Am Universitätsklinikum Ulm (UKU) werden wegweisende Forschungsprojekte und Studien mit dem Ziel einer besseren Medizin und Patientenversorgung durchgeführt. Für eine ganz besondere Studie ist nun der Startschuss an der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie gefallen. Erstmals führen Ulmer Medizinstudierende im Rahmen des deutschen studentischen Studiennetzwerks SIGMA (Student-Initiated German Medical Audit) eigenständig eine randomisierte klinische Studie durch. Untersucht wird, ob ein vorgegebenes Schrittziel und die Rückmeldung durch ein Fitnessarmband bei Patient*innen zu weniger postoperativen Komplikationen führen.
Nach großen chirurgischen Bauchoperationen – beispielsweise aufgrund von Tumorerkrankungen – sollten Patient*innen möglichst schnell wieder mobil werden, um postoperative Komplikationen zu vermeiden. Denn mangelnde körperliche Bewegung nach einer Operation geht oft mit Bettlägerigkeit, Thrombosen oder einer Lungenentzündung einher. Im Umkehrschluss ist die Mobilisierung von Patient*innen nach einer Operation ein wichtiger Schritt in Richtung Genesung. Dabei können Fitnessarmbänder helfen: Sie messen die Aktivität der Patient*innen und geben Rückmeldung zur täglichen Leistung – was sich auch positiv auf die Motivation der Patient*innen auswirken soll. In der sog. EXPELLIARMUS Studie wollen die Medizinstudierenden herausfinden, ob sich Patient*innen mit täglichen Schrittzielen und einem Fitnessarmband nicht nur mehr bewegen, sondern auch weniger postoperative Komplikationen – wie Thrombosen oder Lungenentzündungen – bekommen. Für die Untersuchung erhalten alle Studienteilnehmer*innen ein Fitnessarmband. Der Hälfte der Studienteilnehmer*innen (Interventionsgruppe) wird über das Display des Armbandes die bisher zurückgelegte Anzahl an Schritten angezeigt, wobei es das Ziel ist, eine vorgegebene Anzahl an Schritten zu erreichen. Die Kontrollgruppe erhält ein Fitnessarmband mit einem abgedunkelten Display ohne Vorgabe zur Schrittanzahl. Insgesamt werden für die Studie 348 Teilnehmer*innen in 15 Kliniken in ganz Deutschland rekrutiert – davon voraussichtlich 30 Patient*innen in Ulm.
Das Besondere an der klinischen Studie: Von der Entwicklung der Studienfragestellung bis hin zur Durchführung und Auswertung der Daten führen die Medizinstudierenden die klinische Studie unter Anleitung selbstständig durch. Die Idee dazu hatte Professor André Mihaljevic. Er gründete vor vier Jahren das studentische Studiennetzwerk SIGMA, dem inzwischen über 20 Universitätskliniken in ganz Deutschland angehören. „Wir möchten Medizinstudierende für das wissenschaftliche Arbeiten in der Klinik begeistern. Der gesamte Ablauf der klinischen Studie wird von den Studierenden selbst organisiert. So bekommen sie am besten ein Verständnis für die chirurgische Forschung“, sagt Professor André Mihaljevic, leitender Oberarzt an der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am UKU. „Und wie bei anderen wissenschaftlichen Studien werden die Ergebnisse EXPELLIARMUS-Studie auch publiziert. Alle teilnehmenden Studierenden sind Ko-Autoren und können so den Grundstein für ihre spätere wissenschaftliche Laufbahn legen“, ergänzt der Chirurg.
In Ulm nehmen 14 Medizinstudierende an dem Forschungsprojekt teil, das zusätzlich zum regulären Medizinstudium läuft. „Wir finden, dass wissenschaftliches Arbeiten und vor allem die Forschung in der Klinik im Studium zu kurz kommt. Durch das Projekt lernen wir von Anfang an, wie eine klinische Studie durchgeführt wird. Das ist natürlich eine Herausforderung, die aber auch großen Spaß macht“, da sind sich die Medizinstudierenden einig. Im Studienzentrum des Zentrums für Chirurgie (ulmCARES) am UKU, können die Studierenden Daten aufnehmen und auswerten. Mit Ergebnissen rechnet Prüfärztin und Leiterin des Studienzentrums Colette Dörr-Harim Ende des Jahres: „Die Studierenden werden bis Ende des Sommers mit der Datenerhebung beschäftigt sein. Danach geht es dann an die Auswertung“.