„Die Aufgabe der Weisen ist, die Katastrophe vorauszusehen. Die Aufgabe der Tapferen, die kommende Katastrophe zu bewältigen“, wusste schon Pittakos 600 v. Chr. Die Sommerakademie Katastrophenmedizin und Humanitäre Hilfe bereitet Ärztinnen und Ärzte von morgen auf Einsätze im Katastrophenfall vor. 60 Studierende der Humanmedizin von 22 verschiedenen Universitäten in Deutschland, der Schweiz und Österreich nehmen vom 21. bis 25. September in Ulm daran teil. Veranstalter ist die Stiftung des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Zusammenarbeit mit dem Bundeswehrkrankenhaus Ulm und der Universität Ulm. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière, Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall sowie Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner haben die Schirmherrschaft übernommen.
Klaren Kopf bewahren
Die Katastrophe hat viele Gesichter. Sie kann als Terroranschlag auf einem öffentlichen Platz auftauchen, als entgleister Zug oder als Überschwemmung ganzer Landstriche. Dabei stellt sie unsere Hilfs- und Rettungssysteme vor ganz neue Aufgaben. Damit unter widrigen Bedingungen Massen von Verletzten versorgt werden können, müssen die Hilfseinsätze gut organisiert und sinnvoll koordiniert sein. Wichtig dabei ist, einen klaren Kopf zu bewahren. Auch diese Fähigkeit erlernen und trainieren die Studierenden in der Sommerakademie, die bereits zum sechsten Mal stattfindet. „Es liegt uns daran, schon Medizinstudentinnen und Medizinstudenten ein erstes Verstehen, genauer ein richtiges Handeln für die Versorgung von Verletzten bei humanitären Einsätzen und Katastrophen nahe zu bringen. Dazu dient unsere Sommerakademie“, erläutern Dr. Stefan Gromer und Dr. Tobias Kees, Geschäftsführer der Stiftung des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin, die die Sommerakademie organisiert. Dr. Johannes Schad und Dr. Jan Grundgeiger vom Organisationsteam der Stiftung ergänzen: „Die Studierenden lernen u. a., welche Akteure es gibt, wie die rechtliche Lage ist und wie die Aufgaben verteilt werden können. Sie trainieren beispielsweise auch, nach welchen Kriterien ein Arzt entscheidet, wer am dringendsten medizinische Hilfe benötigt. Ethische Fragen und der Umgang mit fremden Kulturen bei Auslandseinsätzen stehen ebenso im Fokus.“
Sicherheit und Halt im entscheidenden Moment
Entscheidend sind für solche Einsätze auch spezielle medizinische Kenntnisse, beispielsweise bei der Versorgung schwerer Brandverletzungen, hochansteckender Infektionen oder komplizierter Knochenbrüche. Im Unterschied zur Individualmedizin stellt sich in der Katastrophenmedizin die Frage, wie man in kurzer Zeit mit wenig Material und kaum Personal möglichst viele Patienten möglichst gut versorgen kann. Unter vielen erfahrenen Dozenten aus Theorie und Praxis sind auch die Ulmer Gastgeber vom Bundeswehrkrankenhaus und des Universitätsklinikums in der Akademie engagiert. „Wir trainieren mit den Studierenden unter anderem, wie ein Fixateur unter Zeitdruck anzulegen ist und wie inmitten von Chaos Atemwege freigehalten werden – und schöpfen dabei aus unserer großen Erfahrung in der Versorgung Schwerstverletzter“, beschreibt Dr. Christoph Riepl, Leitender Oberarzt der Ulmer Universitätsklinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie. Oberstarzt Prof. Dr. Matthias Helm, Leiter der Sektion Notfallmedizin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Bundeswehrkrankenhaus Ulm: „Auf alle Eventualitäten kann man nicht vorbereitet sein. Was sich aber trainieren lässt, sind Automatismen – die Fertigkeit eine Naht zu setzen, das Fixieren von Knochenbrüchen usw. – , die einem im entscheidenden Moment Sicherheit und Halt geben.“
Sommerakademie ist ein wichtiger Baustein
Die bessere Ausbildung von Ärzten im Bereich der Katastrophenmedizin und der humanitären Einsätze wird von verschiedenen Organisationen bundesweit gefordert und gefördert, u. a. vom Deutschen Institut für Katastrophenmedizin, der Schutzkommission beim Bundesministerium des Inneren, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Die Sommerakademie ist ein wichtiger Baustein, um die Katastrophenmedizin für Medizinstudierende zugänglich zu machen, da sie im regulären Lehrplan derzeit nicht fest verankert ist.
Das Foto zeigt Gipsen als Teil des Praxisparcours. (Foto: Universitätsklinikum Ulm)
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