Gefah­ren für Schwan­gere durch Fipro­nil in Hüh­ner­ei­ern?

Die Bera­tungs­stelle für Medi­ka­men­ten­be­ra­tung in Schwan­ger­schaft und Still­zeit der Uni­ver­si­täts­frau­en­kli­nik Ulm infor­miert über ein aktu­el­les Thema.

Fipro­nil ist ein hoch­wirk­sa­mes Insek­ti­zid und Aka­ri­zid aus der Phenylpyrazol-​Familie. Seine Wir­kung beruht auf einer selek­ti­ven Hem­mung des GABA-​Rezeptors im Zen­tral­ner­ven­sys­tem von Wir­bel­lo­sen. Fipro­nil wird nach umfas­sen­der Prü­fung als sehr wirk­sam sowie rela­tiv sicher für Mensch und Tier ein­ge­stuft, sofern die übli­chen Dosie­rungs­emp­feh­lun­gen ein­ge­hal­ten wer­den. Der Wirk­me­cha­nis­mus setzt vor allem beim Para­si­ten an. Fipro­nil wird auch im Pflan­zen­schutz ein­ge­setzt, z. B. auf Oran­gen, Reis, Mais usw. In der Euro­päi­schen Union gilt seit 2007 eine Zulas­sung von Fipro­nil für Pflan­zen­schutz­mit­tel (aus­schließ­lich Saat­gut­be­hand­lung), die zum 31. Juli 2018 aus­läuft.

In Tier­ex­pe­ri­men­ten wurde träch­ti­gen Kanin­chen Fipro­nil in Dosen bis zu 1 mg/kg/d ver­ab­reicht, ohne dass sich eine Schä­di­gung der Nach­kom­men zeigte. 96 Stun­den nach einer äußer­li­chen Anwen­dung von Fipro­nil (70 mg/kg) stellte man bei weib­li­chen Rat­ten Ver­än­de­run­gen von Progesteron-​ und Östro­gen­spie­geln fest. Nach Ein­mal­gabe von 280 mg/kg nahm die Schwan­ger­schafts­rate um ca. 1/3 ab (Ohi et al 2004).

Mischte man träch­ti­gen Rat­ten Fipro­nil in Dosen von 0,1, 1 oder 10 mg/kg/d ins Fut­ter, fand sich bei den Nach­kom­men keine Zunahme von Anoma­lien (Udo et al 2014). Die Gewichts­zu­nahme der Mut­ter­tiere sowie die kör­per­li­che Ent­wick­lung der Nach­kom­men ver­lie­fen unauf­fäl­lig. Aller­dings zeig­ten sich mit­un­ter Ver­hal­tens­än­de­run­gen der Mut­ter­tiere sowie eine ver­zö­gerte Ent­wick­lung man­cher Reflexe bei den Nach­kom­men. Dies könnte auf die Blo­ckade der GABA-​Rezeptoren zurück­zu­füh­ren sein.

In einer wei­te­ren Stu­die füt­terte man träch­tige Rat­ten vom 6. bis 20. Schwan­ger­schafts­tag mit Fipro­nil in Dosen von 0,1, 1,0 bzw. 10,0 mg/kg/d. In der nied­rigs­ten Dosis zeigte sich eine Ver­min­de­rung, in der höchs­ten Dosis eine Stei­ge­rung des Aggres­si­ons­ver­hal­tens der Mut­ter­tiere. Orga­ni­sche Stö­run­gen erga­ben sich bei der Unter­su­chung von Mut­ter­tie­ren und Nach­kom­men nicht (Magalhães et al 2015).

Ver­ab­reichte man Fipro­nil träch­ti­gen Rat­ten vom 15. Schwan­ger­schafts­tag bis sie­ben Tage nach Geburt, beob­ach­tete man bei den weib­li­chen Nach­kom­men keine Ver­än­de­run­gen am äuße­ren Geni­tale. Fer­ti­li­tät, Hor­mon­kon­zen­tra­tio­nen, Sexu­al­ver­hal­ten sowie die Ent­wick­lung von Eier­stö­cken und Gebär­mut­ter wie­sen keine Abwei­chun­gen auf (de Bar­ros et al 2016). Es lie­gen kei­ner­lei Hin­weise auf ein erhöh­tes Fehl­bil­dungs­ri­siko nach Kon­takt mit Fipro­nil beim Men­schen vor.

Das Bun­des­in­sti­tut für Risi­ko­be­wer­tung (BfR) hat am 30.07.2017 auf Basis einer Mit­tei­lung im Schnell­warn­sys­tem für Lebens-​ und Fut­ter­mit­tel (RASFF), der­zu­folge in Bel­gien erhöhte Gehalte an Fipro­nil in Eiern und Hüh­ner­fleisch fest­ge­stellt wur­den, eine Risi­ko­be­wer­tung erstellt. Bei­spiel­haft kann bei dem bis­lang höchs­ten in Bel­gien (nicht in Deutsch­land) gemes­se­nen Gehalt von 1,2 mg Fipro­nil/kg Ei ein Erwach­se­ner von 65 Kilo­gramm Kör­per­ge­wicht sie­ben Eier an einem Tag (ein­ma­lig bzw. inner­halb von 24 Stun­den) essen, ohne dass der gesund­heit­li­che Richt­wert, die akute Refe­renz­do­sis (ARfD), über­schrit­ten wird. Solange die abge­schätzte maxi­male Auf­nah­me­menge unter­halb der ARfD bleibt, ist eine gesund­heit­li­che Gefähr­dung unwahr­schein­lich. Ein Kind mit einem Kör­per­ge­wicht von zehn Kilo­gramm, was einem Alter von etwa einem Jahr ent­spricht, kann danach ein Ei pro Tag (ein­ma­lig bzw. inner­halb von 24 Stun­den) essen, ohne dass der gesund­heit­li­che Richt­wert, die akute Refe­renz­do­sis (ARfD), über­schrit­ten wird.

Eine Über­schrei­tung der ARfD bedeu­tet aber nicht zwangs­läu­fig eine kon­krete Gesund­heits­ge­fähr­dung, son­dern zeigt nach dem der­zei­ti­gen Stand des Wis­sens an, dass eine gesund­heit­li­che Gefähr­dung für Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher nach Ver­zehr die­ser belas­te­ten Hüh­ner­eier mög­lich ist. Der Sicher­heits­fak­tor zwi­schen der höchs­ten Dosis in Tier­stu­dien, bei der keine signi­fi­kan­ten gesund­heits­schä­di­gen­den Befunde beob­ach­tet wur­den, und der aku­ten Refe­renz­do­sis für den Men­schen beträgt bei Fipro­nil 100. Das heißt, die Dosis, die in Tier­stu­dien zu kei­ner gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gung führte, wurde durch 100 geteilt, um für die Über­tra­gung auf den Men­schen einen ange­mes­se­nen Sicher­heits­ab­stand zu erlan­gen. Die gesund­heit­li­chen Richt­werte schlie­ßen auch sen­si­ble Bevöl­ke­rungs­grup­pen wie Schwan­gere oder Senio­ren ein.

Kat­zen­be­sit­zern ist der Wirk­stoff zum Schutz vor Zecken­be­fall als Lösung bekannt, die auf die Nacken­haare geträu­felt wird. Es han­delt sich also nicht um eine hoch­gif­tige Sub­stanz, die bei gerin­gen Dosen zu Ver­gif­tungs­er­schei­nun­gen füh­ren könnte.