“Nicht über uns ohne uns” - Projekt CRISP

Wissenschaftler*innen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II diskutieren in Helsinki über die inklusive politische Teilhabe von Menschen mit Psychiatrieerfahrung

Unterstützer*innen, Forscher*innen und Aktivist*innen kamen in der vorletzten Augustwoche in Helsinki mit dem Ziel zusammen, die politische Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen voran zu bringen.

Das Seminar, das gemeinsam von der Finnischen Vereinigung für psychische Gesundheit (Mielenterveyspooli) und dem von der Europäischen Union (Horizon2020) finanzierten Projekt Citizenship, Recovery and Inclusive Society Partnership (CRISP) ausgerichtet wurde, beschäftigte sich mit der Bedeutung politischer Partizipation von Menschen mit Psychiatrieerfahrung.

Per Videochat zugeschaltet war Charlene Sunkel, Koordinatorin des Movement for Global Mental Health, Begründerin des Global Mental Health Peer Networks und selbst über persönliche Schizophrenierfahrungen verfügend. Sie betonte, wie wichtig und unverzichtbar es trotz unterschiedlicher Erfahrungen in den einzelnen Ländern sei, Menschen mit Psychiatrieerfahrung einzubeziehen.

“Als einen meiner größten Erfolge sehe ich es an, mich nicht mehr so sehr darum zu kümmern, was andere über mich denken“, sagte Sunkel und machte damit auch auf die großen Herausforderung im Umgang mit Stigma und Diskriminierung aufmerksam, aber auch auf die erreichten Fortschritte durch die globale Mental Health Bewegung in Bezug auf Aktivismus und Bürgerbeteiligung.

Wege der Partizipation
Praktiker*innen, Aktivist*innen und Forschende diskutierten unterschiedliche Wege von Partizipation. Eine Gruppe der Koala Mental Health Aktivist*innen aus Finnland diskutierte moderne Formen der Mental Health Bewegung und sprach über die Bedeutung von „Grassroot“-Ansätzen, persönlichen Kontakten sowie zu den Vor- und Nachteilen sozialer Medien für politische Veränderungen. Direkte politische Lobbyarbeit wie etwa Bürgerinitiativen wurden als eine vielversprechende Option zur politischen Mitgestaltung angesprochen.

Das Seminar war Teil einer Veranstaltungsreihe im Rahmen des von der EU geförderten Projekts Citizenship, Recovery and Inclusive Society partnership, (CRISP), das in Kooperation zwischen den Universitäten in Strathclyde, Ulm, New York und Yale sowie der Finnischen Vereinigung für psychische Gesundheit (Mielenterveyspooli) und der Mental Health Foundation in Großbritannien durchgeführt wird. Die Ulmer Arbeitsgruppe wird von Professor Dr. Nicolas Rüsch, Leiter Sektion Public Mental Health an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, geleitet.

"Die CRISP Partnerschaft bringt Forschende, Nicht-Regierungs-Organisationen und Menschen mit Psychiatrieerfahrung aus Europa und den USA zusammen, die sich über die Möglichkeiten einer verbesserten sozialen Inklusion und Teilhabe verständigen. Dazu gehört auch die Verbesserung von Teilhabe und bürgerschaftlicher Beteiligung von Menschen mit Psychiatrieerfahrung und die Beteiligung an der Entwicklung von Richtlinien und gesetzlichen Regelungen, die sich auf den Umgang mit psychischer Gesundheit auswirken", sagt Anna Macintyre, Forschungsmitarbeiterin am Centre for Health Policy an der University of Strathclyde (Schottland).

"Die Weiterentwicklung von Richtlinien und des öffentlichen Diskurses sind für die Verbesserung der psychischen Gesundheit und für das Wohlergehen der Menschen von größter Bedeutung. Menschen mit Psychiatrieerfahrung können hierzu wesentlich beitragen. Um diese Beteiligung zu ermöglichen, müssen allerdings sowohl strukturelle wie auch einstellungsbezogene Barrieren abgebaut werden. Stigmatisierung und Vorurteile können nicht nur den Zugang zu den relevanten Entscheidungsforen verhindern, sondern sich auch negativ auf die Bereitschaft auswirken, offen über psychische Probleme zu sprechen", ergänzt Alviina Alametsä, Projektmanagerin bei Mielenterveyspooli.

Gefordert wurde daher auch die Verbesserung struktureller Möglichkeiten zur Mitgestaltung bürgerschaftlichen und politischen Lebens.

"Die Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention erfordert angemessene Anpassungen, um Partizipation zu ermöglichen. Das sollte auch für politische Parteien und auch alle weiteren politischen Akteure gelten. Wir müssen Barrieren aufheben und gemeinsam dafür sorgen, dass alle Menschen politisch aktiv sein können. Wie können politische Entscheidungsprozesse unabhängig von einer psychischen Erkrankung inklusiver werden?" betont Professor Kristian Wahlbeck, Direktor für Entwicklung in der Finnischen Vereingung für psychische Gesundheit.

Zum Video mit Charlene Sunkel:
http://www.againststigma2017.com/index.php/videos/interviews

Für weitere Informationen zur CRISP Partnerschaft besuchen Sie bitte die folgende Internetseiten: www.crisppartnership.eu @CRISP_EU #CRISP_EU

Dieses Projekt wird unterstützt durch die Europäische Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020, Marie Skłodowska-Curie grant agreement No 690954.

Quelle: englischer Originaltext ins Deutsche übersetzt durch Dr. Silvia Krumm, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Universität Ulm