Die Krank­heits­ent­ste­hung in der Bauch­spei­chel­drüse von Men­schen mit Muko­vis­zi­dose bes­ser ver­ste­hen

Neben der Lunge ist bei den meis­ten Mukoviszidose-​Patienten auch die Bauch­spei­chel­drüse (Pan­kreas) von der Erkran­kung betrof­fen – viele von ihnen haben Ver­dau­ungs­pro­bleme und einen CF-​assoziierten Dia­be­tes. Wie genau diese Mukoviszidose-​typische Pankreas-​Symptomatik ent­steht und wel­che Rolle das CFTR-​Protein dabei spielt, ist noch nicht bekannt. Mit Hilfe eines Pankreas-​Organoid-Modells erforscht die Arbeits­gruppe um Jun.-Prof. Dr. rer. nat. Mar­kus Breu­nig (Insti­tut für Mole­ku­lare Onko­lo­gie und Stamm­zell­bio­lo­gie (IMOS), Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ulm) nun die mole­ku­la­ren Mecha­nis­men der Krank­heits­ent­ste­hung. Der Bun­des­ver­band Muko­vis­zi­dose e.V. för­dert das Pro­jekt mit 149.495 Euro. (Muko­vis­zi­dose: Cys­ti­sche Fibrose, CF)

Die Mehr­heit der CF-​Patienten lei­det an Pan­kre­as­insuf­fi­zi­enz und Dia­be­tes
Rund 80% der Men­schen mit Muko­vis­zi­dose haben eine redu­zierte Funk­ti­ons­tüch­tig­keit der Bauch­spei­chel­drüse (Pan­kre­as­insuf­fi­zi­enz) und dadurch zu wenig oder keine Ver­dau­ungs­en­zyme. Fol­gen sind gastro­in­te­sti­nale Pro­bleme wie Bauch­schmer­zen, Durch­fälle, Gewichts­ver­lust und Nähr­stoff­man­gel. Die Pan­kre­as­insuf­fi­zi­enz erfor­dert eine lebens­lange Ein­nahme von Enzym­prä­pa­ra­ten zu den Mahl­zei­ten. Neben die­ser exo­kri­nen Fehl­funk­tion der Bauch­spei­chel­drüse ent­wi­ckeln rund die Hälfte aller Mukoviszidose-​Betroffenen mit stei­gen­dem Lebens­al­ter auch einen CF-​assoziierten Dia­be­tes mel­li­tus (engl.: Cystic fibro­sis rela­ted dia­be­tes – CFRD), der meist mit Insu­lin­ga­ben behan­delt wer­den muss. Um neue, Mukoviszidose-​spezifische The­ra­pie­an­sätze für diese Sym­ptome ent­wi­ckeln zu kön­nen, braucht es ein bes­se­res Ver­ständ­nis der Krank­heits­ent­ste­hung und auch der Rolle des CFTR-​Proteins in den ver­schie­de­nen Zel­len des Pan­kreas.

Organoid-​Modell: die Rolle von CFTR in der Ent­wick­lung von Pan­kre­as­zel­len ver­ste­hen
Die Arbeits­gruppe um Mar­kus Breu­nig hat unter Ver­wen­dung von huma­nen plu­ri­po­ten­ten Stamm­zel­len ein Pankreas-​Organoid-Modell im Labor eta­bliert, mit wel­chem die zeit­li­che und zel­lu­läre Abfolge der Ent­ste­hung von Muko­vis­zi­dose in der Bauch­spei­chel­drüse unter­sucht wer­den kann. Die Wis­sen­schaft­ler ver­fol­gen die Hypo­these, dass frühe Ver­än­de­run­gen in der embryo­na­len Ent­wick­lung maß­geb­li­chen Anteil an einer spä­te­ren Sym­pto­ma­tik (Ver­dau­ungs­pro­bleme, Dia­be­tes) haben.
Bereits bekannt ist, wel­che Zel­len im Pan­kreas den CFTR-​Kanal bil­den, aller­dings wurde der genaue Pro­zess der CFTR-​Bildung in die­sem Organ bis­her nur unvoll­stän­dig am Men­schen erforscht. Um ein bes­se­res Ver­ständ­nis der mole­ku­la­ren Mecha­nis­men die­ses Pro­zes­ses zu bekom­men, bil­den die Wis­sen­schaft­ler zunächst im Organoid-​Modell die wich­tigs­ten Zell­ty­pen der Bauch­spei­chel­drüse aus­ge­hend von huma­nen plu­ri­po­ten­ten Stamm­zel­len aus und unter­su­chen, wo und wann diese CFTR pro­du­zie­ren. Die Zel­len wer­den anschlie­ßend in exo­krine Zel­len (pro­du­zie­ren Ver­dau­ungs­en­zyme) und endo­krine Zel­len (pro­du­zie­ren Blutzucker-​regulierende Hor­mone wie Insu­lin und Glu­ca­gon) dif­fe­ren­ziert und mit „gesun­den Kon­troll­zel­len“ ver­gli­chen.

Kön­nen Modu­la­to­ren CF-​typische Ver­än­de­run­gen der Pan­kre­as­zel­len ver­hin­dern?
Die sys­te­ma­ti­sche Ana­lyse der ver­schie­de­nen Zell­ty­pen im Organoid-​Modell soll zei­gen, wel­che Rolle das CFTR-​Protein in den ver­schie­de­nen Zel­len des Pan­kreas für die Zell­ent­wick­lung und Zell­funk­tio­na­li­tät spielt. Um die Mög­lich­kei­ten einer frü­hen the­ra­peu­ti­schen Behand­lung zu unter­su­chen, sind dar­über hin­aus Expe­ri­mente geplant, in denen Ent­wick­lung und Funk­tio­na­li­tät der Zel­len in unter­schied­li­chen Sta­dien mit und ohne CFTR-​Modulator ver­gli­chen wer­den. So kann her­aus­ge­fun­den wer­den, ob eine früh­zei­tige Ver­ab­rei­chung von Modu­la­to­ren CF-​typische Ver­än­de­run­gen der Pan­kre­as­zel­len ver­hin­dern kann.
Ergänzt wer­den die Arbei­ten der For­schungs­gruppe um Mar­kus Breu­nig durch eine Pro­jekt­ko­ope­ra­tion mit der Arbeits­gruppe um Prof. Dr. Rebecca Hull-​Meichle (Uni­ver­sity of Alberta, Canada), einer füh­ren­den Exper­tin auf dem Gebiet des CF-​assoziierten Dia­be­tes.

Die For­schungs­för­de­rung des Bun­des­ver­bands Muko­vis­zi­dose e.V.
Im Rah­men sei­ner For­schungs­för­de­rung unter­stützt der Bun­des­ver­band Muko­vis­zi­dose e.V. ein brei­tes Spek­trum an Pro­jek­ten von der medi­zi­ni­schen Grund­la­gen­for­schung bis hin zu kli­ni­schen Stu­dien, um The­ra­pie­op­tio­nen und Lebens­qua­li­tät für Betrof­fene zu ver­bes­sern.

Wei­tere Infor­ma­tio­nen zur For­schungs­för­de­rung des Bun­des­ver­bands: https://www.muko.info/ange­bote/for­schungs­fo­er­de­rung/

Hintergrund-​Informationen

Über Muko­vis­zi­dose
In Deutsch­land sind mehr als 8.000 Kin­der, Jugend­li­che und Erwach­sene von der unheil­ba­ren Erb­krank­heit Muko­vis­zi­dose betrof­fen. Durch eine Stö­rung des Salz- und Was­ser­haus­halts im Kör­per bil­det sich bei Mukoviszidose-​Betroffenen ein zäh­flüs­si­ges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauch­spei­chel­drüse irrepa­ra­bel schä­digt. Jedes Jahr wer­den in Deutsch­land etwa 150 bis 200 Kin­der mit der sel­te­nen Krank­heit gebo­ren.

Über den Bun­des­ver­band Muko­vis­zi­dose e.V.
Der Bun­des­ver­band Muko­vis­zi­dose e.V. ver­netzt die Pati­en­ten, ihre Ange­hö­ri­gen, Ärzte, The­ra­peu­ten und For­scher. Er bün­delt unter­schied­li­che Erfah­run­gen, Kom­pe­ten­zen sowie Per­spek­ti­ven mit dem Ziel, jedem Betrof­fe­nen ein mög­lichst selbst­be­stimm­tes Leben mit Muko­vis­zi­dose zu ermög­li­chen. Um die viel­fäl­ti­gen Auf­ga­ben und Ziele zu errei­chen, ist die gemein­nüt­zige Pati­en­ten­or­ga­ni­sa­tion auf die Unter­stüt­zung enga­gier­ter Spen­der und För­de­rer ange­wie­sen.

Pres­se­kon­takt
Bun­des­ver­band Muko­vis­zi­dose e.V.
Carola Wetz­stein
Tele­fon: +49 (0)228 9 87 80-22
Mobil: +49 (0)171 9582 382
E-​Mail: CWetz­stein@muko.info

Jun.-Prof. Dr. rer. nat. Mar­kus Breu­nig forscht zur Krank­heits­ent­ste­hung in der Bauch­spei­chel­drüse von Men­schen mit Muko­vis­zi­dose. Foto: Muko­vis­zi­dose e.V.