Heilung für bestimmte Leukämieform ohne Chemotherapie möglich

Ulmer Wissenschaftler veröffentlichen Ergebnisse ihrer klinischen Studie im renommierten Fachblatt New England Journal of Medicine

Ein Team von Ärzten des Universitätsklinikums Ulm hat eine neue Therapie bei einer besonderen Form der akuten Leukämie, der so genannten akuten Promyelozyten-Leukämie, entwickelt. Das Besondere dieser Therapie ist, dass sie ganz ohne den Einsatz von Chemotherapie auskommt. Zwei Wirkstoffe bauen dabei einen durch eine genetische Veränderung entstehenden Eiweißstoff ab, der zur Entartung der Knochenmarkzellen und damit zu der speziellen Leukämie führt. 98 Prozent der betroffenen Patienten können so ohne den Einsatz von Chemotherapie geheilt werden.

 

Klinische Studien unentbehrlich für die Entwicklung neuer Therapien

Die Therapiestudie wurde gemeinsam von drei Studiengruppen, der italienischen Gruppe GIMEMA, der Studienallianz Leukämien (SAL) und der Deutsch-Österreichischen Akuten Myeloischen Leukämie Studiengruppe (AMLSG) durchgeführt. „Wir haben festgestellt, dass die Kombination aus zwei Wirkstoffen, einem Vitamin A-Abkömmling (Vitamin A Derivat All-Trans Retinsäure, ATRA) und der Arsenverbindung Arsentrioxid, die Heilungsaussichten bei der Erkrankung im Vergleich zur herkömmlichen Therapie deutlich verbessert“, erläutert Prof. Dr. Hartmut Döhner, Ärztlicher Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III und Leiter der AMLSG, einer der weltweit größten und bedeutendsten Studiengruppen zur Erforschung und Behandlung der akuten myeloischen Leukämie. Bisher wird die Promyelozyten-Leukämie meist mit einer Kombination aus Chemotherapie und der Gabe des Vitamin A-Abkömmlings ATRA behandelt.

„Die Studie ist ein Beleg dafür, wie wichtig es ist, kontrollierte klinische Studien in der Behandlung von Leukämie- und Krebserkrankungen durchzuführen. Ohne diese randomisierte Studie, bei der Patienten zufallsmäßig einem der beiden Therapiearme zugeteilt wurden, hätten wir dieses Ergebnis nicht erzielen können“, sagt Prof. Dr. Richard Schlenk, Oberarzt und Leiter des Studienzentrums der Klinik und der AMLSG.

 

Zwei Wirkstoffe ermöglichen wieder normale Ausreifung der Knochenmarkzellen

Leukämien sind Erkrankungen des blutbildenden oder lymphatischen Systems, im Volksmund auch „Blutkrebs“ genannt. Bei der akuten Promyelozyten-Leukämie handelt es sich um eine Unterform der akuten Leukämie, die etwa 5 - 7% der akuten myeloischen Leukämien ausmacht und lebensbedrohlich ist. Eine Besonderheit dieser Leukämieform ist, dass sie mit einer bestimmten erworbenen genetischen Veränderung einhergeht: Zwischen den Chromosomen 15 und 17 sind Chromosomenstücke ausgetauscht, Fachleute nennen das Translokation. Der Austausch führt zu einem Zusammenschmelzen von zwei Genen (PML und RARA). Dadurch wird ein neues, krankhaftes Eiweiß gebildet, das direkt für die Entartung der für die Blutbildung zuständigen Knochenmarkzellen verantwortlich ist.

Sowohl der Vitamin A-Abkömmling ATRA als auch das Arsentrioxid führen zu einem Abbau dieses Eiweißes und erlauben wieder eine normale Ausreifung der Knochenmarkzellen. Der Vitamin A-Abkömmling ATRA, der aus der traditionellen chinesischen Medizin stammt, wurde bereits Anfang der 90er Jahre in die Behandlung der akuten Promyelozyten-Leukämie eingeführt.

 

Gezielte schnelle Diagnostik entscheidend

Um die neue Therapie erfolgreich einsetzen zu können, ist es außerordentlich wichtig, dass die Diagnose innerhalb der ersten Stunden gestellt wird und die Behandlung sofort eingeleitet wird. Denn die akute Promyelozyten-Leukämie kann mit schweren, lebensbedrohlichen Blutungskomplikationen einhergehen. „Wir können die Verdachtsdiagnose bestätigen, indem wir das für die Leukämieform typische Zusammenschmelzen der beiden Gene  (PML und RARA) molekulargenetisch nachweisen. Dies geschieht in unserem Labor innerhalb von 24 Stunden, 7 Tage die Woche“, erläutert Prof. Dr. Konstanze Döhner, Oberärztin und Leiterin des Labors für molekulargenetische Diagnostik der Klinik für Innere Medizin III, das gleichzeitig Referenzlabor für die genetische Diagnostik innerhalb der AMLSG und anderer weltweit durchgeführter Studien ist.

 

Die Ergebnisse der Studie wurden heute in einer der renommiertesten medizinischen Zeitschriften, dem New England Journal of Medicine, online veröffentlicht (DOI: 10.1056/NEJMoa1300874).

 

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Das Foto zeigt v.l.: Prof. Dr. Konstanze Döhner, Oberärztin und Leiterin des Labors für molekulargenetische Diagnostik der Klinik für Innere Medizin III; Prof. Dr. Hartmut Döhner, Ärztlicher Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III und Leiter der Deutsch-Österreichischen Akuten Myeloischen Leukämie Studiengruppe (AMLSG); Prof. Dr. Richard Schlenk, Oberarzt und Leiter des Studienzentrums der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III und der AMLSG


 

Fotos und Grafiken sind nur für die Presseberichterstattung über das in dieser Information mitgeteilte Ereignis freigegeben.

 

 

Prof. K. Döhner, Prof. H. Döhner, Prof. R. Schlenk_UK Ulm

Prof. K. Döhner, Prof. H. Döhner, Prof. R. Schlenk_UK Ulm