Hören und nicht verstehen

Auditive Verarbeitungsstörung - Neue Erkenntnisse weitergeben

Laut Schätzungen leiden 2 bis 3 Prozent aller Kinder unter einer Auditiven Verarbeitungsstörung (AVS). Bei den Betroffenen ist das Hörorgan intakt, aber das Gehörte wird nicht korrekt weiterverarbeitet. Häufig wird AVS im Zusammenhang mit einer Sprachentwicklungs- oder Konzentrationsstörung bemerkt. Allerdings ist das Krankheitsbild komplex, die Diagnostik aufwendig. Unter dem Motto „Auditive Verarbeitungsstörung (AVS) - Von den Fallstricken der Diagnostik zu den Grenzen der Therapie“ möchten Mediziner des Universitätsklinikums Ulm am 12.11. im Rahmen einer Fachtagung die neuesten Erkenntnisse rund um das Thema AVS präsentieren. 

 

Genaue Diagnostik wichtig

AVS zeigt sich anhand einer Reihe von Symptomen, die unterschiedlich ausgeprägt sein können. Beispielsweise haben Betroffene Schwierigkeiten, Mitteilungen zu verstehen. Sie fragen darum häufig nach und wirken unaufmerksam. Auch wenn Lieder und Gedichte nur schwer auswendig gelernt werden können oder eine Geräuschüberempfindlichkeit vorliegt, können dies Zeichen einer AVS sein. Aber die Gefahr einer Falschdiagnose ist hoch. Schnell werden Schwächen in der Sprachverarbeitung, der Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit als AVS angesehen. Viele Symptome lassen sich aber auch anderen Krankheitsbildern zuordnen, beispielsweise einer Aufmerksamkeitsstörung wie ADHS. Auch können emotionale Störungen oder Verhaltensstörungen die Ursache für Auffälligkeiten sein.

Um die Diagnose AVS korrekt zu stellen, muss zuerst geklärt werden, ob nicht andere Faktoren Grund für Auffälligkeiten sind. Man spricht hier auch von einer therapiesteuernden Diagnostik: Verschiedene Bereiche werden diagnostisch abgeklopft, um zu erkennen, wo welche Art der Unterstützung benötigt wird. „Eine vernünftige Therapie kann immer nur nach einer richtigen Diagnose erfolgen“, so Professor Sibylle Brosch, Leiterin der Sektion Phoniatrie und Pädaudiologie des Universitätsklinikums Ulm, „mittlerweile ist AVS fast schon eine Modediagnose geworden. Die Diagnostik ist sehr aufwändig, die Kriterien häufig nicht bekannt. Wir wollen dazu beitragen, dass zukünftig mehr Fachleute in der Lage sind, bereits im Vorfeld abzuklären, wann eine Kind auf AVS untersucht werden sollte und wann nicht.“

 

Bei der Fachtagung „Auditive Verarbeitungsstörung (AVS) - Von den Fallstricken der Diagnostik zu den Grenzen der Therapie“ werden hochkarätige Redner unter anderem aus dem Bereich der Phoniatrie und Pädaudiologie, Logopädie und der Kinder- und Jugendpsychiatrie die neuesten Erkenntnisse aus Therapie und Diagnostik vorstellen. „Die Therapie und Diagnostik der AVS ist stark interdisziplinär geprägt“, so Professor Brosch, „um den Patienten eine echte Unterstützung zu bieten, müssen verschiedene Bereiche Hand in Hand zusammenarbeiten. Die Veranstaltung soll nicht zuletzt dem interdisziplinären Austausch dienen.“

 

Tagungsprogramm

Phoniatrie-Team: (v.l.) Andrea Häge (Dipl. Psych.), Gabriele Zingel, Ingrid Stapf, Dr. Elisabeth Smith, Andrea Gütinger (B.Sc.), Prof. Dr. Sibylle Brosch, Waltraud Stölzle, Prof. Dr. Rudolf Reiter (Foto: Universitätsklinikum Ulm/Martina Dach).

Phoniatrie-Team: (v.l.) Andrea Häge (Dipl. Psych.), Gabriele Zingel, Ingrid Stapf, Dr. Elisabeth Smith, Andrea Gütinger (B.Sc.), Prof. Dr. Sibylle Brosch, Waltraud Stölzle, Prof. Dr. Rudolf Reiter (Foto: Universitätsklinikum Ulm/Martina Dach).