Wenn die Che­mo­the­ra­pie ans Herz geht

Am Herz­zen­trum des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Ulm wer­den Pati­ent*innen vor, wäh­rend und nach einer Tumor­er­kran­kung kar­dio­lo­gisch betreut

Am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ulm (UKU) bie­tet das Uni­ver­si­täre Herz­zen­trum Ulm Tumor­pa­ti­ent*innen bei einer poten­zi­ell kar­dio­to­xi­schen Che­mo­the­ra­pie eine wich­tige Anlauf­stelle: das Zen­trum für Onko­lo­gi­sche Kar­dio­lo­gie. Um mög­li­che herz­schä­di­gende Effekte sofort zu erken­nen und nach neu­es­ten wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen zu behan­deln, erhal­ten die Pati­ent*innen hier wäh­rend ihrer Tumor­the­ra­pie eine sorg­fäl­tige, kar­dio­lo­gi­sche Beglei­tung.

Moderne onko­lo­gi­sche The­ra­pie­ver­fah­ren kön­nen Tumo­ren in vie­len Fäl­len erfolg­reich bekämp­fen. Im Rah­men uner­wünsch­ter Neben­wir­kun­gen schä­di­gen sie jedoch nicht sel­ten den Herz­mus­kel (Kar­dio­to­xi­zi­tät) und kön­nen somit lang­fris­tig eine schwere Herz­schwä­che ver­ur­sa­chen. Dies gilt für Erwach­sene, aber ins­be­son­dere auch für Kin­der mit bös­ar­ti­gen Erkran­kun­gen. Um früh­zei­tig herz­schä­di­gende Aus­wir­kun­gen der Tumor­the­ra­pie zu erken­nen und unter Umstän­den durch vor­beu­gende The­ra­pien zu ver­hin­dern, bedarf es vor, wäh­rend und nach der Tumor­the­ra­pie einer genauen Über­wa­chung und Betreu­ung durch spe­zia­li­sierte Kar­dio­log*innen.
Durch die enge Zusam­men­ar­beit mit den onko­lo­gi­schen Fach­be­rei­chen des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Ulm sowie den umlie­gen­den Kli­ni­ken und onko­lo­gi­schen Ein­rich­tun­gen, trägt das Herz­zen­trum Ulm dazu bei, indi­vi­du­elle und herz­scho­nende Behand­lungs­kon­zepte zu defi­nie­ren und somit zu einem best­mög­li­chen Behand­lungs­er­geb­nis zu kom­men. Neben der kli­ni­schen Ver­sor­gung kardio-​onkologischer Pati­ent*innen liegt ein wei­te­rer Schwer­punkt des Zen­trums in der Erar­bei­tung fun­dier­ter klinisch-​wissenschaftlicher und grund­la­gen­wis­sen­schaft­li­cher Erkennt­nisse auf dem Gebiet der onko­lo­gi­schen Kar­dio­lo­gie.
So konnte zum Bei­spiel in einer aktu­el­len Stu­die unter der Lei­tung von Prof. Dr. Domi­nik Buckert, Stell­ver­tre­ten­der Ärzt­li­cher Direk­tor der Kli­nik für Innere Medi­zin II am UKU, in Zusam­men­ar­beit mit der Kli­nik für Frau­en­heil­kunde und Geburts­hilfe herz­schä­di­gende Effekte der Tumor­the­ra­pie bei Pati­en­tin­nen mit Brust­krebs unter­sucht wer­den. Die Ergeb­nisse der Stu­die wur­den im Inter­na­tio­nal Jour­nal of Car­dio­va­s­cu­lar Ima­ging ver­öf­fent­licht: Mit Hilfe fort­ge­schrit­te­ner Ver­fah­ren zur Gewe­be­cha­rak­te­ri­sie­rung in der Kardio-​MRT-Bildgebung konnte bei den Stu­di­en­teil­neh­me­rin­nen gezeigt wer­den, dass es in Abhän­gig­keit von den ein­ge­setz­ten onko­lo­gi­schen The­ra­pien zur Aus­bil­dung eines Myo­kard­scha­dens kommt, der in der klas­si­schen kar­dio­lo­gi­schen Dia­gnos­tik ver­bor­gen geblie­ben wäre.

