Wie wichtig gute Vorbereitung ist, das haben Ulmer Rettungskräfte und Kliniken am Samstag, 20.10., in Ulm unter Beweis gestellt. Bei der gemeinsamen Großschadensübung zeigte sich, dass die vorab entwickelten Konzepte der Praxis standhalten und im Ernstfall funktionieren würden – ein mehr als zufriedenstellendes Ergebnis. Insgesamt waren mehr als 800 Personen der beteiligten Einrichtungen – inklusive rund 100 „Verletzten“ – im Einsatz.
Ein Rettungswagen nach dem anderen verlässt das Gelände der Robert-Bosch-Schule am Ulmer Kuhberg. Hier waren kurz nach 13:00 Uhr die Ulmer Polizei, Feuerwehr und die Rettungsdienste der Region angerückt, um eine Situation mit vielen Verletzten unter Kontrolle zu bringen. Doch auch wenn alles sehr spektakulär aussah: Bei den rund 100 „Verletzten“ handelte es sich um Statist*innen, die Teil der gemeinsamen Großschadensübung der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in Ulm waren. Bei dieser Übung wurde vor allem geprobt, was Rettungskräfte tun müssen, wenn sie selbst in Gefahr geraten. Denn in solchen Fällen müssen sie anders vorgehen als bei einem klassischen Schadensfall.
Die BOS in der Region haben das längst erkannt und gemeinsam Pläne erarbeitet. Mit der Übung konnten diese nun auf mögliche Probleme hin getestet werden – mit äußerst positivem Fazit.
„Hut ab vor den Kolleginnen und Kollegen. Sie haben die Aufgabe sehr motiviert und überlegt bewältigt“, sagt Kriminaldirektor Ralf Vetter, Übungsleiter der Polizei, und erläutert: „Für die 100 eingesetzten Polizeibeamten ist das eine sehr belastende Situation. Sie müssen sich nicht nur um die Sicherheit am Schadensort kümmern. Ihnen obliegt es auch, Verletzte aus dem Gefahrenbereich zu bringen und dem Rettungsdienst zu übergeben. Das zehrt an Nerven und Kräften.“
„Kritisch in solchen Situationen ist vor allem, dass die Verletzten schnell aus dem Gefahrenbereich in die Kliniken transportiert werden“, äußerte sich Einsatzleiter Rainer Benedens vom DRK-Rettungsdienst Heidenheim-Ulm. „Und das funktionierte reibungslos. Unsere 110 hauptamtlichen Kräfte von DRK und ASB wurden dabei von rund 150 ehrenamtlichen Helfern unterstützt.“ Insgesamt waren über 50 Fahrzeuge des Rettungsdienstes im Einsatz, inklusive aller vier Einsatzeinheiten der Stadt und des Alb-Donau-Kreises. Für diese Übung waren 20 Maskenbildner der Notfalldarstellung aus weiten Teilen Baden-Württembergs und Bayern angereist.
Dass die Koordination ohne größere Probleme geklappt hat, ist erfreulich für die Beteiligten. Doch auch das Auftreten von Unregelmäßigkeiten im Ablauf war von Anfang an einkalkuliert.
„Naturgemäß verläuft so ein Unterfangen niemals ohne Fehler“, erläutert Professor Dr. Udo X. Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Ulm. „Vielmehr ist genau das der Sinn und Zweck einer solchen Übung. Indem wir jetzt Schnittstellenprobleme erkennen, sind wir in der Lage, sie zu beheben, um für den Ernstfall ein verbessertes koordiniertes und systematisches Vorgehen erarbeiten zu können. Gemeinsam mit den beteiligten Institutionen gewährleisten wir so die Sicherheit und optimale Versorgung der Patienten sowie den Schutz der Kliniken und Einsatzkräfte.“ Professor Dr. Ernst Pfenninger, Leiter Stabsstelle Katastrophenschutz am Universitätsklinikum Ulm, fügt hinzu: „Die umfangreichen Vorbereitungen und aufwändigen internen Übungen, federführend koordiniert von den Stabsstellen Sicherheit und Katastrophenschutz, haben sich vollkommen bezahlt gemacht.“ Am Universitätsklinikum haben rund 150 Mitarbeiter*innen die „Verletzten“ versorgt.
„Hier wurde ein deutschlandweit einmaliges klinik- und organisationsübergreifendes Konzept mit vielen unterschiedlichen Schnittstellen in einem realitätsnahen Szenario erfolgreich beübt“, hebt außerdem Professor Dr. Matthias Helm hervor. Prof. Helm ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Das BWK hatte rund 250 Mitarbeiter*innen bei der Übung im Einsatz.
Die leichtverletzten Personen wurden ins RKU gebracht und dort behandelt. „Wir freuen uns, dass wir mit allen Kliniken an einem solchen Szenario gearbeitet haben“, resümiert Matthias Gruber, Geschäftsführer des RKU. Das RKU hatte zusätzlich 50 Beschäftigte alarmiert.
Bei der Übung hatten die beteiligten Partner erstmalig gemeinsam eine Vollübung durchgeführt. Es wurden also alle Schritte geübt, die auch im Ernstfall reibungslos funktionieren müssen – von der Alarmierung über die Koordination der Einsatz- und Rettungskräfte, die Verteilung der Verletzten auf unterschiedliche Kliniken bis zur dortigen Versorgung der Verletzten. Eine Übung dieser Art gab es in Baden-Württemberg bisher noch nicht.
Ebenfalls vor Ort waren circa 20 Einsatzkräfte der Psychosozialen Notfallversorgung, zu der der Notfallnachsorgedienst des Deutschen Roten Kreuzes und die Notfallseelsorge Ulm/Alb-Donau-Kreis gehören. Ihre Aufgabe während eines Einsatzes ist es, das medizinische Personal in den Kliniken zu entlasten, indem sie Leichtverletzte, Augenzeugen und Angehörige betreuen, also möglichst alle diejenigen versorgen, die keine notfallmedizinische Hilfe brauchen.
Die zahlreichen Erkenntnisse, die der Arbeiter-Samariter-Bund, das Deutsche Rote Kreuz, die Feuerwehr, Polizei und Notfallseelsorge bei der gemeinsamen Übung mit den Kliniken am Oberen Eselsberg – Bundeswehrkrankenhaus, Rehabilitations- und Universitätskliniken sowie Universitätsklinikum – gewonnen haben, müssen nun analysiert werden. Auch wenn die Beteiligten zufrieden mit dem Verlauf der Übung sind, so werden jetzt insbesondere die Aspekte interessant, mit denen sich das gemeinsame Vorgehen noch weiter verbessern lässt. Damit nicht nur die Sicherheit der Bevölkerung, sondern auch die der Rettungskräfte in gefährlichen Situationen noch gesteigert werden kann.
Alle an der Übung beteiligten Partner:
- Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Region Ulm + Region Alb Stauferland
- Bundeswehrkrankenhaus Ulm (BWK)
- DRK Kreisverband Ulm + DRK Rettungsdienst Heidenheim Ulm gGmbH
- DRK Notfallnachsorge Alb-Donau-Kreis
- Feuerwehr Ulm
- Notfallseelsorge Alb-Donau-Kreis
- Polizeipräsidium Ulm
- RKU - Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm
- Universitätsklinikum Ulm (UKU)