Auf Einladung des Ärztlichen Direktors der Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie (KJP) am Universitätsklinikum Ulm, Prof. Dr Jörg M. Fegert hat Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten, am heutigen Donnerstag, 21. November 2019 Ulm besucht. Der Anlass: Frau Büdenbender hat sich ein Bild von der Arbeit mit geflüchteten Jugendlichen und deren Integration nach traumatisierenden Erfahrungen gemacht. Der Besuch ist unter anderem eine Anerkennung und Ermutigung für das seit Jahren hoch engagierte Netzwerk aus Ehrenamtlichen und Fachkräften in Ulm.
„Hand in Hand - so können wir jungen geflüchteten Menschen, die teilweise schlimme Erfahrungen gemacht und die besondere Herausforderungen zu bewältigen haben, helfen, in unserem Land Fuß zu fassen und dazuzugehören. Dies gelingt besonders gut hier, und ich freue mich, diese Zusammenarbeit mit den Schulen, mit Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Handwerk, der Handwerkskammer und deren ‚Kümmerern‘ , dem Universitätsklinikum Ulm und vor allem mit den jungen Menschen kennenlernen zu dürfen", sagte Elke Büdenbender.
Zunächst besuchte Frau Büdenbender am Vormittag eine VAB-Schulklasse (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf) der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule Ulm sowie das Autohaus Kreisser als Ausbildungsbetrieb mehrerer Geflüchteter. Dort berichteten Geschäftsführerin Petra Wieseler sowie der Geschäftsführer von Dörner Elektrotechnik in Ulm, Wolfgang Bläsius, von ihren Erfahrungen mit der Ausbildung von Geflüchteten. Zudem waren drei Auszubildende mit Fluchthintergrund als Gesprächspartner vor Ort. Am Mittag eröffnete Elke Büdenbender dann in der Villa Eberhardt die Fachtagung „Traumabewältigung, Alltag und Perspektive im Leben junger Menschen mit Fluchterfahrung“.
„Es bedarf keiner großen Vorstellungskraft, um zu erkennen, welch ein harter Weg hinter und vor diesen jungen geflüchteten Menschen liegt, die teilweise sogar unbegleitet hierherkommen – ohne die schützende Hand eines Familienmitgliedes. Für mich gibt es nur eine Möglichkeit, darauf zu reagieren: Wir müssen diese jungen Menschen aufnehmen und ihnen helfen, wo wir nur können", sagte Elke Büdenbender.
Begrüßt wurden die Teilnehmenden der Fachtagung zudem von der Sozialbürgermeisterin der Stadt Ulm, Iris Mann, dem Präsidenten der Universität Ulm, Prof. Dr. Michael Weber, dem Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm, Prof. Dr. Thomas Wirth sowie dem Leitenden Ärztlichen Direktor und Vorstandsvorsitzenden des Universitätsklinikums Ulm, Prof. Dr. Udo X. Kaisers.
Prof. Dr. Kaisers betonte, dass das Universitätsklinikum Ulm bei der Versorgung traumatisierter Patientinnen und Patienten ein Alleinstellungsmerkmal – von der Unfallchirurgie bis zur Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie – habe.
Die psychosoziale Versorgung junger Menschen mit Fluchterfahrung stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar, sowohl für ehrenamtlich Tätige als auch für Fachkräfte, betonte Prof. Dr. Jörg M. Fegert. Nur durch großes Engagement, verbunden mit fachlich fundierter, hochwertiger Arbeit sei es möglich, diesen Menschen die notwendige Unterstützung anzubieten. Im Rahmen unterschiedlicher Projekte, niedrigschwelliger psychosozialer Unterstützungsangebote und psychotherapeutischer bzw. traumafokussierter Interventionen sei die Versorgung junger Geflüchteter mit Belastungsfaktoren in unterschiedlichen Bereichen und mit unterschiedlicher Intensität möglich.
Zu diesen Angeboten gehörten z.B. spezielle traumatherapeutische und traumapädagogische Interventionen für Geflüchtete. Die in der Regel sehr schwer betroffene kleinere Gruppe junger Mädchen und Frauen, die nach Deutschland geflüchtet sind, habe hier einen speziellen Unterstützungsbedarf. Eine bundesweit große Nachfrage hätten die „SHELTER“ Kurse, E-Learning basierte Fortbildungsangebote für Ehrenamtliche und Fachkräfte, so Prof. Dr. Jörg M. Fegert. Hier könnten approbierte Psychotherapeut*innen z.B. Spezifika der Behandlung, vor dem Hintergrund der Fluchterfahrung von Kindern, Jugendlichen und Familien, erlernen. Ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern werden Grundsätze zum Verständnis von Traumafolgen vermittelt, Fachkräften in Einrichtungen der Umgang mit Krisensituationen wie selbst- und fremdgefährdendes Verhalten. Nicht zuletzt gebe es auch einen Kurs, der den Schutz vulnerabler Personen in Einrichtungen erleichtern soll. Bislang hätten 1.405 Teilnehmende diese Kurse absolviert, deren Förderung durch das Bundesforschungsministerium Ende des Jahres auslaufe. Aus Anlass des Besuches von Elke Büdenbender will die KJP des Universitätsklinikums Ulm daher mit der zweitägigen Fachtagung darauf hinweisen, dass nach wie vor ein großer Bedarf an Unterstützung, Hilfe sowie Aus- und Fortbildung besteht.
Weitere Informationen:
Der Ärztliche Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Prof. Dr. Jörg M. Fegert ist auch Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Der Beirat hat im September 2017 ein Gutachten zum Thema „Aus Kriegsgebieten geflüchtete Familien und ihre Kinder: Entwicklungsrisiken, Behandlungsangebote und Versorgungsdefizite“ vorgelegt. Im November 2019 folgte ein Gutachten „Familien mit Fluchthintergrund: Aktuelle Fakten zur Familienstruktur, Arbeitsmarktbeteiligung und Wohlbefinden“. Beide Gutachten sind über die Homepage des Beirats (https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/behoerden-beauftragte-beiraete-gremien/gutachten-des-wissenschaftlichen-beirats-fuer-familienfragen/83728) oder über den Publikationsversand der Bundesregierung „Postfach 4810, 0918132 Rostock, E-Mail: publikationen@bundesregierung.de zu beziehen.
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Prof. Dr. Jörg M. Fegert
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