„Die Ergeb­nisse ver­deut­li­chen die Not­wen­dig­keit, Krebs­pa­ti­en­ten und -​patientinnen auch aus kar­dio­lo­gi­scher Sicht zu betrach­ten – nur so kön­nen mög­li­cher­weise pro­gno­se­re­le­vante Fol­ge­schä­den früh­zei­tig erkannt wer­den“, so Dr. Johan­nes Kers­ten, Arzt in der kar­dio­lo­gi­schen Gemein­schafts­pra­xis Herz­plus und Erst­au­tor der Stu­die, die wäh­rend sei­ner Fach­arzt­wei­ter­bil­dung zum Kar­dio­lo­gen in der Kli­nik für Innere Medi­zin II ent­stand. Prof. Dr. Domi­nik Buckert, Ver­ant­wort­li­cher für den Bereich Onko­lo­gi­sche Kar­dio­lo­gie und Letz­t­au­tor, ergänzt: „Dar­über hin­aus sehen wir darin das Poten­zial, Risi­ko­pa­ti­en­ten und -​patientinnen früh­zei­tig mit einer moder­nen Herz­in­suf­fi­zi­enz­the­ra­pie zu beglei­ten, um schä­di­gende Effekte abzu­mil­dern oder sogar zu ver­hin­dern. Sicher ist, dass die­ser Bereich in den nächs­ten Jah­ren deut­lich an Bedeu­tung gewin­nen wird.“ Beson­de­res Augen­merk liegt dabei auch auf der Betreu­ung von Kin­dern mit bös­ar­ti­gen Erkran­kun­gen. Trotz fort­schritt­li­cher The­ra­pie­mög­lich­kei­ten und teil­wei­ser sehr guter Hei­lungs­chan­cen der Krebs­er­kran­kung, kön­nen ein­zelne Pati­ent*innen im wei­te­ren Ver­lauf auch im fort­ge­schrit­te­nen (Erwachsenen-​) Alter noch eine durch die Krebs­the­ra­pie erlit­tene Herz­schä­di­gung auf­wei­sen. Dazu zählt z.B. die Ent­wick­lung einer Herz­in­suf­fi­zi­enz. Aber auch das Risiko für eine koro­nare Herz­er­kran­kung, also ver­kalkte Herz­kranz­ge­fäße, oder einen Schlag­an­fall ist bei Über­le­ben­den einer Krebs­er­kran­kung im Kin­des­al­ter etwa um das 10-​fache erhöht. Umso wich­ti­ger wird die lebens­lange struk­tu­rierte Nach­sorge die­ser Pati­ent*innen und eine geord­nete Tran­si­tion von der kin­der­kar­dio­lo­gi­schen zur erwach­se­nen­kar­dio­lo­gi­schen Nach­sorge. Aktu­ell übli­che Nach­sor­ge­in­ter­valle enden in der Regel nach 10 Jah­ren.

„Um dem ent­ge­gen­zu­wir­ken und die Ver­sor­gung der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten nach­hal­tig zu ver­bes­sern, haben wir auf die­ses alar­mie­rende Pro­blem auch in einem Kon­sen­sus­pa­pier der deut­schen Fach­ge­sell­schaf­ten für Kar­dio­lo­gie, Päd­ia­tri­sche Kar­dio­lo­gie sowie Päd­ia­tri­sche Häma­to­lo­gie und Onko­lo­gie hin­ge­wie­sen“, so Prof. Dr. Chris­tian Apitz, Lei­ter der Sek­tion Päd­ia­tri­sche Kar­dio­lo­gie am UKU. Die Koope­ra­tion unter dem Dach des Uni­ver­si­tä­ren Herz­zen­trums ist dabei ein wich­ti­ger Mei­len­stein und ermög­licht nun die Mög­lich­keit, die kar­dio­lo­gi­sche Nach­sorge und Betreu­ung von Kin­dern und Jugend­li­chen struk­tu­riert und wis­sen­schaft­lich beglei­tet zu gewähr­leis­ten.

Prof. Dr. Domi­nik Buckert, Stell­ver­tre­ten­der Ärzt­li­cher Direk­tor der Kli­nik für Innere Medi­zin II am UKU