Aus­ge­zeich­nete For­schung der Uni­ver­si­täts­me­di­zin Ulm

Junior Pro­fes­sor Kon­stan­tin Spar­rer erhält renom­mier­ten Loeffler-​Frosch-Preis der Gesell­schaft für Viro­lo­gie

Der Ulmer Viro­loge Jun. Prof. Kon­stan­tin Spar­rer, Junior Group Lea­der am Insti­tut für Mole­ku­lare Viro­lo­gie am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ulm (UKU), erhielt am 26. März 2024 im Rah­men der Früh­jahrs­ta­gung der Gesell­schaft für Viro­lo­gie in Wien den Loeffler-​Frosch Preis. Der Preis zählt zu den wich­tigs­ten Aus­zeich­nun­gen für Viro­log*innen im deutsch-​österreichischen Raum und wird jähr­lich für her­aus­ra­gende wis­sen­schaft­li­che Leis­tun­gen ver­lie­hen. Prof. Spar­rers Exper­tise ist die Erfor­schung der ange­bo­re­nen Immun­ab­wehr, das erste Ver­tei­di­gungs­sys­tem des Kör­pers gegen Krank­heits­er­re­ger. Erkennt­nisse die­ser For­schung möchte er schluss­end­lich nut­zen, um diese natür­li­chen Abwehr­me­cha­nis­men gegen Viren aber auch andere Krank­hei­ten zu unter­stütz­ten.

Das ange­bo­rene Immun­sys­tem schützt den Kör­per vor Krank­hei­ten, indem es schäd­li­che Ein­dring­linge wie Viren erkennt und bekämpft. Lei­der hat die­ses Sys­tem auch eine Schat­ten­seite. Wenn es bei­spiels­weise nach vira­ler Infek­tion oder bei soge­nann­ten Auto­im­mun­erkran­kun­gen nicht ord­nungs­ge­mäß abge­schal­tet wird, kommt es zur chro­ni­schen Ent­zün­dung (Inflam­ma­tion). Kon­stan­tin Spar­rer möchte mit sei­ner For­schung ver­ste­hen, wie diese „Feh­ler“ im Immun­sys­tem pas­sie­ren, wel­che Erkennt­nisse über das Immun­sys­tem dar­aus gezo­gen wer­den kön­nen und wie dort the­ra­peu­tisch ein­ge­grif­fen wer­den könnte. Für seine viel­sei­ti­gen und hoch­re­le­van­ten For­schun­gen wurde der 39-​Jährige nun als viel­ver­spre­chen­der Nach­wuchs­vi­ro­loge mit dem Loeffler-​Frosch Preis aus­ge­zeich­net. „Die Aner­ken­nung durch den Loeffler-​Frosch-Preis und damit die Wert­schät­zung mei­ner For­schungs­ar­beit bedeu­ten mir sehr viel. Ganz herz­lich möchte ich mich vor allem bei mei­nem Team und mei­nen Men­to­ren bedan­ken, die zum Erfolg mei­ner For­schung maß­geb­lich bei­getra­gen haben“, betont Spar­rer.

In zwei sei­ner aktu­el­len Arbei­ten hat der gebo­rene Münch­ner grund­le­gende neue Kon­zepte ent­wi­ckelt, die erklä­ren, wie das ange­bo­rene Immun­sys­tem zwi­schen „Freund“ und „Feind“ unter­schei­det. Dies ist von ent­schei­den­der Bedeu­tung, damit das Immun­sys­tem Krank­heits­er­re­ger eli­mi­nie­ren kann, ohne Auto­im­mun­krank­hei­ten zu ver­ur­sa­chen. Bei­spiels­weise konnte das Team um Dr. Spar­rer zei­gen, dass der Kör­per nicht nur virale Bestand­teile erkennt, son­dern auch merkt, ob die Erre­ger noch aktiv, oder bereits „tot“ sind. Immun­re­ak­tio­nen wer­den so nur bei akti­ven Erre­gern aus­ge­löst. Die mole­ku­lar­bio­lo­gi­schen Unter­su­chun­gen fan­den her­aus, dass ein Pro­tein namens R12C dafür ver­ant­wort­lich ist, Stö­run­gen in der Struk­tur der Zelle, im Zyto­ske­lett durch aktive Erre­ger zu detek­tie­ren. In einer wei­te­ren Arbeit zeigte Kon­stan­tin Spar­rer gemein­sam mit sei­nem Team, dass das Trans­port­pro­tein ARF1 dabei hilft, Immun­re­ak­tio­nen recht­zei­tig zu been­den. „Dies erklärt, warum Men­schen mit Funk­ti­ons­stö­run­gen in ARF1 eine dau­er­hafte, krank­hafte Akti­vie­rung ihres Immun­sys­tems zei­gen“, sagt Spar­rer. „Unsere mole­ku­lar­bio­lo­gi­schen Unter­su­chun­gen haben direk­ten Ein­fluss auf die The­ra­pie betrof­fe­ner Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, die nun mit anti-​inflammatorischen Medi­ka­men­ten behan­delt wer­den kön­nen.“

