Im Land und der Region sinken die COVID-19-Infektionen und allmählich entspannt sich die Lage auch am Universitätsklinikum Ulm (UKU). Noch bis vor wenigen Tagen waren die COVID-Intensivstationen am UKU stark ausgelastet, aktuell sind es weniger als fünf Patient*innen, die dort intensivmedizinisch versorgt werden müssen. Eine positive Entwicklung, die diese Woche durch die Rückgabe eines Geräts zur Extrakorporalen Membranoxygenisierung (ECMO) an das Bundeswehrkrankenhaus Ulm (BWK) greifbar wurde.
In den Hochzeiten der Pandemie war jeder verfügbare Beatmungsplatz wichtig, vor allem solche, die zusätzlich mit hochspezialisierten ECMO-Geräten ausgestattet sind. Im April dieses Jahrs hatte das BWK dem benachbarten UKU daher ein solches Gerät zur Versorgung schwerstkranker COVID-Patientinnen und Patienten zur Verfügung gestellt. „Das BWK hat uns hier schnell und effektiv unterstützt und mit der Bereitstellung dazu beigetragen, dass wir die Versorgung einer großen Anzahl schwerkranker COVID-Patientinnen und -Patienten sicherstellen konnten“, erklärt Prof. Bettina Jungwirth, Ärztliche Direktorin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am UKU. „Corona hat die Kliniken vor eine immense Herausforderung gestellt, aber in der Pandemie wurde auch deutlich, was möglich ist, wenn wir unsere Kräfte bündeln und uns gegenseitig unterstützen“, so Prof. Karl Träger, Leiter der Interdisziplinären operativen Intensivstation der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Das ECMO-Gerät ist ein Unterstützungssystem, das das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff versorgt, Kohlendioxid entfernt und das mit Sauerstoff angereicherte Blut wieder in den Körper zurück pumpt. Das Gerät übernimmt dabei die Arbeit der Lunge, die sich so regenerieren kann. Für COVID-Patient*innen mit sehr schweren Verläufen, ist die ECMO-Behandlung oftmals die letzte Option. Das UKU ist das einzige ECMO-Zentrum in der Region und hat von 17.03.2020 bis 01.07.2021 insgesamt 181 COVID-Patient*innen behandelt, die invasiv beatmet werden mussten, davon waren 54 auf die hochspezialisierte ECMO-Versorgung angewiesen. „Wir stehen mit den Kolleginnen und Kollegen am UKU in engem Kontakt und freuen uns, dass wir sie in dieser für uns alle herausfordernden Zeit unterstützen konnten. Die räumliche Nähe und dass wir vorher schon eine enge Zusammenarbeit vereinbart hatten, war natürlich ein großer Vorteil“, erklärt Oberstarzt Dr. Ralf Hartmann MBA, stellvertretender Kommandeur und Ärztlicher Direktor des BWK Ulm.
Die gute Zusammenarbeit mit dem BWK steht exemplarisch für eine Vielzahl gelungener Kooperationen und für ein erfolgreiches Miteinander in der Corona-Pandemie – von einer Klinik zur anderen, über Stadtgrenzen hinweg aber nicht zuletzt auch innerhalb des UKU. Denn nicht nur die unmittelbare Hilfe aus der Nachbarschaft und das Regionen übergreifende Clusterkonzept sind entscheidend für die Bewältigung der Pandemie, auch klinikintern ist und bleibt die Unterstützung anderer Fachgebiete essentiell. „Die einzelnen Kliniken des Uniklinikums haben in den vergangenen Monaten vorbildlich zusammengearbeitet und die besonders belasteten Bereiche unterstützt, egal ob am Michelsberg, Safranberg oder am Oberen Eselsberg“, so Prof. Dr. Udo X. Kaisers, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Ulm. Manche Klinikbereiche sind besonders eng miteinander verflochten. Die starke Belastung der Intensivstationen haben auch all jene Kliniken mitgetragen, die unter normalen Bedingungen einen hohen Bedarf an