In der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Ulm werden seit April 2019 Patient*innen mit Hirnmetastasen mit einer hochpräzisen radiochirurgischen Technik bestrahlt. Die Vorteile für die Patienten: Die Behandlung ist erheblich schneller und kann auch bei mehreren Tumor-Herden, statt wie bisher bei einzelnen Absiedlungen, eingesetzt werden. Zudem ist die Methode genauso effektiv und präzise wie bisherige Verfahren. Die ersten zehn Patient*innen wurden bereits mit der neuen Technologie bestrahlt.
Viele Patient*innen mit bösartigen Erkrankungen erhalten im Lauf ihrer Erkrankung die Diagnose einer Hirnmetastasierung, also von Tumorabsiedlungen im Gehirn. Dies ist immer mit einer schlechten Prognose verbunden. Während früher meistens eine zweiwöchige Strahlentherapie des gesamten Gehirns erforderlich war, wird heute zunehmend eine Bestrahlung der einzelnen Metastasen mit hohen Dosen an wenigen Behandlungstagen durchgeführt. Die neue Behandlungstechnik heißt „HyperArc“. Das Universitätsklinikum Ulm ist im deutschsprachigen Raum die zweite Klinik, die diese Präzisionstechnologie anbietet. Der HyperArc ist in den neuen, gerade in Betrieb genommenen Linearbeschleuniger der Klinik für Strahlentherapie am Universitätsklinikum Ulm integriert.
Professor Dr. Thomas Wiegel, Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, erläutert die Vorteile dieser neuen Technologie: „Im Gegensatz zu bisherigen Systemen, bei denen Patient*innen etwa eine Stunde auf der Bestrahlungsliege verbringen mussten, wird durch eine vollautomatisierte Abfolge der einzelnen Bestrahlungsschritte eine deutliche Verkürzung der Behandlungszeit erreicht.“
So könnten innerhalb von Minuten einzelne, aber auch mehrere Hirnmetastasen mit hohen Dosen effektiv behandelt werden. „Gegenüber herkömmlichen Systemen kann aufgrund des sehr steilen Dosisabfalls das gesunde Gewebe in der Umgebung der Metastasen besser geschont werden“, führt Professor Wiegel aus.
Die Patientenlagerung und die Strahlapplikation würden dabei kontinuierlich durch eine aufeinander abgestimmte Kombination von Kontroll- und Sicherheitssystemen überprüft. Bisher musste vor einer hochpräzisen Strahlentherapie der Kopf des Patienten in einer Maske vollständig fixiert werden, damit dieser während der Behandlung nicht bewegt werden konnte. Das neue System verwendet ein thermoplastisches Maskenmaterial mit einer Aussparung im Augen- und Nasenbereich, ist also für die Patient*innen wesentlich komfortabler. „Ein Oberflächenabtastungssystem hilft, die Patientenlagerung millimetergenau zu überprüfen“, schildert Professor Wiegel. Diese Methode könne bei Hirnmetastasen, aber auch bei gutartigen Tumoren des Gehirns eingesetzt werden. „Das Ziel ist, modernste Technik zu nutzen, um bei gleicher Effektivität der Behandlung Nebenwirkungsrisiken zu reduzieren, aber gerade auch die Lebensqualität der Betroffenen durch eine deutlich verkürzte Behandlungszeit zu verbessern und damit weit verbreitete Ängste vor diesen Therapieformen abzubauen“, sagt Professor Wiegel. 50 bis 70 Patienten werden jährlich im Universitätsklinikum Ulm mit der neuen Technologie bestrahlt werden.
Hintergrund:
In Deutschland erkranken jährlich etwa 8.000 Menschen neu an unterschiedlichen Gehirntumoren. Trotz gründlicher Forschungen konnten bisher keine eindeutigen auslösenden Faktoren für die Entstehung von Gehirntumoren gefunden werden. Erste Symptome eines Gehirntumors sind meist unspezifisch, wie Müdigkeit und Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Bei etwa der Hälfte aller Patient*innen tritt zuerst Kopfschmerz, besonders nachts und früh morgens, auf. Die Kopfschmerzen können zusätzlich von Übelkeit und Erbrechen begleitet sein. Weitere Anzeichen für einen Gehirntumor können Lähmungserscheinungen, Sehstörungen, Gefühlsstörungen, sowie Sprach- und Sprechstörungen, Koordinationsstörungen und Beeinträchtigungen des Reaktionsvermögens sein. Ein zum ersten Mal auftretender epileptischer Anfall kann ein Hinweis auf eine mögliche Tumorerkrankung des Gehirns sein. Auch Persönlichkeitsveränderungen können Auswirkungen eines Gehirntumors sein. Die Computertomographie (CT) und die Kernspintomographie (MRT) können genauere Aussagen geben.
Die Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum Ulm ist die größte strahlentherapeutische Einrichtung der Großregion Ulm. Sie ist in das von der Deutschen Krebshilfe aufwändig geförderte universitäre Spitzenzentrum Comprehensive Cancer Center Ulm eingebunden. Pro Jahr werden in der Klinik etwa 1.500 Patientinnen und Patienten behandelt.
Kontakt:
Universitätsklinikum Ulm
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie
Ärztlicher Direktor
Prof. Dr. med. Thomas Wiegel
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm
Tel: +49 (0)731/500-56101
Fax: +49 (0)731/500-56110
E-Mail: thomas.wiegel@uniklinik-ulm.de