Endometriose zählt zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen. Da das Krankheitsbild zahlreiche verschiedene Symptome umfasst und oftmals lange Zeit unentdeckt bleibt, wird die Endometriose auch als „Chamäleon der Gynäkologie” bezeichnet. Das Endometriosezentrum am Universitätsklinikum Ulm (UKU) ist darauf spezialisiert, Endometriose zu erkennen und mit individuellen Therapiemethoden zu behandeln. Das Zentrum wurde nun von der Stiftung Endometriose-Forschung (SEF) mit der höchsten Stufe (III) zertifiziert und bestätigt damit erneut die hochwertige gynäkologische Behandlung und interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Endometriose ist eine gutartige, chronisch verlaufende Erkrankung der Gebärmutter, an der bis zu zehn Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter leiden. Dabei siedelt sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt („Endometrium”), außerhalb der Gebärmutter an, beispielsweise an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum, am Darm oder Bauchfell. In einigen Fällen kann es auch außerhalb des Bauchraumes, z.B. in der Lunge, zu Endometrioseherden kommen. Diese Wucherungen verursachen teils starke Schmerzen bei Betroffenen, beeinträchtigen die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit und können die Fruchtbarkeit verringern. Da die Symptome der Unterleibserkrankung sehr unterschiedlich in ihrer Form und Intensität sind und oftmals mit Menstruationsbeschwerden verwechselt werden, vergehen häufig Jahre, bis die Diagnose Endometriose gestellt wird.
Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, die gesundheitlichen Beschwerden der chronischen Krankheit zu behandeln. „Entscheidend ist, die Therapie individuell auf die persönlichen Umstände der betroffenen Frauen und die Stärke ihrer Erkrankung abzustimmen”, erklärt Dr. Davut Dayan, Oberarzt und Leiter des Endometriosezentrums am UKU. „In unserem Zentrum bieten wir moderne diagnostische Verfahren an, bei Bedarf auch in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen. Dabei wird nach sorgfältiger Untersuchung und ausführlicher Beratung für jede Patientin ein individuelles Therapiekonzept erstellt, das ihre Bedürfnisse und Wünsche berücksichtigt”. Gängige Behandlungsmethoden sind z.B. die chirurgische Entfernung der Endometrioseherde mittels minimal-invasiver Operationsverfahren oder die medikamentöse Therapie der hormonabhängigen Erkrankung.
Das Endometriosezentrum am Universitätsklinikum Ulm wurde nun von der Stiftung Endometriose-Forschung hochgestuft und ist damit als Endometriosezentrum der Stufe III zertifiziert. Um diese höchste Stufe zu erlangen, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, wie ein umfassendes Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten, darunter spezialisierte Eingriffe wie Darm-, Blasen- und Organresektionen – auch in interdisziplinärer Zusammenarbeit. Das Zentrum bietet somit für zahlreiche Patientinnen mit dieser Erkrankung einen maßgeblichen Mehrwert – insbesondere für Frauen, die an einer tief infiltrierenden Endometriose leiden. Das ist eine besonders schwere Form der Enodmetriose, die dann auftritt, wenn das Endometriosegewebe in tiefere Organschichten eindringt, wie beispielsweise in die Beckenwände, Harnblase, Darmwand oder die Organe außerhalb des Beckens, etwa das Zwerchfell. „Anfang des Jahres haben wir ein Endometrioseboard eingeführt, um unter anderem Patientinnen mit einer tief infiltrierenden Endometriose noch besser helfen zu können”, erklärt Dr. Dayan. Bei diesen Besprechungen versammeln sich Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen, darunter Radiologie, Viszeralchirurgie, Urologie, Reproduktionsmedizin und Gynäkologie, um gemeinsam die Fälle zu diskutieren. Dies ermöglicht es, ein umfassenderes Verständnis der jeweiligen Krankheitsbilder aus verschiedenen Fachperspektiven zu erlangen, um die bestmögliche Behandlungsempfehlung treffen zu können.
Auch Prof. Dr. Wolfgang Janni, Ärztlicher Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am UKU, betont: „Die Höherstufung des Zentrums ist ein wichtiger Schritt, denn sie hebt die Relevanz der nach wie vor unscharfen Erkrankung und ihrer Diagnostik sowie Therapie hervor. Gleichzeitig ermöglicht die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Endometrioseboards eine maßgebliche Verbesserung der Behandlungsqualität für unsere Patientinnen”.