intensivmedizinischer Betreuung haben. „Die Versorgung der COVID-Patientinnen und -Patienten hatte somit auch starke Auswirkungen auf andere Fachbereiche, wie beispielsweise auf die Herzchirurgie, wo jeder Patient im Anschluss an die OP auch eine hochspezialisierte intensivmedizinische Betreuung braucht“, erklärt Prof. Andreas Liebold, Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie am UKU. Die Kapazitäten waren auch hier stark reduziert, die Patientenversorgung nicht im gewohnten Umfang möglich. „Gleichzeitig konnte sich unser Team Dank der großen Expertise bei der Behandlung der COVID-Patientinnen und -Patienten einbringen, gerade im Bereich der ECMO-Versorgung“, so Prof. Liebold. Entsprechend wurde ein Teil der Interdisziplinären Operativen Intensivstation während der Pandemie vorübergehend zur COVID-Station umfunktioniert und die bereits etablierte ECMO-Therapie hier zentriert. Die klinikinterne Entsendung von Personal war ein wichtiger Baustein bei der Bewältigung der Pandemie. Alle Fachbereiche von Innerer Medizin, Chirurgie und Urologie, von HNO-, Frauen- und Augenklinik, von Kinder- und Jugendmedizin bis zur Psychiatrie und Psychosomatik haben an einem Strang gezogen und teils erhebliche Einschränkungen im eigenen Bereich in Kauf genommen.
Die Versorgung der ECMO-Patient*innen ist sehr zeit- und personalintensiv, bedarf speziellem Fachwissen und ist vor allem eine eindrucksvolle Teamleistung, bei der jeder Einzelne gefordert ist: Von Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften, Mitarbeiter*innen der Reinigung, Verwaltung und Hygiene bis zu den Kardiotechniker*innen. Diese stellen die komplexen medizinischen Geräte bereit und sorgen für die korrekte Aufbereitung. Bei der Inbetriebnahme unterstützen sie ebenfalls, auch wenn ein*e Patient*in aus einer anderen Klinik in das UKU verlegt wird, sind sie immer mit dabei. Der Rückgang der Patientenzahlen auf der COVID-Intensivstation gibt dem gesamten Team Gelegenheit zum Durchatmen. „Dass wir heute ein ECMO-Gerät zurückgeben können, ist daher ein sehr gutes Zeichen und steht für eine Entwicklung, die wir alle herbeigesehnt haben, erklärt Ulrich Kottke, Fachintensivpfleger und Stationsleitung der Intensivstation. Damit es so bleibt, ist aber weiterhin Vorsicht geboten. Denn trotz sinkender Neuinfektionen und spürbaren Lockerungen ist die Pandemie noch nicht vorbei. Um die Pandemie weiterhin gemeinsam zu bewältigen, ist es nach wie vor wichtig, die AHA-Regeln zu beachten und sich nach Möglichkeit impfen zu lassen – so kann jede*r Einzelne dazu beitragen, dass der Ausflug des ECMO-Geräts am Oberen Eselsberg einmalig bleibt.
Versorgung von COVID-19-Patient*innen am UKU
- Von 17.03.2020 bis 01.07.2021 wurden am Universitätsklinikum Ulm 305 COVID-Patient*innen auf der Intensivstation versorgt. 181 Patient*innen mussten invasiv beatmet werden, davon wurden 54 Patient*innen zusätzlich mit extrakorporalem Gasaustausch (ECMO) behandelt.
- Im Intensivversorgungs-Cluster Ulm (Kreise Alb-Donau-Kreis, Biberach, Göppingen, Heidenheim, Ostalbkreis, Ravensburg und Ulm), in dem 1,5 Mio. Einwohner leben, wurden bis zum Meldedatum 29.06.2021 69.260 Neuinfektionen nachgewiesenen.
- Seit dem 24.04.2020 wurden im Intensivregister 16.380 Intensivbehandlungstage und davon 10.044 Beatmungstage gemeldet.
- Auf den Stadtkreis Ulm entfielen von allen Intensivbehandlungstagen im Cluster 33,9 Prozent und von allen Beatmungstagen 39,2 Prozent. Diese intensivmedizinische Versorgung wurden im Wesentlichen durch das Universitätsklinikum Ulm erbracht.