Professor Heiko Braak zählt zu den meistzitierten Neurowissenschaftlern weltweit. Sein bisheriges Forscherleben hat der heute 81-Jährige der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen gewidmet, allen voran Alzheimer und Parkinson. Für diese häufigen Leiden hat der vielfach ausgezeichnete Mediziner unter anderem die weltweit verwendeten „Braak-Stadien“ definiert, mit denen sich der Krankheitsverlauf anhand typischer Gehirnveränderungen einteilen lässt. Für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen in der Grundlagenforschung ist Heiko Braak am Montagabend vom Landesminister für Soziales und Integration, Manfred Lucha, mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland („Großes Bundesverdienstkreuz“) ausgezeichnet worden.
„Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer gehören zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Vieles hat die Medizin bereits erreicht und Vieles müssen wir noch lernen. Der Name Braak steht für die Erkenntnis, dass sich diese Krankheiten nach einem bestimmten Muster im Gehirn ausbreiten – die Braak-Stadien sind weltweit Standard“, sagte der Minister. Mit Einsatz und persönlicher Leidenschaft habe Professor Heiko Braak aber nicht nur maßgeblich zu einem besseren Verständnis neurodegenerativer Krankheiten beigetragen. Er gebe darüber hinaus vielen Menschen Hoffnung, Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson eines Tages zu besiegen.
Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 leitete der gebürtige Kieler Heiko Braak das Institut für Klinische Neuroanatomie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Doch auch im Ruhestand stellt Professor Braak seine langjährige Erfahrung und seinen Forscherdrang in den Dienst der Wissenschaft: Zunächst forschte der Anatom an seiner Heimatuniversität Frankfurt weiter, doch dann wurde er Gastprofessor (2009-2011) an der Ulmer Universitätsklinik für Neurologie, wo er seit 2012 als Seniorprofessor wissenschaftlich arbeitet. „Im Jahr 2000 hat Professor Heiko Braak einen hervorragenden Vortrag über die Braak-Stadien bei Parkinson an der Universität Ulm gehalten. Anschließend habe ich ihm angeboten, über den Ruhestand hinaus in meiner Klinik zu forschen. Als ich 2007 eine Absichtserklärung von Professor Braak erhielt, habe ich sofort Raum für seine Forschung geschaffen“, erinnert sich Professor Albert Ludolph, Ärztlicher Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Neurologie (RKU).
Forschungsansätze konsequent verfolgt
Mittlerweile gelten Professor Braaks Erkenntnisse zu Ausbreitungsmechanismen von Alzheimer, Parkinson und der Amyotrophen Lateralskerose als wegweisend: Der Wissenschaftler konnte zeigen, dass die charakteristischen Alpha-Synuclein-Ablagerungen bei Morbus Parkinson ihren Ausgangspunkt in Nervenzellen des Riechkolbens sowie des Magen-Darm-Trakts haben und sich erst im Krankheitsverlauf im Gehirn ausbreiten. Die Bedeutung dieser und anderer Forschungsergebnisse – auch für künftige Therapien – wurde selbst von Fachkollegen erst um das Jahr 2000 erkannt. Überzeugt von seinem wissenschaftlichen Ansatz habe Professor Braak den eingeschlagenen Weg jedoch konsequent verfolgt und stets das Patientenwohl im Blick gehabt, heißt es von Seiten der Universität Ulm. Inzwischen sind die Verdienste des Anatoms mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen gewürdigt worden. Auch zur Erforschung der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), für die er ebenfalls Stadien definiert hat, leistet Professor Braak seit 2010 wichtige Beiträge.
In Ulm forscht er gemeinsam mit seiner Ehefrau, Dr. Dr. Kelly Del Tredici-Braak. Das Ehepaar lebt in Blaustein-Herrlingen, wo auch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes in der Villa Lindenhof stattfand. Der Blausteiner Bürgermeister Thomas Kayser würdigte Heiko Braaks „außergewöhnliche Leistung in der Hirnforschung und seinen ungebrochenen Forscherdrang.“ Er hob darüber hinaus das Engagement des Ehepaars in der Gemeinde hervor – etwa bei der Aufarbeitung der Ortsgeschichte und durch Bücherspenden.
Gerade vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung sind Heiko Braaks Verdienste um die Erforschung, Behandlung und Prävention neurodegenerativer Erkrankungen nicht hoch genug einzuschätzen. Daher kann er seinen zahlreichen Auszeichnungen seit Montag auch das Große Bundesverdienstkreuz hinzufügen. „Meine Frau und ich haben uns immer gewünscht, gemeinsam und ohne umfangreiche Verwaltungsaufgaben zu einem Thema zu forschen, das uns beide interessiert. In Ulm haben wir uns diesem Traum genähert – und jetzt bekomme ich auch noch einen Orden!“, sagte Professor Braak in seiner Dankesrede.
Text und Medienkontakt: Annika Bingmann