In Deutschland sind jährlich Tausende von Kindern sehr belastenden Lebensereignissen wie schweren Unfällen, Katastrophen, lebensbedrohlichen Krankheiten, aber auch Misshandlung, schwerer Vernachlässigung, sexueller oder häuslicher Gewalt ausgesetzt. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sind eine mögliche Folgereaktion solcher Extrembelastungen. Das Projekt TreatChildTraumahat sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung seelisch traumatisierter Kinder mit PTBS, die in Deutschland gar nicht oder wenig zielgerichtet erfolgt, zu verbessern und die Betroffenen so vor oft lebenslangen Spätfolgen zu bewahren. Die Ulmer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie führt dazu mit ihren Kooperationspartnern die in diesem Fachgebiet bundesweit erste multizentrische Studie durch, an der Betroffene teilnehmen können.
Traumafolgestörungen werden oft übersehen oder fehldiagnostiziert
Traumatisierte Kinder zeigen häufig Symptome wie wiederkehrende Erinnerungen, Ängste, Schlafstörungen, Reizbarkeit. Sie ziehen sich zurück oder vermeiden Dinge, die sie an diese schrecklichen Ereignisse erinnern könnten. „Die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit posttraumatischen Belastungsstörungen ist in Deutschland ungenügend“, kritisiert Prof. Dr. Lutz Goldbeck, Leiter der Sektion Psychotherapieforschung und Verhaltensmedizin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie. „Traumafolgestörungen werden oft übersehen oder fehldiagnostiziert, wissenschaftlich geprüfte Therapiemethoden werden bislang selten eingesetzt“.
Das wollen Goldbeck und seine Kollegen ändern. Sie überprüfen daher, ob eine der weltweit am besten überprüften Therapieprogramme aus den USA, die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie, auch unter den Rahmenbedingungen der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland wirkt — wo sie bislang kaum verfügbar ist. Über vier Monate erhalten die Kinder unter Einbezug einer vertrauten erwachsenen Bezugsperson, meist der Eltern, gezielte Unterstützung darin, ihre traumatischen Erlebnisse zu bewältigen. „Die Kinder erfahren, dass ihre Reaktion auf die traumatischen Erlebnisse normal ist. Wir helfen Ihnen durch verschiedene therapeutische Strategien, sich schrittweise den Erinnerungen an ihre belastenden Erlebnissen zu stellen und einen angstfreieren Umgang damit zu finden“, erläutert Goldbeck.
Erfolgversprechende Therapie in Deutschland verfügbar machen
Teilnehmen können Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 16 Jahren, die in Folge eines traumatischen Erlebnisses an Symptomen einer PTBS leiden. Der Therapieerfolg wird mit einer Gruppe von Kindern verglichen, welche zunächst — wie leider in der normalen kinderpsychotherapeutischen Versorgung bislang üblich — auf einen Therapieplatz warten. „In den USA konnte durch den Einsatz dieser Therapiemethode bereits in mehreren kontrollierten Studien die beste Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen mit PTBS, insbesondere nach sexuellem Missbrauch und häuslicher Gewalt, gezeigt werden. Dies wollen wir nun auch für Deutschland nachweisen“, erklärt Projektleiter Professor Goldbeck. Weiterhin geplant ist die Untersuchung von Faktoren, die sich auf das Therapieergebnis auswirken, wie z.B. die Art des traumatischen Erlebnisses oder die Verfügbarkeit sozialer und familiärer Unterstützung.
Die Therapiestudie, die mit 150 Kindern aus ganz Deutschland über drei Jahre läuft, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit mehr als 900.000 € gefördert. Beteiligt sind Kliniken in Datteln, Berlin, Lüneburg, Mannheim, München, Ravensburg und Saarbrücken.
Ab sofort können betroffene Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern bzw. Bezugspersonen an der Studie teilnehmen. Kontakt: Tel. 0731/500-62626, E-Mail: tct.kjp@uniklinik-ulm.de
Im Anhang finden Sie zwei Bilder: 1. Prof. Dr. Lutz Goldbeck, 2. Traumatisierte Kinder wehren häufig jede Konfrontation mit dem traumatischen Erlebnis ab.
Fotos und Grafiken sind nur für die Presseberichterstattung über das in dieser Information mitgeteilte Ereignis freigegeben.