Dar­über hin­aus war Jun. Prof. Kon­stan­tin Spar­rer in den letz­ten Jah­ren an meh­re­ren Publi­ka­tio­nen zu SARS-​CoV-2 feder­füh­rend. Diese geben rele­vante Ein­bli­cke, wie SARS-​CoV-2 das ange­bo­rene Immun­sys­tem mani­pu­liert und hel­fen zu ver­ste­hen, warum das Virus sich so rasch ver­brei­ten konnte. Die Erkennt­nisse ermög­li­chen, das pan­de­mi­sche Poten­tial neu­ar­ti­ger Viren bes­ser ein­zu­schät­zen und effek­tive anti­vi­rale Stra­te­gien basie­rend auf geziel­ter Immun­ak­ti­vie­rung zu ent­wi­ckeln.  

Mit der Wech­sel­wir­kung von Viren und Immun­sys­tem befasst sich der Ulmer For­scher schon seit gerau­mer Zeit. Nach sei­nem Stu­dium der Che­mie und Bio­che­mie an der LMU Mün­chen, wo er über Tollwut-​ und Masern­vi­ren bei Prof. Karl-​Klaus Con­zel­mann pro­mo­vierte, führte seine wis­sen­schaft­li­che Lauf­bahn ihn als Post­dok­to­ran­den an die Har­vard Medi­cal School und spä­ter an die Uni­ver­sity of Chi­cago, wo er im Labor von Prof. Michaela Gack Auto­pha­gie als Teil der Immun­ab­wehr gegen Viren unter­suchte. 2018 kam der junge Viro­loge mit einem Marie-​​Skłodowska-Curie-Stipendium als Junior­grup­pen­lei­ter and das Insti­tut für Mole­ku­lare Viro­lo­gie (Direk­to­ren: Prof. Frank Kirch­hoff, Prof. Jan Münch) nach Ulm. Seit 2020 lei­tet er eine vom Bun­des­mi­nis­te­rium für Bil­dung und For­schung (BMBF) mit rund 1,8 Mil­lio­nen Euro geför­derte Nach­wuchs­gruppe zur Infek­ti­ons­for­schung. Die BMBF-​​Nachwuchsgruppe ist ein beson­de­res Förd­erfor­mat des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Bil­dung und For­schung. Geför­dert wer­den damit exzel­lente For­scher*innen und Ärzt*innen, die in einem bestimm­ten For­schungs­be­reich eine Nach­wuchs­gruppe auf­bauen möch­ten.

„Wir sind stolz dar­auf, Kon­stan­tin Spar­rer nach sei­nem For­schungs­auf­ent­halt in den USA an der Har­vard Medi­cal School und an der Uni­ver­sity of Chi­cago für eine For­schungs­kar­riere in Deutsch­land gewon­nen zu haben. Dass er nun mit dem Loeffler-​Frosch-Preis aus­ge­zeich­net wurde, freut uns sehr und wir gra­tu­lie­ren ihm recht herz­lich“, sagen Prof. Dr. Frank Kirch­hoff und Prof. Dr. Jan Münch, die gemein­sam das Insti­tut für Mole­ku­lare Viro­lo­gie am UKU lei­ten.

Publi­ka­ti­ons­hin­weise:

  • Hir­schen­ber­ger M, Lepel­ley A, Rupp U, Klute S, Hunszin­ger V, Koepke L, Merold V, Didry-​Barca B, Wond­any F, Berg­ner T, Moreau T, Rodero MP, Rös­ler R, Wiese S, Volpi S, Gat­torno M, Papa R, Lynch SA, Haug MG, Houge G, Wigby KM, Sprague J, Len­berg J, Read C, Walt­her P, Michae­lis J, Kirch­hoff F, de Oli­veira Mann CC, Crow YJ, Spar­rer KMJ. ARF1 pre­vents aberrant type I inter­fe­ron induc­tion by regu­la­ting STING acti­va­tion and recy­cling. Nat Com­mun. 2023 Nov 1;14(1):6770.
    doi: 10.1038/s41467-023-42150-4. PMID: 37914730; PMCID: PMC10620153.
    https://doi.org/10.1038/s41467-023-42150-4
  • Ach­a­rya D, Reis R, Volcic M, Liu G, Wang MK, Chia BS, Nchioua R, Groß R, Münch J, Kirch­hoff F, Spar­rer KMJ, Gack MU. Actin cyto­ske­le­ton remo­de­ling pri­mes RIG-​I-like recep­tor acti­va­tion. Cell. 2022 Sep 15;185(19):3588-3602.e21.
    doi: 10.1016/j.cell.2022.08.011. PMID: 36113429; PMCID: PMC9680832.
    https://doi.org/10.1016/j.cell.2022.08.011

Im Rah­men der Früh­jahrs­ta­gung der Gesell­schaft für Viro­lo­gie erhielt Jun. Prof. Kon­stan­tin Spar­rer am 26. März 2024 in Wien den Loeffler-​Frosch Preis. Foto­graf: Prof. Vol­ker Loh­mann/Uni­ver­si­tät Hei­del­berg