Deutschland und die Weltgemeinschaft sind zunehmend von Katastrophen betroffen oder bedroht. Naturkatastrophen, Terroranschläge oder Großbrände können heute unvorstellbare Dimensionen annehmen, die Hilfs- und Rettungssysteme vor ganz neue Aufgaben stellen. Die Sommerakademie Katastrophenmedizin und Humanitäre Hilfe bereitet Ärztinnen und Ärzte von morgen auf Einsätze in solchen Szenarien vor. 60 Studierende der Humanmedizin von 22 verschiedenen Universitäten in Deutschland, der Schweiz und Österreich nehmen in dieser Woche in Ulm daran teil. Die Sommerakademie ist ein Baustein im bundesweiten Bestreben, die Ausbildung von Ärzten in diesem Bereich angesichts der steigenden Zahl von Katastrophen zu verbessern. Veranstalter ist die Stiftung des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Zusammenarbeit mit dem Bundeswehrkrankenhaus Ulm und der Universität Ulm mit dem Universitätsklinikum. Bundesinnenminister Lothar de Maizière, Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall sowie Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner haben die Schirmherrschaft der Akademie übernommen.
Helfer müssen gut ausgebildet sein
Was tut ein Arzt inmitten eines Katastrophenszenarios, an einem chaotischen unsicheren Ort mit vielen Verletzten? „Professionelle Hilfe ist nur möglich, wenn die Helfer gut ausgebildet sind. Ärzte spielen eine Schlüsselrolle, daher wollen wir ihnen schon in ihrer Ausbildung Grundlagen der Katastrophenmedizin und der Humanitären Einsätze vermitteln. Dazu dient unsere Sommerakademie“, erläutern Dr. Stefan Gromer und Dr. Tobias Kees, Geschäftsführer der Stiftung des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin, die die Sommerakademie zum fünften Mal organisiert, in diesem Jahr erstmals in Ulm.
Bevor ein Arzt in einem Katastrophen- und humanitären Einsatz sinnvoll helfen kann, muss er mit anderen Akteuren die Hilfe sinnvoll organisieren. „Die Studierenden lernen u.a., welche Akteure es gibt, wie die rechtliche Lage ist und wie die Aufgaben verteilt werden können. Sie trainieren beispielsweise auch, nach welchen Kriterien ein Arzt entscheidet, wer am dringendsten medizinische Hilfe braucht“, erklären Dr. Johannes Schad und Dr. Jan Grundgeiger vom Organisationsteam der Stiftung. Auch ethische Fragen und der Umgang mit fremden Kulturen bei Auslandseinsätzen stehen im Fokus.
Besondere medizinische Kenntnisse notwendig
„Ich wollte schon immer mehr über Katastropheneinsätze und humanitäre Hilfe lernen, weil ich mir eine Tätigkeit auf diesen Gebieten gut vorstellen kann. Vor meinem Medizinstudium habe ich im Rettungsdienst gearbeitet und möchte wissen, wie Hilfseinsätze im Großen aussehen können und wie ich mich als Arzt hier einbringen kann. Dazu ist die Sommerakademie eine sehr gute Gelegenheit“, sagt Teilnehmer Alexander Zettl, der im 11. Semester Humanmedizin in Nürnberg studiert.
Entscheidend sind für Ärzte auch spezielle medizinische Kenntnisse, beispielsweise bei der Versorgung schwerer Brandverletzungen, hochansteckender Infektionen oder schwerer Knochenbrüche. Unter vielen erfahrenen Dozenten aus Theorie und Praxis sind auch die Ulmer Gastgeber vom Bundeswehrkrankenhaus und der Universität in der Akademie engagiert. „Wir trainieren mit den Studierenden unter anderem, wie man Knochenbrüche fixiert oder Nähte setzt – und schöpfen dabei aus unserer großen Erfahrung in der Versorgung Schwerstverletzter“, beschreibt Dr. Christoph Riepl, kommissarischer Leitender Oberarzt der Ulmer Universitätsklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie. Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. Matthias Helm, Leiter Sektion Notfallmedizin am Bundeswehrkrankenhaus Ulm: „Von uns lernen die Studierenden beispielsweise, wie die Atemwege bei Schwerverletzten freigehalten werden können und wir stellen mit unserer Expertise im Luftrettungsdienst den Rettungshubschrauber mit seinen Funktionen vor.“
Katastrophenmedizin für angehende Ärzte zugänglich machen
Die bessere Ausbildung von Ärzten im Bereich der Katastrophenmedizin und der Humanitären Einsätze wird von verschiedenen Organisationen bundesweit gefordert und gefördert, u.a. vom Deutschen Institut für Katastrophenmedizin, der Schutzkommission beim Bundesministerium des Inneren, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Die Sommerakademie ist ein wichtiger Baustein, um die Katastrophenmedizin für Medizinstudierende zugänglich zu machen, da sie im regulären Lehrplan derzeit nicht fest verankert ist.
Informationen zu den Fotos
Bild 56386: Sie wollen Studierenden die Chance geben, mehr über Katastrophenmedizin und humanitäre Einsätze zu lernen: (v. l.) Dr. med. Johannes Schad (Ärztlicher Leiter Stiftung des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin), Dr. med. Christoph Riepl (Kommissarischer Leitender Oberarzt,Ulmer Universitätsklinik für Unfall-, Hand-, plastische und Wiederherstellungschirurgie), Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. med. Matthias Helm (Leiter der Sektion Notfallmedizin Bundeswehrkrankenhaus Ulm), Dr. med. Stefan Gromer (Geschäftsführer Stiftung des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin)
Bild 56383: Dr. Christoph Riepl (links) übt mit Teilnehmern der Sommerakademie, wie man Knochenbrüche schnell von außen mit sogenannten externen Fixateuren stabilisieren kann.
Bild 56385: Dr. Johannes Schad trainiert mit Studierenden am Modell, wie man Thoraxdrainagen legt, um die Lungenfunktion zu erhalten. Durch die Drainage wird der für die Lungenfunktion notwendige physiologische Unterdruck zwischen Lungenoberfläche und Rippenfell wiederhergestellt oder erhalten. (Hinweis für die Redaktionen: Die verwendeten Modelle sind Abfallprodukte des Schlachthofes)
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