Der Ulmer Unfallchirurg Dr. Björn Drews ist für seine innovative Forschung zur Funktion eines Kniebandes mit dem Alwin Jäger Preis ausgezeichnet worden. Er untersuchte ein dünnes Band im Knie, dessen Funktion seit seiner „Wiederentdeckung“ durch belgische Ärzte 2013 in der Fachwelt stark diskutiert wird. Nach ihrer Überzeugung verbessert ein Ersatz dieses Anterolateralen Ligaments (ALL) die Rotationsstabilität von Knien nach Operationen der vorderen Kreuzbänder. In biomechanischen Versuchsreihen fand Dr. Drews mit seinem Team heraus, dass das winzige Band aber fast keinen Einfluss auf die Rotationsstabilität hat.
Von einem Riss oder einer Verletzung der Vorderen Kreuzbänder sind Sportler besonders häufig betroffen, ein bekanntes Beispiel ist der Fußballer Sami Khedira. In Deutschland ziehen sich jährlich rund 50.000 Menschen diese Verletzung zu. Die kaputten Kreuzbänder können in einer Operation durch Sehnen ersetzt werden, mitunter bleibt das Knie bei manchen Patienten aber auch nach der OP instabil und verdreht sich – Mediziner sprechen hier vom „Pivot shift“. Als belgische Ärzte 2013 ein bereits im 19. Jahrhundert entdecktes winziges Band im Knie neu beschrieben, gingen sie davon aus, dass ein Ersatz dieses Anterolateralen Ligaments (ALL) das Knie nach einer Operation der vorderen Kreuzbänder stabilisiert. Dieser Ansatz wird seitdem diskutiert und erforscht.
„Wir wollten wissen, wie sich das ALL in der Bewegung des Knies verhält, denn darüber ist noch sehr wenig bekannt“, erläutert Preisträger Dr. Björn Drews, Facharzt der Ulmer Universitätsklinik für Unfall-, Hand-, plastische und Wiederherstellungschirurgie (Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Florian Gebhard). In einem Kniesimulator setzte das Team um Dr. Drews besonders präparierte Kniegelenke Beuge- und Drehbewegungen aus, zum Teil unter extra Belastung, und beobachtete die Auswirkungen auf das Band. „Wir konnten feststellen, dass das ALL bei passiver Bewegung ohne zusätzliche äußere Krafteinwirkung ohne Funktion bleibt, also keinen wesentlichen stabilisierenden Effekt hat. Aufgrund dieser Erkenntnisse können wir in einem Ersatz des ALL im Rahmen einer Operation der vorderen Kreuzbänder keinen zusätzlichen Nutzen für die Stabilität erkennen“, erläutert der 33-jährige Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie das Ergebnis seiner Studie. „Der Fortschritt in der Medizin lebt von der gemeinsamen und auch kontroversen Suche nach der besten Therapie. Wir freuen uns, dass Herr Dr. Drews als junger Wissenschaftler und Arzt mit seiner innovativen Studie Teil dieser aktuellen Diskussion im Bereich der Knieoperationen ist“, betont Prof. Dr. Udo X. Kaisers, der Leitende Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Ulm.
Für die innovative Teamarbeit in den biomechanischen Laboren des Ulmer Universitätsklinikums wurde Dr. Björn Drews mit dem Alwin Jäger Preis ausgezeichnet, zusammen mit dem Schweizer Orthopäden PD Dr. Oliver Kessler, Prof. Dr. Anita Ignatius und apl. Prof. Dr. Lutz Dürselen (Direktorin und stellvertretender Direktor des Instituts für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik des Universitätsklinikums Ulm). Der Preis wurde kürzlich auf dem Fachkongress der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) in Basel von der Alwin Jäger Stiftung verliehen (www.alwinjaegerstiftung.de). Ziel der Stiftung ist, die Arthroskopie und minimal-invasive Orthopädie zum Wohle der Patienten weltweit voranzutreiben. Der Preis gilt europaweit als angesehener Innovationspreis des Fachgebiets und ist mit 2.500 Euro dotiert.
Im Anhang finden Sie ein Foto des Preisträgers Dr. Björn Drews beim Kongress in Basel (Foto: Intercongress/T.Tanzyna).