Dr. Sandra Reitmaier ist Anfang Oktober für ihre herausragende Forschungsarbeit mit dem „Eurospine Best Full Paper Award“ ausgezeichnet worden. Die Wissenschaftlerin des Instituts für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik am Ulmer Universitätsklinikum hat in einem EU-Projekt mit 17 weiteren Forschungspartnern über einen Zeitraum von vier Jahren untersucht, welche Faktoren einen Verschleiß an der Bandscheibe verursachen und welche regenerativen Behandlungsmethoden für Patienten mit bandscheibenbedingten Rückenschmerzen vielversprechend sind. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der European Spine Society (ESS) für die beste wissenschaftliche Forschungsarbeit verliehen.
Probleme mit der Bandscheibe haben viele Ursachen
Bandscheibenprobleme sind eine Volkskrankheit. Fast jeder dritte Deutsche leidet daran oder hat schon einmal darunter gelitten. Die Ursachen einer solchen Bandscheibendegeneration sind vielfältig. „Altersbedingter Verschleiß führt dazu, dass die Bandscheiben meist im Alter zwischen 30 und 50 Jahren dünner und rissiger werden. Mit steigendem Lebensalter verlieren sie die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen. Das Knorpelgewebe ist weniger elastisch und wird porös. Hinzu kommen Parameter wie die Ernährung und Genetik sowie die starke Druckbelastung auf die Wirbelsäule im Alltags- und Berufsleben vieler Menschen, die sich negativ auf die Struktur der Bandscheiben auswirken können“, erklärt Dr. Sandra Reitmaier. Patienten leiden in Folge dessen unter starken Rückenschmerzen, Muskelverspannungen und Bandscheibenvorfällen.
Hydrogele als vielversprechende Möglichkeit der regenerativen Behandlung
Unter Leitung von Prof. Dr. Anita Ignatius, Direktorin des Instituts für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, und Prof. Dr. Hans-Joachim Wilke, stellvertretender Direktor des Instituts, ist Dr. Reitmaier im Tiermodell der Frage nachgegangen, ob durch die Implantation eines künstlich erzeugten Hydrogels die biomechanischen Eigenschaften der Bandscheibe wiederhergestellt werden können. Sie bietet damit einen neuen Blickwinkel auf bisherige Forschungsansätze, die eher medikamentöse Strategien betrachten.
„Die Bandscheibe ist ein hochkomplexes System, das hinsichtlich individueller Therapiemöglichkeiten noch zu wenig erforscht ist“, sagt Prof. Dr. Hans-Joachim Wilke. Hydrogele, also feuchtigkeitsspendende Lösungen mit körperzellähnlicher Zusammensetzung, liefern vielversprechende Möglichkeiten für regenerative Behandlungsstrategien und könnten der Schlüssel zum beschwerdefreien Alltag für Patienten mit Rückenschmerzen sein. „Es hat sich in unserer Studie bestätigt, dass Hydrogele den natürlichen Kern (Nukleus) der Bandscheibe durchaus ersetzen können. Die Biomechanik der Wirbelsäule bedingte im Test aber, dass das Hydrogel nach der Implantation unter Belastung aus dem Inneren der Bandscheiben wieder herausgepresst wurde. Die Versiegelung der Grenzfläche zwischen dem Nukleus und den umgebenden Strukturen muss somit stärker fokussiert werden“, beschreibt die Ulmer Wissenschaftlerin. Dr. Reitmaier gibt mit ihrem Projekt einen wichtigen Impuls für zukünftige Forschungsschwerpunkte, die nicht nur auf der Entwicklung immer neuer Ersatzmaterialien liegen, sondern eher an effektiven Verschlussstrategien der Bandscheibenhülle anknüpfen.
Angefügt finden Sie zwei Bilder von Dr. Sandra Reitmaier (Fotos: Universitätsklinikum Ulm).
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