Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den aggressivsten und am schwierigsten zu behandelnden Krebserkrankungen. Mit insgesamt 1,3 Millionen Euro fördert die Deutsche Krebshilfe ein neues Verbundprojekt, in dem erforscht werden soll, wie Therapieresistenzen bei dieser Krebsart verhindert werden können. Das Projekt wird unter Federführung des Westdeutschen Tumorzentrums (WTZ) des Universitätsklinikums Essen an insgesamt sechs Standorten – darunter das Universitätsklinikum Ulm – durchgeführt.
Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den Krebserkrankungen mit der höchsten krebsbedingten Sterblichkeit. Besonders das sogenannte duktale Pankreaskarzinom ist kaum behandelbar, weil die Tumorzellen gegen verfügbare Medikamente schnell resistent werden. „Nahezu jeder Patient entwickelt im Verlauf der Behandlung Resistenzen gegenüber einer Chemotherapie oder ist schon zu Beginn der Therapie resistent“, sagt Projektleiter Professor Dr. Jens Siveke, der am WTZ die Professur für Translationale Onkologie des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) innehat.
Der Grund dafür sind hochdynamische Prozesse im Erbgut des Tumors: Chromosomen bestehen aus einem Komplex aus DNA und Proteinen, dem sogenannten Chromatin. Ist die Chromatinstruktur stark kondensiert, hat die zelluläre Maschinerie keinen Zugang zur DNA. In gelockerter Form können dagegen Gene aktiviert werden. Durch Fehlregulationen werden so auch Abschnitte des Genoms freigelegt, die für die Entstehung von Therapieresistenzen verantwortlich sind. Regulatorische Proteine, die den Kondensationsgrad und Ort des Chromatins kontrollieren, sind somit auch vielversprechende Zielstrukturen, um Resistenzen gegenüber Krebstherapien zu überwinden.
Im Rahmen des Verbundprojektes „Regulatoren von Tumorplastizität als therapeutische Zielstrukturen beim Duktalen Pankreaskarzinom“ (Targeting Plasticity in Pancreatic Ductal AdenoCarcinoma; PIPAC) wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Mechanismen der Chromatinregulation identifizieren, die Genorte einer Chemotherapieresistenz kontrollieren. Außerdem arbeiten die Forscher daran, bestimmte Regulationswege des Tumors gezielt umzuprogrammieren, damit er für Medikamente und Immuntherapien wieder angreifbar wird.
Das Konsortium kombiniert dabei neueste Techniken der Chromatin- und Genomanalyse mit einem gezieltem „Drug-Development“-Ansatz. Die molekularen Ursachen von Resistenzen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs werden sowohl an neu entwickelten in-vitro- und in-vivo-Modellen, als auch an Tumorproben aus klinischen Studien untersucht.
Ulmer Wissenschaftler untersuchen Chromatinregulation
Ulmer Expertise werden Professor Dr. Thomas Seufferlein und Dr. Dr. Patrick Hermann beisteuern. Professor Seufferlein, Direktor der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm, bringt hier seine langjährige Erfahrung in der Krebstherapie ein: Unter anderem im Rahmen des Comprehensive Cancer Centers Ulm (CCCU) leitet er national und international hochaktuelle Studien zur Therapie des Pankreaskarzinoms. Proben aus diesen Studien werden auch in dem neuen Forschungsprojekt untersucht werden. „Die enge Verzahnung von Grundlagenforschung und klinischen Studien wie sie an unserer Klinik praktiziert wird, ist für die erfolgreiche Therapie von Pankreaskarzinomen absolut essentiell“, betont Professor Seufferlein. „Gerade große Verbundprojekte wie dieses bieten die Chance, Experten aus verschiedenen Gebieten wie der Grundlagen- und klinischen Forschung sowie praktizierende Ärzte an verschiedenen Forschungsstandorten zusammenzuführen, und einen neuartigen und vielversprechenden Therapieansatz gemeinsam zu untersuchen. Dies kann dann Patienten auch rasch als neue Therapieoption angeboten werden“, ergänzt der stellvertretende Sprecher des CCCU.
Dr. Dr. Patrick Hermann, Leiter einer Max-Eder-Forschungsgruppe und Assistenzarzt an der Klinik für Innere Medizin I untersucht im Rahmen des Verbundprojekts die Chromatinregulation in Tumorstammzellen. „Diese Zellen kommen im Pankreaskarzinom aber auch in vielen anderen Tumoren vor und sind für die Therapieresistenz, aber auch für die Metastasierung verantwortlich. Damit bestimmen sie letztlich die Aggressivität der Tumoren“, erläutert Dr. Dr. Hermann. „Eine erfolgreiche Eliminierung dieser Zellen ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.“
Das Verbundprojekt schließt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätskliniken Bochum, Frankfurt, Göttingen, Ulm und Würzburg ein. Es wurde von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Förderschwerpunkts „Translationale Onkologie“ in einem zweistufigen Auswahlverfahren als eines von vier geförderten Projekten ausgewählt und wird über einen Zeitraum von drei Jahren mit insgesamt 1,3 Millionen Euro gefördert.
(Text: Universität Duisburg-Essen // Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm)