Kräftige Farben statt kontrastlosem Grau

Als Berit Vogel in die Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Ulm kommt, ahnt sie nicht, dass sie an einer Erkrankung der Augenhornhaut leidet. Schnell ist klar: eine Hornhauttransplantation ist die einzige Möglichkeit – sonst droht eine Erblindung. Heute kann die 54-Jährige wieder normal sehen und spricht im Interview über ihre Geschichte.

Frau Vogel, warum war eine Hornhauttransplantation bei Ihnen erforderlich?
Vor fünf Jahren bin ich zum ersten Mal zu einem Augenarzt gegangen und bekam die Diagnose Grauer Star. Damals dachte ich noch, dass ich doch gar nicht so alt bin. Ich habe mich dann an einem Auge operieren lassen und habe anschließend schlechter gesehen als vor der OP. Als ich ein paar Tage lang auf diesem Auge überhaupt nichts sehen konnte, bekam ich eine Überweisung in die Augenklinik der Uniklinik Ulm. Hier habe ich die Diagnose Fuchs‘sche Hornhaut Endotheldystrophie bekommen. Als man mir sagte, dass die einzige Möglichkeit eine Hornhauttransplantation sei, war das natürlich erstmal ein Schock. Mir wurde aber damals direkt erläutert, dass ich selbst entscheiden kann wann die OP durchgeführt wird. Ich habe ein halbes Jahr gebraucht bis ich mich wieder damit beschäftigen konnte. Dann habe ich im Internet recherchiert was auf mich zukommen kann. Mir wurde klar, dass ich die Operation machen lassen muss.

Wie war Ihr Sehvermögen zu diesem Zeitpunkt?
Das Ganze war ein schleichender Prozess. Zu Beginn war es als würde man ins Licht schauen und man sieht dann glitzernde Streifen und Regenbogenfarben. Dann werden die Farben blasser, die Kontraste verschwinden und es ist als würde man durch eine dreckige Fensterscheibe schauen. Das zieht sich über Jahre hin und passiert nicht von heute auf morgen.

Hat Sie das im Alltag eingeschränkt?
Ja, ich bin irgendwann nicht mehr Auto gefahren. Zudem arbeite ich viel am Computer und mit der Zeit kann man zum Beispiel die Zahlen nicht mehr unterscheiden. Das hat mich wirklich eingeschränkt. Für mich war das Gefühl, durch eine dreckige Fensterscheibe zu schauen, schlimm. Anfangs war es noch erträglich, aber ein halbes Jahr vor der OP wurde es so rapide schlechter, sodass ich fast nur noch grau gesehen habe.

Dann sind Sie wieder nach Ulm in die Augenklinik gekommen?
Ja, das war vier Jahre nach meinem ersten Termin hier. Und ich war überrascht, denn in dieser Zeit hat sich einiges getan. Die Operationsmethode ist eine völlig andere und man muss keine starken Abstoßungsmedikamente wie bei Organspenden nehmen. So waren meine Ängste vor einer Abstoßung und der Operation praktisch weg. Deshalb war mir schnell klar, dass ich die Transplantation machen lasse. Was mir dann doch zu schaffen machte und worüber ich eine Weile nachdenken musste war, dass ich die Augenhornhaut von einem verstorbenen Menschen bekomme.

Wie verlief die Operation?
Die OP war unter Vollnarkose und verlief sehr gut. Da habe ich mir auch keine Gedanken gemacht, weil ich das Gefühl hatte, die wissen hier was sie machen. Und man sieht auch nichts. Viele schauen mich an und sagen, da sieht man ja gar nichts, aber das ist ja Feinmechanik hier an der Augenklinik.

Wie ging es Ihnen nach der OP?
Das war nichts Dramatisches, der Augenverband wurde mir schon am nächsten Tag abgenommen. Aber eine Herausforderung war, dass ich drei Tage lang durchgehend auf dem Rücken liegen musste. Das ist erforderlich, weil unter dem Hornhauttransplantat eine Luftblase liegt und die muss langsam entweichen, sodass sich das Transplantat anlegt.

Was hat sich nach der Transplantation für Sie geändert?
Den Unterschied habe ich direkt bemerkt als die Luftblase entwichen ist. Und ich glaube das kann niemand nachvollziehen, der das nicht erlebt hat. Die Farben waren sehr kräftig und als ich nach der zweiten OP zu Hause war, habe ich als erstes den Film Avatar geschaut. Mein Mann hat vor der OP einen neuen Fernseher gekauft und die Farben und der Kontrast – das war unglaublich, das muss ich so sagen. Ich bin auch sehr dankbar, dass es Spender gibt, die bereit sind, ihre Augenhornhaut zu spenden. Sie ermöglichen mir, wieder zu sehen. Da kann ich nur dankbar sein, auch danke ich dem Team hier.

Bei der Hornhauttransplantation handelt es sich um eine Gewebe- und nicht um eine Organtransplantation. Hat sich Ihre Einstellung zur Organspende durch Ihre eigene Erfahrung mit der Thematik geändert?
Ja, das hat mich schon beeinflusst. Ich arbeite bei einer Krankenkasse und war schon immer mit dem Thema konfrontiert, aber ernsthafte Gedanken habe ich mir nie gemacht. Aber jetzt habe ich einen Organspendeausweis. Und ich finde es auch wichtig, dass sich jeder selbst Gedanken darüber macht. Und auch in meinem privaten Umfeld gibt es den einen oder anderen der sagt, ich denke jetzt mehr über das Thema nach.  

Wie gehen Sie mit Ihrer Krankengeschichte um?
Ich bin sehr offen und erzähle den Leuten meine Geschichte, vor allem um anderen Patienten zu helfen. Mein Optiker hat einen Kunden, der ebenfalls eine Hornhauttransplantation braucht. Er hat ihm dann von meinen Erfahrungen berichtet. Ich glaube es hilft, wenn man jemanden persönlich kennt, der so etwas auch erlebt hat.

 

Quelle: Universitätsklinikum Ulm/ Matthias Schmiedel

Dank der Hornhauttransplantation kann Berit Vogel heute wieder sehr gut sehen.