Das Blut zum Spre­chen brin­gen: Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs früh erken­nen

Ulmer Wis­sen­schaft­ler wei­sen erst­mals mög­li­che Vor­stu­fen einer häu­fi­gen zys­ti­schen Art des Bauch­spei­chel­drü­sen­kar­zi­noms im Blut nach

Wis­sen­schaft­ler der Ulmer Uni­ver­si­täts­kli­nik für Innere Medi­zin I haben erst­mals gene­ti­sches Mate­rial von ent­ar­te­ten Zel­len im Blut nach­ge­wie­sen, dass die Ent­ste­hung einer bestimm­ten Art von Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs ankün­di­gen kann. Dies könnte ein ers­ter Schritt dazu sein, mit Hilfe einer Blut­un­ter­su­chung in Zukunft frühe For­men oder mög­li­che Vor­for­men die­ser häu­fi­gen Art von zys­ti­schen Bauch­spei­chel­drü­sen­tu­mo­ren zu fin­den. Bis­her wird diese Erkran­kung meist nur zufäl­lig oder zu spät ent­deckt, was die The­ra­pie­mög­lich­kei­ten mas­siv ein­schränkt. Die Erkennt­nisse wur­den in der August­aus­gabe des welt­weit füh­ren­den Jour­nals des Fach­ge­bie­tes, Gas­tro­en­te­ro­logy, ver­öf­fent­licht.

Bis­her lässt sich eine der häu­fi­gen Arten von zys­ti­schem Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs, genannt IPMN, nur mit bild­ge­ben­den Ver­fah­ren wie CT, MRT oder mit endo­sko­pi­schem Ultra­schall aus­fin­dig machen. Daher wird die Erkran­kung oft nur zufäl­lig und meist erst in einem fort­ge­schrit­te­nen Sta­dium erkannt. „Das wol­len wir nicht hin­neh­men“, sagt Prof. Dr. Tho­mas Seuf­fer­lein, Ärzt­li­cher Direk­tor der Ulmer Uni­ver­si­täts­kli­nik für Innere Medi­zin I, und einer der Seni­or­au­toren der Stu­die. „Wir haben daher das Blut ‚befragt‘ und es zum Spre­chen gebracht.“

Blut­un­ter­su­chung statt CT

Den Wis­sen­schaft­lern ist es gelun­gen, im Blut aus­sa­ge­kräf­ti­ges gene­ti­sches Mate­rial, das die ent­ar­te­ten Zel­len abson­dern, zu ana­ly­sie­ren und in sei­ner Menge zu bestim­men. Dabei han­delt es sich um die zir­ku­lie­rende zell-​freie DNA (cir­cu­la­ting cell-​free DNA, cfDNA). „Wir konn­ten diese spe­zi­el­len gene­ti­schen Spu­ren von ent­ar­te­ten Zel­len in hoher Kon­zen­tra­tion bei Pati­en­ten mit zys­ti­schen Bauch­spei­chel­drü­sen­tu­mo­ren, den soge­nann­ten IPMN, nach­wei­sen“, berich­tet Dr. Andreas W. Ber­ger, Assis­tenz­arzt und Erst­au­tor der Stu­die. Dass bestimmte IPMN sich zu einem bös­ar­ti­gen Tumor ent­wi­ckeln kön­nen, ist bekannt – unbe­kannt ist jedoch der Zeit­punkt. Daher wer­den die betrof­fe­nen Pati­en­ten eng­ma­schig beob­ach­tet. Dies ist bis­her nur mit bild­ge­ben­den Ver­fah­ren mög­lich, die ent­we­der jeweils eine Strah­len­be­las­tung für die Pati­en­ten bedeu­ten, sehr teuer sind oder einen inva­si­ven Cha­rak­ter mit mög­li­chen Kom­pli­ka­tio­nen haben. „Die Grund­lage für die Über­wa­chung der Krank­heits­ent­wick­lung durch eine ein­fa­che Blut­un­ter­su­chung zu schaf­fen, stellt einen Durch­bruch dar“, so Ber­ger.

Wann ent­steht aus Vor­stu­fen tat­säch­lich ein Tumor?

Die Erkennt­nisse der Ulmer Wis­sen­schaft­ler könn­ten ein ers­ter Schritt sein, um in Zukunft z.B. eine mali­gne Ent­ar­tung sol­cher IPMN hin zu Bau­spei­chel­drü­sen­tu­mo­ren durch Blut­un­ter­su­chun­gen im Rah­men von Scree­nings früh zu erken­nen. Dazu ist aber wei­tere For­schung nötig. „Jetzt gilt es her­aus­zu­fin­den, ob das Blut uns in Kom­bi­na­tion mit ande­ren Ver­än­de­run­gen der Bauch­spei­chel­drüse auch ver­rät, wann aus Vor­stu­fen tat­säch­lich ein Tumor ent­steht – und wann nicht“, erläu­tert Ober­arzt Prof. Dr. Alex­an­der Kle­ger, der zweite Seni­or­au­tor der Stu­die. Unter­stützt wur­den die Ulmer Wis­sen­schaft­ler von Kol­le­gen am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Hei­del­berg und der Uni­kli­nik RWTH Aachen. „Eine bes­sere Dia­gnos­tik ist beson­ders in der Krebs­me­di­zin ein ent­schei­den­der Fak­tor, um The­ra­pien recht­zei­tig ein­lei­ten zu kön­nen. Hier geht die Gruppe um Herrn Pro­fes­sor Seuf­fer­lein neue Wege“, freut sich der Lei­tende Ärzt­li­che Direk­tor des Ulmer Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums, Prof. Dr. Udo X. Kai­sers.

Die Bauch­spei­chel­drüse

Die Bauch­spei­chel­drüse regu­liert u.a. Ver­dau­ungs­pro­zesse und den Blut­zu­cker­spie­gel. Die intra­duktal papil­lär mus­zi­nöse Neo­pla­sie (IPMN) ist der häu­figste zys­ti­sche  Bau­spei­chel­drü­sen­tu­mor. Betrof­fen sind im Durch­schnitt Men­schen Im Alter von 60 bis 70 Jah­ren. Die IPMN kom­men häu­fi­ger bei Män­nern als bei Frauen vor (Ver­hält­nis 3:2). In ca. 25 Pro­zent der Fälle ist eine Ent­ar­tung hin zum Bau­spei­chel­drü­sen­tu­mor mög­lich. In Stu­dien bei Pati­en­ten ohne Bauch­spei­chel­drü­sen­tu­mor fan­den sich 2,6 Zys­ten pro 100 Pati­en­ten (Prä­va­lenz).

Die Publi­ka­tion in Gas­tro­en­te­ro­logy(2016;151:267-270) hat fol­gen­den Titel: Detec­tion of Hot-​Spot Muta­ti­ons in Cir­cu­la­ting Cell-​Free DNA from Pati­ents with Intra­duc­tal Papil­lary Muci­nous Neo­plasms of the Pan­creas.  http://www.gastro­jour­nal.org/article/S0016-5085(16)34338-4/pdf

 

Das Foto im Anhang zeigt: (v.l.) Prof. Dr. Alex­an­der Kle­ger, Prof. Dr. Tho­mas Seuf­fer­lein, Dr. Andreas W. Ber­ger (Foto: Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ulm)

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(v.l.) Prof. Dr. Alexander Kleger, Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Dr. Andreas W. Berger (Foto: Universitätsklinikum Ulm)

(v.l.) Prof. Dr. Alex­an­der Kle­ger, Prof. Dr. Tho­mas Seuf­fer­lein, Dr. Andreas W. Ber­ger (Foto: Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ulm)