Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst unterstützt den Aufbau eines Zentrums für Traumaforschung an der Universität Ulm mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von insgesamt rund 3 Mio. Euro über die kommenden sechs Jahre. Die Förderung gliedert sich auf in die Finanzierung von zwei W3-Professuren zur Leitung von zwei Arbeitsgruppen sowie deren Sach- und Personalausstattung. Die Universität Ulm selbst beteiligt sich mit ca. 1,3 Mio. Euro.
Forschungsministerin Theresia Bauer übergab am Montag (18. Januar) in Ulm persönlich den Förderbescheid an Vertreter der Universität und begründete dabei ihre Förderentscheidung: „Die Traumaforschung in Ulm gilt national und international als herausragend. Mit ihr hat sich in Ulm ein deutschlandweit bemerkenswertes Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Diese Kompetenz wollen wir stärken – um die Behandlungsmöglichkeiten für körperlich und seelisch durch Unfall oder Gewalteinwirkung verletzte Menschen gezielt zu verbessern“. Ziel des Zentrums sei es, die komplexen Schädigungsmechanismen der eng zusammenhängenden körperlichen und psychischen Traumata besser zu verstehen, neue Therapieformen zu entwickeln und Langzeitschäden zu verringern, so die Ministerin.
Exzellente fächerübergreifende Verbindung
Mit dem Zentrum soll das Zusammenwirken der Forschungsbereiche zu physischen und psychischen Traumata in Ulm zum Schwerpunkt ausgebaut und durch Synergieeffekte nachhaltig gestärkt werden. Grundlage hierfür ist die exzellente fächerübergreifende Verbindung von Grundlagen-, klinischer und translationaler Forschung sowie klinischer Traumaversorgung am Standort Ulm. Das mit der Förderung des Forschungsministeriums verbundene „Startkapital“ soll nun dazu genutzt werden, eine Arbeitsgruppe für Klinische und Experimentelle Trauma-Immunologie sowie eine Arbeitsgruppe für Trauma- und Akut-Kinder- und Jugendpsychiatrie aufzubauen.
„Die Relevanz der Erforschung von Traumata liegt auf der Hand: Jährlich erleidet in Deutschland etwa jeder zehnte Mensch ein Trauma aufgrund eines Unfalls. Aber auch angesichts der noch immer erschreckend hohen Zahlen von Gewalt zum Beispiel gegenüber Kindern oder angesichts der bei uns lebenden Opfer von Terror und Krieg müssen wir alles unternehmen, um diese körperlichen und seelischen Verletzungen noch besser behandeln zu können. Wir gehen davon aus, dass das neue Zentrum für Traumaforschung ein Leuchtturm der Universität Ulm werden, Schrittmacherfunktion übernehmen und internationale Strahlkraft erlangen kann“, so Ministerin Bauer bei ihrem Besuch.
Hintergrund
Unter Trauma versteht man eine körperliche (physische) oder seelische (psychische) Verletzung. Im Jahr 2011 starben in Deutschland über 20.000 Menschen in Folge eines Unfalls. In der ersten Lebenshälfte (bis zum 45. Lebensjahr) sind das Trauma und die resultierenden Komplikationen die häufigste Todesursache. Etwa 8,7 Millionen Menschen - jeder zehnte also - erleiden jährlich bei einem Unfall ein Trauma. Entsprechend hoch ist der finanzielle Aufwand für Behandlung und Rehabilitation von Unfallopfern. Schätzungen gehen von 40 Mrd. Euro pro Jahr aus. Da überwiegend die werktätige Bevölkerung betroffen ist, bedeutet dies einen hohen Verlust an Lebensarbeitsjahren.
Traumatische Ereignisse können die seelische Gesundheit erheblich - zum Teil lebenslang - beeinträchtigen. In einer repräsentativen deutschen Stichprobe erfüllten 2,3 Prozent der Befragten die Diagnosekriterien einer akuten Posttraumatischen Belastungsstörung. In der Gesamtbevölkerung sind sogar 15-20 Prozent von psychischen Traumafolgen betroffen. Gerade Traumatisierungen und Belastungen im Kindesalter haben häufig einen nachhaltigen negativen Effekt auf die psychische und physische Gesundheit (z.B. höhere Anfälligkeit für psychische Folgeerkrankungen). Die jährlichen Folgekosten von Traumatisierungen, allein bezogen auf Vernachlässigung, Misshandlung und sexuellen Missbrauch im Kindesalter werden auf ca. 30 Mrd. Euro geschätzt.