Eine Neurochirurgie in Malawi aufbauen und fördern – mit diesem Ziel hat Prof. Dr. Thomas Kapapa, leitender Oberarzt der Klinik für Nerurochirurgie am Universitätsklinikum Ulm (UKU), vor wenigen Jahren das „Malawi-Germany Neurosurgery Project“ ins Leben gerufen. Seitdem konnten unter anderem ein regelmäßiger Austausch, gegenseitige Besuche sowie die Implementierung neurochirurgischer Standards in Malawi erfolgreich etabliert werden. Mittlerweile ist das Projekt in die zweite Phase gestartet.
Drei Neurochirurg*innen für rund 20 Millionen Menschen. Was in Ulm schwer vorstellbar scheint, ist im ostafrikanischen Malawi Realität. Gemeinsam mit seinem malawischen Freund und Kollegen Prof. Dr. Patrick Kamalo gründete Prof. Dr. Thomas Kapapa 2017 das „Malawi-Germany Neurosurgery Project“. Durch Wissenstransfer, praktische und theoretische Trainings zur Qualifikation und zum Kompetenzerwerb, Netzwerkbildung sowie kulturellen Austausch soll die Weiterentwicklung einer Neurochirurgie im Queen Elizabeth Central Hospital in Blantyre unterstützt werden.
Inzwischen ist das „Malawi-Germany Neurosurgery Project“ in die nächste Phase gestartet, wie Prof. Thomas Kapapa erklärt: „Der Aufbau der neurochirurgischen Basisversorgung vor Ort ist mittlerweile weitestgehend abgeschlossen. In der ersten Phase von 2020 bis 2022 konnten wir die Anzahl von behandelten Patientinnen und Patienten in Blantyre von 491 auf 935 erhöhen und die neurochirurgischen Eingriffe stiegen von 377 auf 702. Hierbei konnten wir die Sterblichkeitsrate von neurochirurgischen Erkrankungen im Krankenhaus von 16 auf 12 Prozent senken“. Darüber hinaus wurden durch Lehr- und Trainingsveranstaltungen in Deutschland und Malawi über 120 Mitarbeitende für die neurochirurgische Gesundheitsversorgung in der Klinik spezialisiert – darunter auch die Ausbildung der ersten Neurochirurgin in Malawi. Gemeinsam mit der Universität Ulm wurde zusätzlich ein Studierendenaustausch ins Leben gerufen, der den Besuch und den bilateralen Austausch von Studierenden aus Malawi und Deutschland an der jeweils anderen Universität ermöglicht.
„In der zweiten Phase bis 2025 sollen nun die Strukturen in Malawi zunehmend ohne unser Zutun aus Deutschland genutzt werden. So können auch Seminare, Workshops und Standardverfahren vermehrt von den Malawiern selbst geplant und durchgeführt werden“, stellt Prof. Kapapa klar. Allerdings sind der regelmäßige Austausch und die Besuche vor Ort – in Ulm und Blantyre – nach wie vor wichtig, um die Kolleg*innen weiterhin unterstützen zu können. „Im Oktober kamen Pflegekräfte sowie Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten nach Ulm. Im November ist dann ein Gegenbesuch in Blantyre vorgesehen”, ergänzt Prof. Thomas Kapapa.
In nur wenigen Jahren konnten mithilfe des Projekts erste neurochirurgische Strukturen am Queen Elizabeth Central Hospital in Blantyre erfolgreich aufgebaut sowie grundlegende theoretische und praktische Kenntnisse vermittelt werden. „Es freut mich sehr, dass wir die Zusammenarbeit der deutschen und malawischen Kolleginnen und Kollegen intensiviert und damit sowohl aus humanitärer als auch aus wissenschaftlicher Sicht einen bedeutenden Fortschritt für die neurochirurgische Versorgung in Malawi erreicht haben“, so Prof. Thomas Kapapa. „Ich bin sehr dankbar, dass wir mit der Hilfe zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am UKU sowie vielen weiteren Unterstützern das Projekt so schnell vorantreiben konnten und nun in die nächste Phase gestartet sind“.
Die Weiterführung des „Malawi-Germany Neurosurgery Project“ wird in den nächsten zwei Jahren von der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung mit einer Summe in Höhe von 300.000 € gefördert.
Seit Bestehen des Projekts gab es bereits mehrere gegenseitige Besuche in Ulm bzw. in Blantyre. So konnte im April dieses Jahr ein fünfköpfiges interdisziplinäres Team aus Malawi für einen Monat am Universitätsklinikum Ulm Erfahrungen sammeln, Prozesse kennenlernen sowie ihren Wissensstand in den Bereichen Physiotherapie, Intensiv- und OP-Pflege sowie Neurochirurgie vertiefen. „Das Hauptziel besteht darin, zu sehen, wie der Umgang hier mit den Patientinnen und Patienten ist und wie ihnen mit modernen Behandlungsmethoden geholfen wird. So können wir einige dieser Abläufe und Maßnahmen lernen und weitergeben”, verdeutlicht der malawische Physiotherapeut Daston Myomdo. Bei der Einführung technischer Geräte steht für alle fest: Die Ausrüstung ist entscheidend. „Einige der Dinge, die wir hier gelernt haben, erfordern Mittel, die wir in Malawi derzeit nicht besitzen. Diese Technologien würden die Arbeit präziser und auch einfacher gestalten, allerdings benötigen wir dafür gewisse Ressourcen und auch mehr Personal. Wir können in Blantyre also nur langsam Dinge anpassen und ändern”, erklärt der Neurochirurg Yollam Makanjira.