauf.

Typi­scher­weise sam­meln sich bei der Erkran­kung IgG4-​produzierende Immun­zel­len zusam­men mit ande­ren Immun­zel­len in sehr hoher Zahl in bestimm­ten Orga­nen an. Dies führt zu einer Ent­zün­dungs­re­ak­tion, wel­che unbe­han­delt chro­ni­fi­ziert und damit auch blei­bende Organ­schä­den zur Folge haben kann. Da es sich bei der IgG4-​assoziierten Erkran­kung um eine sel­tene Krank­heit mit oft­mals bestehen­dem Mul­ti­or­gan­be­fall und damit ein­her­ge­hend auch unspe­zi­fi­schen Krank­heits­sym­pto­men han­delt, wird die Erkran­kung häu­fig erst spät dia­gnos­ti­ziert. Bei eini­gen Pati­ent*innen ent­wi­ckelt sich die Krank­heit über Jahre, bis sie kli­nisch auf­fäl­lig wird. Bei ande­ren klin­gen Sym­ptome, bspw. geschwol­lene Lymph­kno­ten, Gewichts­ver­lust, Müdig­keit oder Kopf­schmer­zen, immer wie­der ab, was letzt­lich zu einer ver­zö­ger­ten Dia­gno­se­stel­lung bei­trägt.

Zur ein­deu­ti­gen Dia­gnose einer IgG4-​assoziierten Erkran­kung müs­sen meh­rere Unter­su­chungs­ver­fah­ren, wie z.B. eine Pro­be­ent­nahme aus dem betrof­fe­nen Organ, Blut­tests oder bild­ge­bende Ver­fah­ren (Kern­spin oder Com­pu­ter­to­mo­gra­phie), kom­bi­niert wer­den. Ziel die­ser Behand­lun­gen ist die Krank­heits­kon­trolle durch einen Rück­gang der Ent­zün­dung (Remis­sion). Dar­über hin­aus gilt es auch, die Aus­wir­kun­gen der Erkran­kung frü­hest­mög­lich auf­zu­hal­ten und einen dau­er­haf­ten Organ­scha­den abzu­wen­den. „Pri­mär wird die Erkran­kung mit hoch­do­sier­tem Kor­ti­son the­ra­piert. Bei Rück­fäl­len oder Neben­wir­kun­gen greift man häu­fig auf alter­na­tive Medi­ka­mente zurück. Diese erzie­len als Anti­kör­per zwar gute Ergeb­nisse, töten aber für sechs bis neun Monate die Immunglobulin-​produzierenden B-​Zellen im Kör­per ab“, erklärt Prof. Dr. Alex­an­der Kle­ger, Lei­ter der Sek­tion für Inter­dis­zi­pli­näre Pan­krea­to­lo­gie und Direk­tor des Insti­tuts für Mole­ku­lare Onko­loge und Stamm­zell­bio­lo­gie am UKU. „Das Medi­ka­ment aus der INDIGO-​Studie hin­ge­gen tötet die B-​Zell nicht ab, son­dern führt ledig­lich zu einer redu­zier­ten B-​Zell-Funktion. Sobald das Medi­ka­ment abge­setzt wird, erho­len sich die B-​Zellen bereits nach kür­zes­ter Zeit voll­stän­dig. Das wie­derum hat viele Vor­teile, z.B. wenn The­ra­pie­kom­pli­ka­tio­nen, wie Infekte, auf­tre­ten“, so PD Dr. Lukas Perk­ho­fer, Ober­arzt in der Sek­tion und zusam­men mit Prof. Kle­ger Stu­di­en­lei­ter für den Stand­ort Ulm.

Bei der INDIGO-​Studie han­delt es sich um eine mul­ti­zen­tri­sche, ran­do­mi­sierte, dop­pel­blinde Placebo-​kontrollierte Phase 3-​Studie, an der bis zu 200 Erwach­sene mit akti­ver IgG4-​assoziierter Erkran­kung teil­neh­men kön­nen. Die Pati­ent*innen wer­den im Ver­hält­nis 1:1 ran­do­mi­siert und erhal­ten ent­we­der das Medi­ka­ment Obexe­li­mab oder ein Pla­cebo, das als Injek­tion ver­ab­reicht wird.
„Die Daten aus der vor­aus­ge­schal­te­ten Phase 2-​Studie waren so beein­dru­ckend, dass nun eine welt­weit rekru­tie­rende Phase 3 auf­ge­legt wurde. Wir konn­ten zum Stu­di­en­start bereits zwei Pati­en­ten ohne Pro­bleme ein­schlie­ßen. Ich freue mich sehr, dass wir an unse­rer Sek­tion nun eben­falls die Mög­lich­keit haben, an der Stu­die teil­zu­neh­men und so aktiv an der Erfor­schung und der Behand­lung der IgG4-​assoziierten Erkran­kung betei­ligt sind“, ver­deut­licht Prof. Dr. Alex­an­der Kle­ger.

„Ich bin stolz, dass durch die her­vor­ra­gende Arbeit und die inten­sive Zusam­men­ar­beit an der Sek­tion für Inter­dis­zi­pli­näre Pan­krea­to­lo­gie das aka­de­mi­sche Pro­fil der Kli­nik nun auch in der Behand­lung gut­ar­ti­ger Pan­kre­a­s­er­kran­kun­gen erwei­tert wer­den kann“, schließt sich Prof. Dr. Tho­mas Seuf­fer­lein, Ärzt­li­cher Direk­tor der Kli­nik für Innere Medi­zin I am UKU, an.

Bei Rück­fra­gen zu der Stu­die steht Ihnen die Sek­tion für Inter­dis­zi­pli­näre Pan­krea­to­lo­gie am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ulm tele­fo­nisch unter der 0731 500-44732 zur Ver­fü­gung.

Das Team der Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie (SIP) am UKU. V.l.: PD Dr. Lukas Perkhofer, Oberarzt der Sektion, Prof. Dr. Marko Kornmann, Stellv. Sektionsleiter, Dr. Katja Kilani, Ärztin in Weiterbildung und Prof. Dr. Alexander Kleger, Leiter der Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie und Direktor des Instituts für Molekulare Onkologe und Stammzellbiologie.

Das Team der Sek­tion für Inter­dis­zi­pli­näre Pan­krea­to­lo­gie (SIP) am UKU. V.l.: PD Dr. Lukas Perk­ho­fer, Ober­arzt der Sek­tion, Prof. Dr. Marko Korn­mann, Stellv. Sek­ti­ons­lei­ter, Dr. Katja Kilani, Ärz­tin in Wei­ter­bil­dung und Prof. Dr. Alex­an­der Kle­ger, Lei­ter der Sek­tion für Inter­dis­zi­pli­näre Pan­krea­to­lo­gie und Direk­tor des Insti­tuts für Mole­ku­lare Onko­loge und Stamm­zell­bio­lo­gie.