Gesundheitsministerium unterstützt Modellprojekt der vier landeseigenen Universitätskinderklinika zur Versorgung von Kin-dern und Jugendlichen mit Long COVID mit einer Million Euro

Minister Manne Lucha: „Gerade bei an Long COVID leidenden Kindern und Jugendlichen braucht es dringend einen weiteren Ausbau guter Versorgungskonzepte – auch um die oft sehr stark in Anspruch genommenen Eltern zu entlasten“ Projektleiter Dr. Roland Elling: „Die Versorgung muss sich nach den spezifischen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen richten“

Im Oktober startet ein Modellprojekt der vier landeseigenen Universitätskinderklinika in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm, das die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Long COVID verbessern soll. Gleichzeitig wird es mit einem neu aufzubauenden, Baden-Württemberg weiten Patientenregister Daten für die weitere Erforschung des Krankheitsbildes sammeln. Ermöglicht wird das Projekt durch eine Förderung des Gesundheitsministeriums in Höhe von rund einer Million Euro. Das gab Gesundheitsminister Manne Lucha am Sonntag (8. Oktober) in Stuttgart bekannt. Das Projekt unter Leitung des Universitätsklinikums Freiburg wird an den Sozialpädiatrischen Zentren der vier Universitätskinderklinika eine telemedizingestützte, sektorenübergreifende Versorgungsstruktur aufbauen und erproben.
„Die Uniklinika leisten bereits hervorragende Arbeit in der Forschung und in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Long COVID. Ich bin ihnen dankbar, dass sie mit dem Forschungskonzept, das wir nun fördern, betroffene Kinder und Jugendliche noch stärker in den Blick nehmen“, betonte der Minister. „Bei Long COVID und Long COVID assoziiertem ME/CFS sind weiter viele Fragen offen, und es braucht gerade bei Kindern und Jugendlichen einen weiteren Ausbau guter Versorgungskonzepte. Gute Angebote für die Kinder und Beratung können auch helfen, die oftmals sehr stark in Anspruch genommenen Eltern zu entlasten“, so Lucha.
Obwohl SARS-CoV-2-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen oft mild oder sogar symptomlos verlaufen, sind auch Kinder und Jugendliche immer wieder von Long COVID betroffen. Das breite Spektrum an Symptomen reicht von einer leichten, vorübergehend auftretenden Leistungsminderung bis hin zur schwersten Ausprägung einer Myalgischen Encephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrom (ME/CFS), die zu Bettlägerigkeit und Pflegebedürftigkeit führen kann.


Versorgungsstruktur für betroffene Kinder wird erprobt
Die vier landeseigenen Universitätskinderklinika Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm haben das Modellprojekt zur sektorenübergreifenden Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Long COVID entwickelt und werden es unter Koordination des Universitätsklinikums Freiburg gemeinsam umsetzen.
Unter anderem wird dazu der gemeinsame Webauftritt www.move-covid.de aufgebaut, der den Zugang der Betroffenen zu Behandlungsangeboten verbessern soll und weitere Informationen zum Krankheitsbild bereithalten wird. Telemedizingestützte Erstgespräche und Beratungen sollen helfen, die für Patientinnen und Patienten oft belastende Anreise auf das absolut notwendige Maß zu reduzieren. Diagnosestellung und Behandlung werden durch Beratungen zum Selbstmanagement ergänzt. Bei schweren Verläufen erfolgt eine weitere interdisziplinäre Begleitung durch ein im Rahmen des Projektes zu entwickelndes telemedizinisches Nachsorgeprogramm.
„Long COVID bei Kindern und Jugendlichen verläuft oft anders als bei Erwachsenen. Auch bei den Auswirkungen im Alltag gibt es große Unterschiede. Beispielsweise können lange Fehlzeiten in der Schule lebenslange Folgen haben. Deshalb muss sich die Versorgung nach den spezifischen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen richten. Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, mehr über die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen herauszufinden“, erklärte der Projektleiter PD Dr. Roland Elling, Oberarzt am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg.

„Covid-19 assoziierte neuropädiatrische Störungen und Erkrankungen der Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen sind nicht hinreichend erforscht, vor allem fehlt es an klinischen Versorgungsstrukturen für ganzheitliche Behandlung dieser Familien und Kinder. Wir haben ein exzellentes Team in dem Modellvorhaben in Baden-Württemberg und gehen unsere Aufgaben mit Enthusiasmus an“, sagt Prof. Dr. med. Sebahattin Cirak, Professor für Neuropädiatrie und Sozialpädiatrie und Sektionsleiter Sozialpädiatrisches Zentrum und pädiatrischer Neurologie mit Stoffwechsel an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm.


Datenregister als Baustein für die weitere Erforschung der Krankheit
Die Ursachen und Zusammenhänge von Long COVID sind nach wie vor weitgehend ungeklärt. Derzeit ist die Erkrankung nur durch Ausschluss anderer Ursachen diagnostizierbar. Bei den Untersuchungen der Patientinnen und Patienten werden verschiedene Proben genommen und Daten gesammelt. Im Rahmen des Modellprojektes erfolgt dies an allen vier Standorten nach festgelegten Kriterien, z. B. mit einheitlichen Fragebögen. Mit Zustimmung der Patientinnen und Patienten bzw. deren Eltern werden die Daten in einem neu aufzubauenden, baden-württembergweiten Patientenregister gesammelt. Das Register soll die weitere, systematische und gezielte Erforschung des Krankheitsbildes ermöglichen, etwa durch virologische, immunologische und radiologische Spezialdiagnostik. So kann das Projekt dazu beitragen, neue Erkenntnisse zu Entstehungsmechanismen der Erkrankung und deren Behandlung zu erhalten.
Im Rahmen des Projektes erfolgt außerdem die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Post-Vac-Syndrom, da diese sehr seltenen Fälle große Überlappungen mit Long COVID aufweisen können.


Hintergrundinformationen:
Das Modellprojekt „MOlekularimmunologische Charakterisierung & multimodal-multizentrische intersektorale VErsorgung von Long COVID im Kindes- und Jugendalter in Baden-Württemberg“ (MOVE-COVID-BW) wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln gefördert, die der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat. Die Höhe der Förderung beträgt rund eine Million Euro über eine Laufzeit von 15 Monaten (bis 31.12.2024).